22/11/2018

Verpflichtung zur Qualität – ein Desiderat

Wenzel Mraček zur Diskussion Architektur gemeinsam wollen, am 14.11.2018 im HDA Graz

GewinnerInnen des BHP '18 – Hemma Fasch, fasch&fuchs architekten, Planung der Bundesschule Aspern | Wolfgang Feyferlik, Feyferlik/Fritzer, Planung der Volksschule Lauterach | Wolfgang Köck, Pentaplan, Bauherr und Planung von Prinzessin Veranda – diskutierten unter Moderation von Martin Brischnik, ZV Steiermark.

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22/11/2018

Wolfgang Feyferlik, Martin Brischnik, Hemma Fasch, Wolfgang Köck diskutierten im HDA Graz

©: Wenzel Mraček

Ausstellung BHP '18 in HDA

©: HDA – Haus der Architektur

Ausstellung BHP '18 in HDA

©: HDA – Haus der Architektur

Nachdem im Oktober die GewinnerInnen des ZV-Bauherrenpreises (BHP) 2018 ausgezeichnet worden waren, lud das HDA Graz VertreterInnen der in Graz ansässigen beziehungsweise mit der Steiermark verbundenen Planungsbüros – deren Objekte prämiert worden waren – zu einer Diskussion. Unter dem Motto ARCHITEKTUR GEMEINSAM WOLLEN, moderiert von Martin Brischnik (ZV-Präsident Stmk.), sollte es in der Hauptsache um die gemeinsame Arbeit von Bauherren und Architekten gehen, um Prozess und Prozedere der Ausführung in Auftrag gegebener Projekte. Das „gemeinsame Wollen“ erinnerte Brischnik vorab, bedingt die Kooperation der Planerinnen, der BauherrInnen und der ausführenden Baufirmen.

Eine gewisse Skepsis um die Selbstverständlichkeit des Gemeinsamen klingt bei Wolfgang Feyferlik (Feyferlik/Fritzer, Volksschule Lauterach Dorf) an, wenn er freilich das „Zusammenspiel dieser drei Faktoren“ betont, zugleich aber besteht doch das „Alleinstellungsmerkmal des einen oder des anderen“. In der Praxis habe qualitative Architektur „natürlich“ etwas mit dem Bauherren zu tun, letztendlich obliegt die Durchsetzung spezifischer Architektur dennoch dem Wollen der Planerin, des Planers: „Manchmal nimmt man einen Bauherren mit, manchmal muss er nicht mitgenommen werden, will nicht mitgenommen werden – und trotzdem entsteht qualitativ hochwertige Architektur“. Betreffend die Volksschule Lauterach Dorf ging dem „halben“ Wettbewerb ein Bewerbungsverfahren voraus. „Mit dieser Art Architektur in Vorarlberg zu gewinnen“, habe man wohl der Bauherrin (Vizebürgermeisterin Doris Rohner, Vorsitzende des Bildungsausschusses im Gemeindevorstand), und maßgeblich den zwei Jurorinnen (Marta Schreieck, Kathrin Aste) zu verdanken. Vorarlberg, meint Feyferlik, weise eine „sehr enge Gasse der Formenvielfalt“ auf. Mit Verwunderung erfahren hätten Feyferlik/Fritzer, dass die bekannt hohe handwerkliche Qualität in Vorarlberg ihre Grenzen zeigt, „wenn der rechte Winkel nicht mehr gegeben ist“. Vergleichsweise sei man da in der Steiermark besser aufgehoben, das steirische Handwerk erwiese sich weit „innovativer, spritziger“. In folgenden Projektbeschreibungen und darin enthaltenen pädagogischen Konzepten zu Wettbewerben habe sich die Volksschule Lauterach sichtlich als Denkanstoß abgezeichnet.

Möglicherweise sind es die Baukosten, wendet Martin Brischnik ein, weshalb sehr selten Wohnbauten in der Vergabe des Bauherrenpreises eine Rolle spielen. Mit Klaus Jeschek, zugleich Bauträger und Planer der Architektengruppe Pentaplan, meint Brischnik, kann die Kommunikation ohnehin nur positiv ausfallen. Wolfgang Köck (Pentaplan, Prinzessin Veranda, Graz) nennt vorab das Ziel, Bauprojekte wirtschaftlich immer positiv abzuschließen und zugleich „gute Architektur zu machen“. Das Grundstück einer ehemaligen Tischlerei im Bezirk Lend, in Nachbarschaft eines Autohändlers, konnte erworben werden. Im Bebauungsplan waren Bäume und Platzgestaltung vorgesehen. Ein „städtisches Haus“, kein „abgeschlossener Wohnbau“ sollte in der kritischen Umgebung entstehen. Während der Planungsphase wurde man sich größerer Baukosten bewusst, dementsprechend mussten die Preise einiger Wohnungen erhöht werden. Als entscheidenden Faktor nennt Köck das Entgegenkommen der Baufirma, die letztlich den Aufwand für die Qualität des Sichtbetons kompensierte. Unter anderem wurde eine Modellfassade hergestellt, die später als Bodenplatte verbaut wurde. Freiflächen und Grünraum, wirft Brischnik ein, mindern den Profit. „Wenn man weniger architekuraffin baut, kann man freilich mehr Gewinn machen“, antwortet Köck, „wir dagegen versuchen, objektive Qualitäten ins Haus zu bringen, wie große Veranden, die Freibereich und damit Wohnqualität bringen“.

Hemma Fasch (fasch&fuchs) wird gefragt, weshalb die Bundesimmobilien- gesellschaft (BIG) den BHP für deren Bundesschule Aspern „verdient“ hat. Fasch aber merkt zunächst gegenüber Köck an, dass gehaltvolle Architektur nun auch schon vom Engagement der Baufirmen abhängig sein sollte, entspricht nicht ihren Erfahrungen. Dann: „Sollte man nicht auch darüber nachdenken, ob Wohnbau überhaupt Profit bringen darf? Wir wollen nicht mehr bei Wohnbau-Wettbewerben mitmachen, weil wir die Ergebnisse nicht mehr verantworten wollen.“ Die BIG erweist sich als „guter Bauherr“, nachdem die Kommunikation mit fachkundigen Menschen erfolgt, die Wert auf Planungs- und Bauqualität legen. Zudem bestehe im Ministerium ein innovatives, pädagogisches Raumprogramm mit Departmentsystem erstmalig in Österreich. „In Summe war die Grundlage gut, war der Bauherr gut und das Projekt wurde auf einem hohen Niveau von Streitkultur durchgetragen.“ Im Vergleich bestehe „die Kultur im Westen, wo man dem Architekten gar nicht sagt, was geändert wird“. Freilich könne man nicht generalisieren, meint Fasch, aber es gehe darum, dass der Bauherr „seine Rolle erlernt und so über den BHP ein Feedback erhält“. Es gebe eben Bauherren mit der Einstellung, hier wolle sich der Architekt verwirklichen, während andere sehr wohl den Nutzen des Projekts erkennen, nämlich den eigenen und den der Nutzer. Später ergänzt Fasch, auch der frei finanzierte Wohnbau unterliege eigentlich dem Verfassungspassus eines „angemessenen Rechts auf Wohnen“. (Anmerkung: Das Recht auf Wohnen ist Teil der Menschenrechte, aber nicht in der österreichischen Verfassung verankert.) Der Staat beziehungsweise die Gesellschaft habe sich darum zu kümmern, dass nicht „jedes Grundstück an Investoren verkauft werde oder auch andauernd die Bebauungsbestimmungen geändert werden, um auf Kosten derer Geschäftsmodelle zu generieren, die dort wohnen müssen“. Aus Steuermitteln geförderter Wohnbau wird durch die Bevölkerung finanziert. „Wieso“, fragt Fasch, „muss man Wohnbaugesellschaften über Steuern den maximalen Gewinn verschaffen?“ Bis in die 1990er Jahre habe der öffentliche Wohnbau in der Steiermark internationales Renommee erfahren, an dem es jetzt hapere. Insofern gut, meint Fasch, dass ein Wohnbau jetzt mit dem BHP ausgezeichnet wurde. Das allerdings sei nicht Thema der Diskussion und man einigt sich schließlich auf den ausstehenden „politischen Willen“.
Wieder in Richtung BHP gedacht, merkt Fasch an, dass „Architektur in unserem Sinn“ nicht für jeden Bauherren gute Architektur sein kann, „weil sie vielleicht zu teuer ist, weil (Schulen Lauterach und Aspern) die Räume zu offen sind“ etc. Diesbezügliche Gesprächskultur in Vorarlberg geht ihrer Meinung nach nicht in die Richtung, „wollen wir uns das überhaupt leisten“, sondern „wer macht’s besser als der andere“. Das sei keine Folge etwelcher Verordnungen, vielmehr ein Phänomen gesellschaftlicher Kultur des Umgangs mit Lebensraum. Solche Tendenz könnte eine auf Österreich erweiterte Initiative bestärken, nach der sich Architekten verpflichten, nicht an Wettbewerben teilzunehmen (auch nicht als Juror), die von der Kammer nicht freigegeben sind. Insgesamt ginge damit eine Hebung des Niveaus der Bauwerke einher.

Abgesehen vom unterschwelligen Gebot des „rechten Winkels“ in Vorarlberg, lenkt Wolfgang Feyferlik ein, liege die Streit-(im Sinn guter Gesprächs-)Kultur auf hohem Niveau, so lange freilich „der Kostendeckel“ gewahrt bleibt. Die erlebte Attributierung „Götter in Schwarz“ sei, bei aller Ironie, insofern als Zeichen des Respekts zu begreifen. Angesichts der Baukulturellen Leitlinien des Bundes schlägt Feyferlik vor, könnte man vielleicht darauf bestehen, diese, über die Leitlinie hinaus, als Gesetz zu beschließen. „Wenn die Qualität der Jury einer Verpflichtung unterläge, könnte der Vergabedruck wegfallen und bei mangelnder Güte eben keine Vergabe erfolgen.“

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