12/02/2024

Das Thema der nachhaltigen Mobilität wird in Zukunft ein neues Zentrum für Aktive Mobilität intensiv beschäftigen. Am Institut für Städtebau der TU Graz arbeitet man dafür eng mit dem Institut für Umweltsystemwissenschaften der KF Universität zusammen. 2023 wurde eine entsprechende Stiftungsprofessur bereits eingerichtet, während das gesamte Projekt etwas verzögert jetzt offiziell gestartet wurde. Ein Universitätskurs für Rad- und Fußverkehrsplanung startet im April.

12/02/2024

Offiziell eröffnet: Zentrum für Aktive Mobilität in Graz

©: Redaktion GAT

"Ein Schlüssel zur Basis der Klimalösung", sei das Thema Mobilität, wurde vergangene Woche beim Start des Zentrums für Aktive Mobilität in Graz mehrfach proklamiert. Den informativen offiziellen Kick-Off für die Forschungseinheit gab es am Donnerstag, dem 8. Februar. Das Institut für Städtebau der TU Graz in Zusammenschluss mit dem Institut für Umweltsystemwissenschaften der KF Universität stellten nicht nur das neue Zentrum, sondern auch das Thema der Aktiven Mobilität und einzelne Beispiele, sowie einen universitären Weiterbildungslehrgang zur Planung von Rad- und Fußverkehr vor. Aktive Mobilität bezieht sich auf Fußgänger:innen- und Radfahrmobilität – Mobilitätsformen also, für die der Einsatz von Muskelkraft notwendig ist.

Gemeinsam wollen TU und KF Universität, gefördert durch das Land Steiermark, in Zukunft untersuchen, wie sich Mobilität in Österreich besser und aktiver gestalten lässt. Wissenschafter:innen im Austausch mit Vertreter:innen der Planungspraxis sollen im neuen Programm im Mittelpunkt stehen. Man will „näher zusammenrücken und gemeinsam an ambitionierten Lösungen für die Verkehrswende arbeiten.“ Eine Stiftungsprofessur an der Uni Graz wurde am Institut für Umweltsystemwissenschaften deshalb eingerichtet und wird durch eine Projektassistenz-Stelle am Institut für Städtebau an der TU Graz ergänzt. Die Stiftungsprofessur übernimmt Mobilitätsexpertin und Betriebswirtin Nina Hampl. Ferner soll das Zentrum Ort für Innovationen sein, indem es Startups unterstützt und Planer:innen wie Wissenschafter:innen weiterbildet.

Landesrätin Barbara Eibinger-Miedl, Landesbaudirektor Andreas Tropper und Vizebürgermeisterin Judith Schwenter vertraten Politik und Verwaltung beim Kick-Off im Lendhafen in Graz.

Vizebürgermeisterin Judith Schwenter nutzte das Podium, um auf den Mobilitätsplan 2040 zu verweisen, der im Augenblick in Graz entwickelt wird. Die Stadt erhofft sich aus der Zusammenarbeit mit den Wissenschafter:innen des Zentrums belastbare Daten, mit denen man in der Planungspraxis arbeiten kann.

Zur Sprache brachte Landesrätin Eibinger-Miedl zusätzlich das Thema der Ortskernrevitalisierung und eine neue Förderschiene des Land Steiermark, mit der eine „Trendwende“ angestoßen werden soll. Sie ließ nicht unerwähnt, dass der vom Land bestellte Ortskernkoordinator bisher mehr als 30 Gemeinden involvieren konnte. Funktionierende Ortskerne, so Eibinger-Miedl, reduzierten nachweislich den motorisierten Individualverkehr. Mobilität ist in diesem Sinne auch eine baukulturelle Fragestellung, so der Tenor der Landesrätin.   

Inhaltlich interessant wurde es durch einen Vortrag der Gründerin des Mobilität-Start-ups Punkt vor Strich, Lisa Mooshammer. Sie verdeutlichte, was inklusive Mobilität für alle heißt und wie man diese gestalten kann. Nicht als soziale Nische sollte der Aspekt gesehen werden, sondern als Wettbewerbsvorteil für Firmen, die Mobilitätsplanung und -infrastruktur umsetzen. Im Fokus des Start-ups stehen reale Wege, die in Städten und Orten täglich gegangen werden. Diese wertet man als Grundlage für zukünftige Planung aus, statt auf Annahmen und Prognosen zu setzen.
Es sei wichtig die Komplexität des Themas zu verstehen, so Mooshammer. Zum einen müsse man die gängigen Narrative in den Köpfen ändern. Mobilität sei deshalb im Moment ein Bildungsthema, das früh in der Kindheit anfängt. Das geht von Kinderbüchern und Spielzeug als Vermittlungswerkzeug bis hin zur gezielten Unterstützung durch Fahrradkurse in Schulen. Nach Science Fiction und Hoverboard hört sich das nicht an, aber es wäre ein Weg, um das Auto als Fahrzeug Nummer 1 abzulösen.
Und noch einen Gedankenwechsel griff Lisa Mooshammer auf: für jeden 10. Menschen sei es aktuell notwendig, Räume barrierefrei zu gestalten. Fakt ist allerdings, jeder 3. von uns wird im Laufe seines Lebens phasenweise auf Barrierefreiheit angewiesen sein. Das mache die Planung und Umsetzung einer möglichst barrierefreien Umgebung unumgänglich – die Zielgruppe dafür sei damit wesentlich größer als üblicherweise angenommen.
Eine Möglichkeit, die Verkehrswende weiters auf den Weg zu bringen, sah Mooshammer in einem Beispiel aus Schweden. Dort organisiert man seit einigen Jahren im Winter den Schneeräumdienst eher ungewöhnlich: Statt städtische Straßen räumt man zuerst die Gehwege, dann die Fahrradwege und zuletzt die Straßen. Ergebnis in Schweden: die Unfall- und Verletzungsrate in den Wintermonaten ist seit der Umstellung nachweislich zurückgegangen.

Den Abschluss der Veranstaltung bildete ein Podium u.a. mit der neuen Stiftungsprofessorin Nina Hampl und der Städtebauprofessorin der TU Graz Aglaée Degros. Hampel sieht als wichtigsten Ausgangspunkt für eine Mobilitätswende, das Bewusstsein für den eigenen Mobilitätsbedarf. Warum setzen wir uns eigentlich überhaupt in Bewegung und was könnte man ändern oder reduzieren, fragte sie in die Runde. Die Forschungseinrichtung, das Zentrum für Aktive Mobilität, solle hier Motivationen sichtbarer machen und zeigen warum sich ein Umdenken lohnen wird. Die öffentliche Hand habe mit der Umgestaltung der Mobilitätsinfrastruktur einen großen Einfluss. Bereiche der Gesundheit, des Klimas oder individueller Zeitersparnis, seien Gründe genug, um Änderungen umzusetzen. Aglaée Degros hob zudem hervor, dass Best-practice Beispiele nicht allein als Vorbilder für gute Gestaltung, sondern insbesondere aufgrund ihrer Umsetzung wichtig sind. Es blieben zu viele Vorhaben in der Planungsphase oder als Idee schon auf der Strecke. Mit umgesetzten Projekten hätte man eine wesentlich bessere Handhabe, um gesetzliche Rahmenbedingungen zu hinterfragen.

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