09/12/2019

Wettbewerbsergebnis
Wohnbau Kirchner-Kaserne Süd

Österreichweit offener, einstufiger Realisierungs- wettbewerb mit vorgeschaltetem kooperativen, städtebaulichen Verfahren

Ausloberin
Kirchner-Kaserne-Projektentwicklungs-GmbH (ARE und Immovate)
Trabrennstraße 2b, 1020 Wien

58 Projekte wurden eingereicht.

Die Jury entschied, zwei Projekte zu einem Gesamtprojekt zusammenzuführen: Pläne von Arch. Christoph Platzer und PENTAPLAN werden das ehemalige Kasernenareal prägen.

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09/12/2019

Platz 1: Arch. DI Christoph Platzer. Projekt 21. Bauplätze 3+4, SÜD

©: Kampus

Platz 1: PENTAPLAN. Projekt 40. Bauplätze 1+2, NORD

©: Kampus

Platz 3: Architekturbüro KAMPITS & GAMERITH

©: Kampus

Nachrücker: ARGE MAS & NOW

©: Kampus

Anerkennung: planorama ZT

©: Kampus

Anerkennung: StudioVlayStreeruwitz

©: Kampus

Anerkennung: königlarch architekten

©: Kampus

Anerkennung: GANAHL : IFSITS Architekten

©: Kampus

Das zwischen Mur und Ostbahnhof gelegene Konversionsareal der ehemaligen Kirchner-Kaserne in Graz-Jakomini

©: Kampus

Die Kirchner-Kaserne-Projektentwicklungs-Gesellschaft plant, auf dem zwischen Mur und Ostbahnhof gelegenen Konversionsareal in Graz-Jakomini, ein Wohnquartier zu errichten. Dazu wurde im Juni 2019 ein österreichweit offener, einstufiger Realisierungswettbewerb ausgelobt, dem ein kooperatives städtebauliches Verfahren als Grundlage zur Änderung des Flächenwidmungsplans und Vorbereitung des Wettbewerbs vorausgegangen war.
Das südlich des Grazer Stadtzentrums gelegene Areal der ehemaligen Kirchner-Kaserne befindet sich in einem heterogenen Umfeld mit Geschoßbauten, Kleingartensiedlungen, Einfamilienhäusern und Gewerbebetrieben. Der Auslobung folgend, soll hier ein urbanes, vielfältiges "Stadtquartier im Grünen", geprägt von einem "Freiraumband mit anliegenden Pocketparks" entstehen. Laut Auslobung hat sich im kooperativen Vor-Verfahren herausgestellt, dass verdichtete Bebauungen mit ausreichend öffentlichen Freiflächen keine nachteiligen Wirkungen auf die Nachbarschaft haben.

Wettbewerbsergebnis

Die Jury setzte sich am 10. und 11. Oktober 2019 unter dem Vorsitz von Arch. DI Gerhard Sailer mit 58 Projekten hinsichtlich Freiraumbildung, Baukörpersetzung, Baumassen, Situierung und Wohnqualitäten auseinander und kam nach eingehender Prüfung zu folgendem Ergebnis:

  • Platz 1: Arch. DI Christoph Platzer
    Projekt 21. Bauplätze 3+4, SÜD
  • Platz 1: PENTAPLAN
    Projekt 40. Bauplätze 1+2, NORD
  • Platz 3: Architekturbüro KAMPITS & GAMERITH
  • Nachrücker: ARGE MAS & NOW
    (MAS – Mojo Architectural Studio, Arch. DI Gernot Kupfer / NOW Architektur – Arch. DI Eva Hierzer)
  • Anerkennung: planorama ZT
  • Anerkennung: StudioVlayStreeruwitz
  • Anerkennung: königlarch architekten
  • Anerkennung: GANAHL : IFSITS Architekten

Jurybeurteilungen

Platz 1
Projekt 21. Bauplätze 3+4 (SÜD)

"Überwiegend punktförmige Baukörper mit wohl überlegter Höhenstaffelung reagieren sensibel auf die umgebende Bebauung und die vorgefundene Topografie. Die Wohnhäuser sind eingebettet in eine parkähnliche Landschaft, wobei der Konzeption der Erdgeschoßzone besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird. Als geschickte Strategie erweist sich die Weiterführung des Freiraumbandes in der südlichen Bauplatzhälfte entlang der westlichen Grundgrenze, wodurch ein, von öffentlichen Wegbeziehungen weitestgehend befreiter, Siedlungsraum eine Baukörperkomposition ermöglicht, welche das Verhältnis von Volumina zu umgebenden Freiraum in eine überzeugende Ausgewogenheit und eine, in alle Richtungen vernetzte Porosität münden lässt. Dies signalisiert Offenheit und bietet Anknüpfungspunkte für mittel- bis langfristige Entwicklungen vor allem zum östlichen und westlichen Nachbarschaftsbereich aber auch zum künftigen Partnerbüro auf den Bauplätzen 1 und 2.
Lediglich die verschwenkt U-förmige Hakenbebauung mit verengter Portalsituation zum nördlich anschließenden Park generiert zusammen mit dem siedlungsuntypischen Laubengangerschließungssystem nicht jenen Mehrwert, welcher das Projekt zum alleinigen Leitprojekt befähigen würde.
Die Bauplätze sind gut teilbar, es ist eine gute Umsetzbarkeit, auch in Etappen gewährleistet. Die Höhenstaffelung in Richtung Einfamilienhaus ist positiv, zu den Kleingärten wird eine große Offenheit angeboten. Die geplanten Dachgärten ergänzen die insgesamt hohe Wohnqualität sinnvoll. Die Wohnungsgrundrisse sind vernünftig geschnitten und gut möblierbar. Die Erschließung mit der TG- Zufahrt ist grundsätzlich gut gelöst.
Freiraumkonzept: Im Freiraum besticht das Projekt durch eine gegen Süden und zu den seitlichen Anliegern hin sehr luftige und offene Parklandschaft. Das Freiraumband verschwenkt in einer guten Lösung nach Westen und wird durch Pocketparks ergänzt. Diese vermitteln zwischen den Anforderungen nach öffentlich zugänglichen Grünräumen und den erforderlichen Spielplätzen am Areal. Gemeinschaftliche Dachgärten für Urban Gardening stellen eine gute Ergänzung des Freiraumangebots dar. Die Fassadenbegrünung ist ein wichtiger Beitrag zur Durchgrünung des Areals und soll auf jedem Fall umgesetzt werden. Im Nordteil verengt sich das Freiraumband und wird durch eine torartige Gebäudestellung durchgeführt. Der Übergangsbereich zwischen öffentlichem Park und Quartier wird dadurch geschwächt. Das insgesamt stimmige und äußerst tragfähige Freiraumkonzept dieses Projekts 21 soll für das gesamte Quartier als Leitkonzept herangezogen werden. Besonders die Typologien der Freiraumschwellen sollen hierbei weiter vertiefend geplant werden.
Die Konfiguration der Tiefgarage muss in der weiteren Bearbeitung gut mit der Freiraumkonfiguration abgestimmt werden, sodass ausreichend Erdkörper und nicht unterbaute Bereiche geschaffen werden, damit auch großkronige Bäume realisierbar sind. Zusätzlich müssen ausreichend Substrathöhen über unterkellerten Bereichen gewährleistet sein, sodass eine adäquate Ausformulierung der darüberliegenden Freiraumbereiche inklusive Baumbewuchs ermöglicht werden kann. Im Rahmen der Anpassung der Baukörperstellung wird nochmals angeregt, den erhaltenswerten Baumbestand zu schützen und so zu optimieren, dass der Baumbestand integriert werden kann bzw. nötigenfalls ausreichend Ersatzpflanzungen vorgesehen werden. In der Weiterführung der Projektbearbeitung soll unbedingt die Abteilung für Grünraum und Gewässer für die Umsetzung der „freiraumplanerischen Standards“ eingebunden werden."

Platz 1
Projekt 40. Bauplätze 1+2 (NORD)

"Das Projekt überzeugt in zwei für den Wohnbau substanziellen Aspekten – der raffinierten Setzung der Häuser in der Landschaft zwischen loser Streuung und geordnetem Verhalten, wie im poetischem Vorschlag die Erschließungsräume in Form unterschiedlich großer Atrien als Hofgärten zu gestalten und damit der organischen Landschaft um das Haus eine kultivierte Form von Natur im Haus entgegenzustellen. Eine Begrünung der Kernräume verspricht auch eine klimatische Qualität dieser Höfe.
Obwohl die gezeigten Referenzen in Dimension und geographisch nicht vergleichbar sind, wird das Potenzial gesehen diesen sinnlichen Ansatz exemplarisch real zu prüfen, dabei werden die Dimension der Höfe und ihre Höhe noch genau zu prüfen sein.
Die durchgehend gleiche Höhe aller Häuser ungeachtet ihrer Lage zum Umfeld wirkt schematisch und formal hermetisch, eine leichte Differenzierung würde die forcierte Strenge etwas entschärfen. Auch eine feine Differenzierung der Fassaden würde die sinnliche Tiefe des Projektes noch weiter stärken. Der Bautyp des Punkthauses in drei Größen ermöglicht eine große Spreizung der Wohntypen mit einer hohen Anzahl an Eckwohnungen.
Freiraumkonzept: Im Freiraum wird eine Dialektik aus gärtnerisch gestalteten Atrien und einer fließenden Parklandschaft vorgeschlagen, die in einer poetischen Umsetzung eine klare Differenzierung von Innen und Außen erzeugt. Die bepflanzten Atrien werden als sehr interessanter Ansatz gesehen. Das Freiraumband kommt vom Norden relativ zentral ins Quartier und wird zur Mitte auf die westliche Seite gelegt. Der Übergang vom Park in das Quartier wirkt sich positiv auf eine integrierende Wirkung des Gesamtprojektes aus. Das Erschließungsband im Osten wird genauso wie das Freiraumband gekonnt um unterschiedlich konfigurierte Pocketparks erweitert. In Summe wirkt das Freiraumkontinuum aber etwas beliebig und wenig differenziert. Daher wird auch vorgeschlagen, das Freiraumkonzept des Projektes 21 für das Gesamtareal weiter zu verfolgen.
Die Konfiguration der Tiefgarage muss in der weiteren Bearbeitung gut mit der Freiraumkonfiguration abgestimmt werden, sodass ausreichend Erdkörper und nicht unterbaute Bereiche geschaffen werden, damit auch großkronige Bäume realisierbar sind. Zusätzlich müssen ausreichend Substrathöhen über unterkellerten Bereichen gewährleistet sein, sodass eine adäquate Ausformulierung der darüberliegenden Freiraumbereiche inklusive Baumbewuchs ermöglicht werden kann. Im Rahmen der Anpassung der Baukörperstellung wird nochmals angeregt, den erhaltenswerten Baumbestand zu schützen und so zu optimieren, damit der Baumbestand integriert werden kann bzw. nötigenfalls ausreichend Ersatzpflanzungen vorgesehen werden. In der Weiterführung der Projektbearbeitung soll unbedingt die Abteilung für Grünraum und Gewässer für die Umsetzung der „freiraumplanerischen Standards“ eingebunden werden."

Empfehlungen der Jury
"Nach Ausarbeitung und harmonischer Zusammenfügung des sich aus den beiden Projekten 21 und 40 zusammensetzenden Gesamtprojektes, stellt dieses die Basis für die Aufstellung des Bebauungsplanes dar und sollte rechtzeitig vor Aufstellung des Bebauungsplanes dem Fachbeirat für Baukultur im Rahmen eines offiziellen Tagesordnungspunktes der Fachbeiratssitzungen zur Begutachtung vorgelegt werden."

Anonymous

....alle Projekte haben dasselbe städtebauliche Konzept, wenn man nur diese Modelle ansieht? Zurück in die Nachkriegsmoderne?....die Wohnungen sind anscheinend nach allen Himmelsrichtungen orientiert, auch nur nordseitig?....private Gärten, Terrassen?....

Di. 10/12/2019 11:31 Permalink
Familie Meister

Antwort auf von Anonymous

Wir waren auch erschrocken, als wir das Ergebnis sahen. Gab es so enge Vorgaben? Wie ist das heute mit städtebaulichen Wettbewerben? War das nicht einer nach dem gerühmten Grazer Modell? Sind solche nicht ergebnisoffen formuliert im Sinne des besten stadtverträglichen Ergebnisses? Warum ist in direkter Nachbarschaft zu den Heimgärten so eine hohe Dichte vorgegeben. Man weiß doch längst, dass Investoren immer das Maximum einer vorgegebenen Dichte ausnützen, oder nicht? In Zeiten des Wiederaufbaus gab es wenigstens noch anständig groß dimensionierte, parkartige Freiräume - siehe die Eisteichsiedlung - und an Quadratmetern großzügigere Wohnungsgrundrisse. Sind das alles heute keine Kriterien mehr für guten Wohnungs- und Siedlungsbau?
Die Entwicklung in Graz beobachten wir, wenn auch nicht fachlich geschult, mit Sorge. Ohne dass wir diejenigen sind, die finden, dass früher alles besser war.

Di. 10/12/2019 6:49 Permalink
Anonymous

Antwort auf von Familie Meister

der Städtebau war ja wohl, wie beim Hearing zu vernehmen in einem kooperativen Verfahren mehr oder weniger entschieden, juror Sailer legte das Aufnehmen dieses Konzeptes den beteiligten wärmstens ans Herz. die Zweitstufigkeit des Verfahrens, ein echter Treppenwitz. Es obliegt mir jetzt nicht die städtebauliche Aussage zu beurteilen, aber wär es da nicht ehrlicher und sinnvoller gewesen, einen echten baukünstlerischen Wb auszuloben, in dem die mögliche Vielfalt an Architekturen, Wohnungstypologien, Erschließungen etc. der Masstab für eine Entscheidung gewesen wäre. Von den Teilnehmern nur mehr die verträglichkeit der dichte auf ihre entworfenen "Villen" abzufragen. Ein Ergebnis mit dieser Vorgabe würde dann vielleicht dem poetischen Jurytext zu den Siegerprojekten mehr entsprechen, wie die jetzt auf Maximum ausgelegten Projekte.

Fr. 13/12/2019 4:58 Permalink
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