02/09/2021

steirischer herbst 2021

Vorschau auf das Festival, das vom 9. September bis 10. Oktober 2021 stattfindet.

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02/09/2021
©: steirischer herbst
©: steirischer herbst

Der steirische herbst ist ein jährlich stattfindendes interdisziplinäres Festival für zeitgenössische Kunst, das seit seiner Gründung im Jahr 1968 ein kritisches Anliegen verfolgt und die begrifflichen Grundlagen, was Kultur für das Zeitgenössische bedeuten könnte, immer wieder neu definiert. Als produzierendes Festival mit internationaler Strahlkraft ist der steirische herbst fest in Graz und der Steiermark verwurzelt und rückt künstlerisches Schaffen in den Fokus, das gesellschaftspolitische Fragen kommentiert und öffentliche Debatten auf unterschiedliche Art, quer durch alle Disziplinen und Medien provoziert und konturiert.

Dieses Jahr wird der steirische herbst um eine Woche verlängert und beginnt zudem zwei Wochen früher als sonst: Er findet von 9. September bis 10. Oktober 2021 statt. Das Programm bespielt verschiedene Orte in Graz und der Steiermark.

Prolog
In Hainersdorf wird eine Vorschau auf die heurigen Themen und Zugänge geboten: In Betonfieber. Ein ländlicher Schwank thematisiert das lokale Performance-Kollektiv, Die Rabtaldirndln. Korruption, Immobilienspekulation und die dubiosen Geschäfte, die Männer an der Macht hinter verschlossenen Türen machen. Als Prolog zum heurigen Festival feiert das Stück bereits am 26. Juni seine Premiere.

Die Stadt wird zur Bühne
Am 9. September eröffnet das Festival im öffentlichen Raum mit einer neuen Installation von Marinella Senatore. Während der ersten zwei Wochen des steirischen herbst ’21 beleben außerdem groß angelegte Straßeninterventionen von Sophia Brous (mit Faye Driscoll, Samara Hersch und Lara Thoms) und Flo Kasearu sowie Situationen von Tino Sehgal die Parks, Gassen und Plätze in Graz. Die sich bewegenden Körper der Stadtbewohner*innen und der Performer*innen fließen in den Kunstwerken ineinander und stellen so die Grenze zwischen Kunst und Leben, Realität und Fiktion auf die Probe.

Die Akzeptanz des Populären
Bereits zum vierten Mal hinterfragen Intendantin Ekaterina Degot und ihr Team das Erbe des steirischen herbst als puristisches Festival der „kosmopolitischen Avantgarde“. Mit The Way Out tauchen das Festival und seine Künstler*innen tief in die Popkultur ein, von der Musik bis zum Fernsehen, und lassen ihr politisch-demokratisches Potenzial wiederaufleben. Der Komponist und Choreograph Uriel Barthélémi erkundet mit Sophie Bernado und Salomon Baneck-Asaro die Vermischung von elektronischem Schlagzeug und Hip-Hop-Tanz in einem dekolonialen Kontext. Sound Systeme von Phil Collins tauchen in verschiedenen Grazer Stadtvierteln auf, mit lautem Reggae und Vorträgen über dessen verborgenes politisches Vermächtnis: der Kampf um eine anti-koloniale, anti-homophobe und sozialistische Gesellschaft. Hiwa K greift sein Projekt Cooking with Mama auf, indem er mit einer Open-Air-Küche auf Rädern durch Graz fährt und neue partizipative Kochperformances mit entfernten Verwandten aufführt. Reverend Billy & The Church of Stop Shopping durchbrechen den Alltag auf einer zentralen Grazer Einkaufsstraße mit rebellischen Songs und Predigten gegen den Konsumwahn und die Zerstörung des Planeten.

Mit anderen zusammenarbeiten
Viele der Festivalprojekte basieren auf einer intensiven Zusammenarbeit mit sozialen Organisationen in Graz und der Steiermark. Ein Monument zu Ehren Simone Weils von Thomas Hirschhorn, der für seine jahrelange Auseinandersetzung mit gemeinschaftlichen Projekten bekannt ist, fußt auf ebensolcher Arbeit vor Ort. Dejan Kaludjerović hat anhand von Interviews mit Kindern über Themen wie Krieg, Rassismus oder die Pandemie in Zusammenarbeit mit Marija Balubžić, Bojan Djordjev und Tanja Šljivar eine Oper entwickelt. Theaterregisseur Felix Hafner veranstaltet in Zusammenarbeit mit der steirischen Kulturinitiative Workshops in den Orten Weiz, Deutschlandsberg und Maria Lankowitz, bei denen er Performances mit lokalen Einwohner*innen statt Theaterensembles entwickelt und sich damit auseinandersetzt, was die Teilnehmenden quer durch die Generationen zu Protest und öffentlichem politischen Engagement antreibt.

Von nah und fern
Angesichts der gegenwärtigen Hygienemaßnahmen und Unsicherheiten im Reiseverkehr legt der steirische herbst Wert darauf, seine Produktionen für all jene zu öffnen, die sie unter den derzeitigen Bedingungen nicht besuchen können oder wollen. Drei große Bühnenstücke von Hito Steyerl und Mark Waschke, Žiga Divjak (eine Koproduktion mit dem Mladinsko Theater in Ljubljana) und Yael Bartana werden im Rahmen des Festivals im Grazer Orpheum uraufgeführt und aufwändig gestreamt. Diese Stücke behandeln große Themen der Gegenwart, etwa den digitalen Feudalismus, Volksaufstände, toxischen Nationalismus sowie die Klimakrise.
Zudem weht der Geist von Paranoia TV – der sehr erfolgreichen Vorjahresausgabe des Festivals – durch die Straßen von Graz: Der steirische herbst ’21 produziert eine eigene TV-Serie mit dem Titel Situation Reports, die während des gesamten Festivalzeitraums auf steirischerherbst.at zu sehen ist. Humorvoll und seriös zugleich präsentiert die Serie der Stadt das Festival und der Welt die Stadt. Die Reportagen sind von Künstler*innen und Intellektuellen gestaltet, manche von ihnen Auslandskorrespondent*innen, andere Grazer Insider*innen, wie etwa Lars Cuzner, Stefanie Sargnagel, Nicholas Grafia & Mikołaj Sobczak und Heimo Halbrainer (CLIO Verlag).

Plakatkampagne
Zur Wiedereröffnung des öffentlichen Raums säumt eine Plakatkampagne Graz und kehrt gleichzeitig zu den Wurzeln des Festivals zurück, mit Beiträgen unter anderem von Mounira Al Solh, Nilbar Güreş, Boris Mikhailov, Rosemarie Trockel, Ex- Festivalintendant und Werbeikone Horst Gerhard Haberl sowie dem legendären herbst-Künstler Hans Haacke.

Finissage
Abgerundet wird das Festival von einem zweitägigen Flohmarkt mit narrativen Interventionen vom Theater im Bahnhof, der am 10. Oktober mit der parodistischen Fernsehgala Bares für Wahres seinen Höhepunkt erreicht.

Diskursives Programm
Das diskursive Programm Ideen kreist heuer um die Stolpersteine der postpandemischen Realität und sucht nach Möglichkeiten, diese aus dem Weg zu räumen. Den Auftakt macht Paul B. Preciado, fortgesetzt wird das Programm von einer Vielzahl von Online-Keynotes von Autor*innen und Denker*innen unter dem Titel The Way Out Of ...
Eine zusammen mit dem Forum Stadtpark organisierte Konferenz über Transformation untersucht gleichzeitig aktuelle Debatten rund um Kriegskommunismus, Wirtschaftsplanung, Mobilität und Arbeit in einer Ära, die von Krisen und einem rasanten historischen Wandel geprägt ist.

Ö1 Festivalpodcast
Die erfolgreiche Kooperation mit dem öffentlich-rechtlichen Sender Österreich 1 wird auch 2021 in Form eines eigenen Podcasts zum steirischen herbst fortgesetzt. Die Kooperation trägt zur Vermittlung des Programms bei und lädt zur kritischen Auseinandersetzung mit den künstlerischen Inhalten, den Diskursen und den beteiligten Künstler*innen ein. Sowohl auf Ö1 als auch auf oe1.orf.at wird der Podcast – wie schon 2020 – rund 40.000 Hörer*innen pro Sendung erreichen.

Festivals im Festival
Mit der zweiten Ausgabe des Literaturfestivals Out of Joint setzt der steirische herbst die Zusammenarbeit mit dem Literaturhaus Graz fort. Von 4. bis 8. Oktober werden in Auftrag gegebene Texte von Doron Rabinovici, Günter Eichberger und Stephan Roiss präsentiert. Von 7. bis 10. Oktober erprobt das älteste Festival im Festival des steirischen herbst, das musikprotokoll, zeitgenössische (Experimental-)Musik in Konzerten und Klanginstallationen zum Thema nomadic sounds. Von 12. August bis 18. September erkundet die Kulturinitiative STUBENrein im steirischen Bezirk Murau New Horizons und nutzt den erzwungenen Perspektivenwechsel des vergangenen Jahres als Anstoß dafür, kulturelle Arbeit im soziopolitischen Gefüge des ländlichen Raums neu zu denken.

Parallelprogramm
Wie auch in den vergangenen Jahren findet während des Festivals ein reichhaltiges Parallelprogramm statt, das von verschiedenen lokalen Kulturinstitutionen und Künstler*innen ausgerichtet wird. Dazu zählen accomplices – Verein zur Erkundung multimedialer Ausdrucksformen, Annenstraße 53, BRUSEUM / Neue Galerie Graz, esc medien kunst labor, Follow the Rabbit, Forum Stadtpark, Grazer Kunstverein, HALLE FÜR KUNST Steiermark, HDA – Haus der Architektur, KULTUM. Zentrum für Gegenwart, Kunst und Religion in Graz, Dejan Markovic, Das Planetenparty Prinzip, Schaumbad – Freies Atelierhaus Graz, Spiel des Lebens Murau / Karin Reinprecht und Marcus Neustetter und das Theater am Lend gemeinsam mit uniT.

Der steirische herbst ’21 wird gestaltet von allen teilnehmenden Künstler*innen, Partnerinstitutionen, Denker*innen, Philosoph*innen sowie Ekaterina Degot, Intendantin und Chefkuratorin, Henriette Gallus, stellvertretende Intendantin, Christoph Platz, Leiter der kuratorischen Belange, David Riff, Senior Curator, Dominik Müller, Kurator, Mirela Baciak, Kuratorin, und dem Team des steirischen herbst.

Das detaillierte Programm
finden Sie unter dem Link > steirischerherbst.at

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