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Interview
Was unter Schutz steht, steht unter Schutz
da brauchen wir nicht drüber zu diskutieren.

Klare Worte findet Christian Brugger, seit 2008 Landeskonservator für die Steiermark, im Gespräch mit GAT nicht nur zu den aktuellen Themen rund um den Denkmalschutz und den Schutz von historischen Gebäuden sowie Bauten der Moderne, sondern auch zur aktuellen Grundhaltung der Grazer Altstadt-Sachverständigenkommission (ASVK).

GAT: Was war Ihre Motivation, sich für das eher trockene Thema „Denkmalschutz" einzusetzen?

Brugger: Das ist eine gute Frage! Vielleicht ist das Thema gar nicht so trocken? Ich bin von der Ausbildung her Kunsthistoriker und habe daher einen gewissen Hang für historische Kunst und Objekte. Im Laufe der Zeit hat sich bei mir herauskristallisiert, dass mich von den drei großen Themenbereichen Malerei, Skulptur und Architektur die Architektur am meisten interessiert. Die Denkmalpflege ist der Bereich, in dem man am stärksten den ganz konkreten und unmittelbaren dreidimensionalen Bezug zum Thema hat. Ich war mir aber zu Beginn meiner Arbeit in diesem Bereich nicht darüber bewusst, dass Denkmalpflege ein sehr kontroversielles Thema ist. Mich hat also das Interesse an der historischen Kultur auf der einen Seite und auf der anderen Seite der Reiz, damit nicht nur rein wissenschaftlich umzugehen, zum Denkmalschutz gebracht.

GAT: Es gab am 01.01.2010 eine Gesetzesnovelle, nach der nicht mehr jedes Gebäude der öffentlichen Hand automatisch unter Denkmalschutz steht. Wie sieht die Situation gegenwärtig aus, wurden alle betroffenen Gebäude inzwischen neu bewertet?

Brugger: Das leidige Thema ist die Umänderung des Paragrafen 2, der 1923 als eine Art Fangnetz eingeführt und bis zum 01.01.2010 funktioniert hat: „Kraft gesetzlicher Vermutung stehen alle Denkmale in öffentlich rechtlichen Eigentumsverhältnissen unter Schutz." Das Denkmalamt hatte zehn Jahre Zeit, die entsprechenden Objektbestände österreichweit einer Sichtung zu unterziehen, um zu eruieren, was weiterhin unter Schutz bleiben muss und was aus dem Schutz herausfällt. Dafür war eine eigene Abteilung in Wien zuständig. Es wurden konsequent Gemeinde für Gemeinde, Bezirk für Bezirk in ganz Österreich diesbezüglich besucht. Das war sehr kompliziert. Man musste zuerst bei der Gemeinde erheben, wo welche Objekte sind und auf welchen Grundstücken sie stehen. Das Resultat daraus sind die „verordneten Objekte", die seit 01.01.2010 nach wie vor unter Schutz stehen. Die übrigen Objekte sind gegenwärtig aus dem Denkmalschutz draußen.

Es ist relativ gut gelungen, diese Bestände aufzunehmen, aber wie es natürlich bei einem derartig quantitativen Großvorhaben sein kann, ist sicher der eine oder andere Fehler passiert. Da kommt man im Laufe der täglichen Arbeit drauf. Im Großen und Ganzen ist das aber ein Pool, der mehr oder weniger funktioniert. Die Objekte sind im Internet einsehbar, wobei die Liste aller unter Denkmalschutz stehenden Objekte allerdings nur halbjährlich oder jährlich aktualisiert wird.

GAT: Warum wird diese Liste nicht als Datenbank geführt und permanent aktualisiert?

Brugger: Das Bundesdenkmalamt ist gegenwärtig dabei, seine EDV zu aktualisieren und die Datenbänke der Bundesländer zu vernetzen.

GAT: Ist die aktuelle Liste ein Stand, der Ihrer Ansicht nach komplett ist?

Brugger: Nein! Wir sind damit noch lange nicht fertig. Mit der Liste, die damals gemacht wurde und die sich rechtlich verbindlich auf die Paragraf-2-Objekte bezogen hat, ist natürlich auch der übrige Bestand gesichtet worden, nach dem Motto ,Wenn schon jemand in einem Ort unterwegs ist, wird er sich nicht nur die Kirche und das Gemeindeamt anschauen, sondern natürlich, wenn daneben ein Bauernhaus steht, auch darauf einen Blick werfen.‘ Daraus ist eine interne Auflistung der österreichischen Denkmalbestände entstanden, welche auch private Objekte einbezogen hat. Wir sind gegenwärtig dabei, diesen Fundus abzuarbeiten, stoßen aber an Probleme hinsichtlich personeller Ressourcen.

GAT: Der Denkmalschutz hat nicht nur ein positives Image. Vor allem InvestorInnen und ProjektentwicklerInnen sehen darin eine Abwertung von Immobilien und fürchten Zeitverzögerungen. Womit begründet sich dieses Image und was könnte man dagegen tun?

Brugger: Das ist ein Phänomen, mit dem wir immer wieder zu kämpfen haben, das eigentlich gar nicht sein dürfte. Natürlich bedeutet der Denkmalschutz für den Bauherrn/die Bauherrin, dass er/sie eine Behörde mehr hat, die in seine/ihre Entscheidungsfreiheit eingreift. Das ist systemimmanent und schreckt natürlich viele potentielle KäuferInnen von Immobilien ab. Wenn ich beispielsweise eine Gründerzeitvilla kaufe, billige Kunststofffenster vom Baumarkt einbauen möchte und dann der Denkmalschutz kommt und sagt, es müssen aber Kastenstockfenster sein oder die bestehenden Fenster müssen repariert werden, dann ist das eine Einschränkung für den/die EigentümerIn. Gerade für InvestorInnen ist das ein Problem, da die meisten nur investieren, um aus dem Objekt nicht das Optimum, sondern das Maximum an Gewinn herauszuholen. Da wird der Denkmalschutz als Hindernis gesehen.

GAT: Wie sehen diesbezüglich die Fördermöglichkeiten seitens des Denkmalamtes aus?

Brugger: Es gibt grundsätzlich die Möglichkeit für Förderungen, nur ist das Förderbudget, welches die Republik Österreich für den Denkmalschutz ausschüttet, ein im Verhältnis zum Aufwand sehr geringes.

GAT: Wie hoch ist das?

Brugger: Ich beispielsweise habe für die Steiermark im vergangenen Jahr etwas über 900.000 EUR für den Gesamtbestand zur Verfügung gehabt. Wenn man das auf die nötigen Maßnahmen umlegt, dann ist das natürlich ein relativ geringer Anteil.

GAT: Gibt es einen Schlüssel zum Einsatz der Förderungen?

Verfasser / in:

Martin Brischnik
Petra Kickenweitz

Datum:

Wed 18/07/2012

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Hofrat Mag. Dr.phil. Christian Brugger wurde im Jänner 2008 zum Landeskonservator für die Steiermark bestellt. Brugger hat sich während seines Kunstgeschichtestudiums an der Karl-Franzens-Universität Graz, das er 1995 mit einer Dissertation über die „Kirchenbauten in der Zeit des Historismus in der Steiermark“ mit dem Doktorat abgeschlossen hat, intensiv mit Architektur, Denkmalpflege und regionalem Kunstschaffen befasst.

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