09/03/2022

MINUS – Verspannter Himmel über Graz

Die öffentliche Beleuchtung in der Kulturhauptstadt Graz zeugt nicht von Baukultur. Der Himmel über der Stadt ist voller Seile, auf denen Leuchten hängen, oftmals auch unterschiedliche. Auch in der historischen Altstadt ist das bis auf wenige Ausnahmen so.

09/03/2022

Weltkulturerbekorridor Eggenberger Strasse

©: Elisabeth Kabelis-Lechner

Weltkulturerbekorridor Annenstrasse

©: Elisabeth Kabelis-Lechner

extra Masten in der Karlauerstrasse

©: Elisabeth Kabelis-Lechner

Herrengasse

©: Elisabeth Kabelis-Lechner

Murgasse, verhängter Blick

©: Elisabeth Kabelis-Lechner

freier Himmel über dem Franziskanerplatz

©: Elisabeth Kabelis-Lechner

Freiheitsplatz mit freiem Himmel

©: urbantouch.net

Freiheitsplatz neu überspannt

©: Elisabeth Kabelis-Lechner

2021 habe ich einen Beitrag über die Stadt Udine geschrieben. Dabei erwähnte ich, wie beeindruckt ich vom freien Himmel über der Stadt war. Der Himmel über Udine ist frei, weil die Beleuchtung nicht auf zwischen Häusern gespannten Seilen hängt, so wie in Graz üblich. Die Beleuchtung der Gehsteige und Straßen erfolgt entweder über Wandlaternen mit Auslegern oder es gibt fassadennahe Mastleuchten im gleichen Stil. Dieses an historische Leuchten angelehnte Beleuchtungskonzept zieht sich einheitlich durch das historische Zentrum und zentrumsnahe Stadtteile, sehr oft bereits auf moderne LED-Technologie umgestellt. Die Lichtstimmung am Abend ist wunderschön. 

Lenkt man in Graz den Fokus auf die öffentliche Beleuchtung, bietet sich ein weniger schönes Bild. Der Himmel ist voller Seile, auf denen Leuchten hängen, oftmals auch unterschiedliche Typen aus unterschiedlichen Zeiten. Dieses System nennt sich Überspannungsanlage. Wenn gerade keine Gebäude für die Seilmontage vorhanden sind, dann werden sogar extra Masten für die Seilbefestigung errichtet! Man fragt sich, wieso dann nicht gleich schönere Mastleuchten aufgestellt werden. 

Auch in der historischen Altstadt ist das bis auf wenige Ausnahmen so. Dazu kommt noch, dass nahezu jeder Platz in der Innenstadt über sein eigenes Beleuchtungsmodell verfügt. Abgesehen davon, dass für alle diese unterschiedlichen Beleuchtungskörper auch Ersatzteile gelagert werden müssen, wirkt sich diese „Vielfalt“ eher schlecht auf das Gesamtbild der Altstadt aus. Die Stadt hat sich offensichtlich nie für ein einheitliches Beleuchtungssystem durchgerungen und das obwohl die Grazer Altstadt Weltkulturerbe ist. 

Meine Nachfrage beim für Beleuchtung zuständigen Straßenamt und dem zuständigen Sachbearbeiter Dr. Werner Zipper bestätigt dies. Die Beleuchtung wurde in Graz jahrzehntelang nur nebenbei mitbetrachtet, es gibt viele Altlasten und Defizite. Im Unterschied zu Wien, wo die Beleuchtung einen viel größeren Stellenwert hat und es ein 10-Jahresprogramm gibt, gab es bisher in Graz immer nur Jahresbudgets. Dr. Zipper spricht sich auch für mehr Einheitlichkeit in der Beleuchtung aus, die Politik habe sich aber bisher nicht dafür ausgesprochen. Als ersten Schritt habe er ein Produkt-Portfolio zusammengestellt. 

Auf die Frage, warum man in Graz die unschöne Überspannungsbeleuchtung forciert und diese auch in der Weltkulturerbe-Altstadt dominantes Beleuchtungssystem sei, antwortet Dr. Zipper, es gebe bei der Wandbeleuchtung baugesetzliche Hürden, außerdem braucht man auch die Bewilligung der Eigentümer. Auch da sei in Wien die gesetzliche Lage anders.

Von Dr. Zipper habe ich auch erfahren, dass erst vor kurzem die Beleuchtung am Freiheitsplatz von Mastlaternen auf seilabgehängte Beleuchtung umgestellt wurde. Warum wurde diese optische Verschlechterung vorgenommen? Die bestehenden Kandelaber wären im Fußbereich korrodiert und ein Nachziehen von Elektroleitungen nicht mehr möglich gewesen. Für die Renovierung der bestehenden Kandelaber-Beleuchtung wären Grabungsarbeiten erforderlich gewesen und das war zu teuer!

Die stellvertretende ASVK-Vorsitzende, Architektin DI Bettina Zepp, hat keine Kenntnis von diesem Umbau und zeigt sich einigermaßen erstaunt darüber, dass die ASVK hier komplett übergangen wurde.

Frage: Wer hat diese Entscheidung eigentlich zu verantworten? Die Holding und das Straßenamt? 

Die Filmcomission Graz bewirbt den Freiheitsplatz als möglichen Drehort – damit ist es nun wohl vorbei.

Laukhardt

Man könnte sich ein Beispiel an der Welterbestadt Edinburgh nehmen. Hier gibt es einen eigenen Katalog, was im historischen Zentrum an notwendigen Leuchten, Verkehrstafeln, Abfallkörben etc. erlaubt ist, nämlich wenig! Es ist alles standardisiert, es gibt so gut wie keine Verkehrsschilder, man behilft sich mit Kennzeichnungen an den Gehsteigrändern (was in England ja überhaupt Standard ist). Ich hatte aus einem offiziellen Besuch schon im Jahre 2000 den Katalog mitgebracht, aber es interessierte sich niemand dafür. Vielleicht jetzt, nachdem Elisabeth Lechner, diesen Mangel aufgezeigt hat?

Di. 15/03/2022 16:11 Permalink
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