31/10/2016

Zielkonflikt: Unternehmerin – Architektin

Start-up 04: Diskussion unter Architekturschaffenden im HDA Graz zum Thema Think BIG

TeilnehmerInnen
Peter Mandl, Bauingenieur 
Alfred Bramberger, Architekt
Martin Lesjak, Architekt 
Thomas Pucher, Architekt
Petra Petersson, Architektin
Roger Riewe, Architekt
Marion Wicher, Architektin

Veranstalter
ZT-Kammer Steiermark + Kärnten mit dem Haus der Architektur Graz

Konzeption der Reihe
Eva Hierzer + Petra Kickenweitz

31/10/2016

Start-up 04 im HDA zu 'Think BIG'

©: HDA / Maria Zottler

Zum vierten und bislang letzten Mal (Fortsetzungen folgen im nächsten Jahr) lud das HDA in Zusammenarbeit mit der Kammer der ZiviltechnikerInnen für Steiermark und Kärnten im Rahmen der Veranstaltungsreihe Start-up zu einem Diskussionsabend mit dem Ziel angehenden Architektinnen und Ingenieurinnen Einblicke und Anregungen zur eigenen Bürogründung zu geben. Eva Hierzer und Petra Kickenweitz diskutierten mit renommierten Gästen zum Thema Think BIG – Wie kann man langfristig über den (internationalen) Tellerrand schauen?
Schrieb ich letztens an dieser Stelle noch von einer Neuinterpretation des Architekturbüros, so stellt sich jetzt die Frage nach der Motivation von ArchitektInnen ein internationales und damit auch größeres Büro aufzubauen. Allgemeiner Tenor am Podium war, dass Internationalität notwendig sei, um spannendere und größere Projekte umzusetzen, also gewissermaßen um als Architektin erfolgreicher zu werden. Roger Riewe sprach unter anderem vom Reiz etwas auszuprobieren, was man noch gar nicht könne. Beides sicherlich Aspekte die erfolgreiche Architektinnen ebenso wie erfolgreiche Unternehmerinnen auszeichnen, denn es muss klar sein, dass ab einer gewissen Bürogröße Architektinnen zunehmend zu Unternehmerinnen werden.
„Entwerfen ist wie Urlaub“, erzählte Alfred Bramberger und spricht damit indirekt den entstehenden Zielkonflikt an. Die Unternehmerin ist vorrangig Organisatorin, wirtschaftliche Interessen stehen klassischerweise im Vordergrund und sie ist oft aus dem operativen Geschäft ausgeklinkt, denn dazu hat sie ihre Angestellten. Architektinnen lieben aber das Entwerfen. Ein Aufgabenbereich für den es in einer klassischen Unternehmensstruktur eine eigene Spezialistin gäbe. In Architekturbüros übernimmt diese Spezialistin allerdings oft sehr viele Aufgaben außerhalb ihrer Kernkompetenz. Brambergers Statement wird damit nachvollziehbar und relevant.
Petra Petersson sprach vom Wunsch die eigene Chefin zu sein, als Motivation zur Bürogründung. Auch hier unterstelle ich mehr den Wunsch nach Entwurfs-Tätigkeit und -Verantwortung als Verwaltungsaufgaben und Mitarbeiterführung. Chefinnen mischen sich in Unternehmen teilweise in Bereiche ein, die sie eigentlich nicht betreffen, im Architekturbetrieb scheint das in besonderer Weise gegeben zu sein. Thomas Pucher brachte das plakativ auf den Punkt: „Wenn du als Chef nicht dabei bist, funktioniert es nicht so gut.“ Ein Satz, der bei jeder Unternehmensberaterin die Alarmglocken schrillen ließe und auf Fehler in der Unternehmensstruktur deuten würde. Im Architekturbereich ist er scheinbar immer noch weitgehend Konsens und resultiert in sehr ausgedehnten Arbeitszeiten und Stehsätzen zur Arbeitsmotivation wie „Aus Spaß an der Freude“.
Vielleicht wäre einigen größeren Büros mit einer Umstrukturierung gedient – einer Geschäftsführung, die für die wirtschaftlichen Belange zuständig ist und einer Architektin, die sich als Chefentwerferin austoben kann. Aber dann wäre man ja nicht mehr seine eigene Chefin!?

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