12/08/2014

Wie mit Stäben und Textilien Einblicke in andere Wohn- und Lebensformen eröffnet werden, wurde in einem Architektur-Vermittlungsprojekt von Manuela Schafler-Grabmair ausprobiert, das sie im Schuljahr 2013/14 mit 9-jährigen SchülerInnen der Volksschule im oststeirischen Pischelsdorf durchführte.

12/08/2014

Modellbau

©: Nina Rath

Modellbau

©: Nina Rath

Arbeiten im Schulhof

©: Nina Rath

Arbeiten im Schulhof

©: Nina Rath

Gestaltungsdetails

©: Manuela Schafler-Grabmair

Probewohnen

©: Manuela Schafler-Grabmair

Ausgangspunkt war der Wunsch der Volksschulleiterin, den Kindern im Schulhof Erfahrungsräume zu bieten, in denen sie Lebensräume gestalten können. Ein selbst entdecktes Gestalten sollte ermöglicht werden. Da diese Räume im Sinne kindlicher Entwicklung veränderbar sein sollten, fiel die Wahl auf Stabkonstruktionen und Textilien.

Ablauf
Am Beginn stand die Wissensvermittlung über nomadische Lebensformen und ihre textilen Behausungen. Inspiriert von Bildern und Geschichten wurden die Lebenskulturen von heutigen nomadischen Völkern kennengelernt. Ein exemplarischer Schwerpunkt wurde dabei auf die Volksgruppen der Mongolen, Tuaregs und Nenzen gelegt. Um direkt erlebte Eindrücke über diese Völker den Kindern zu vermitteln, wurde die junge Weltreisende Nina Rath eingeladen. Sie erzählte über ihren Besuch  bei den Nomaden in der Steppe von Kasachstan und ermöglichte den SchülerInnen durch ihre Schilderungen noch tiefer in das Thema einzutauchen. Anschließend standen die Wohnformen dieser Volksgruppen im Mittelpunkt. Das Nachstellen von Raumgrößen eines Tipis im Flurbereich der Schule machte die minimalen Raumanforderungen dieser Lebenskulturen im Vergleich zu unserer begreifbar.

Zum Erfassen der einfachen statischen Grundprinzipien gab es die Aufgabenstellung, mit kleinen Holzstäben einfache Tipis und Tupiks im Modell zu bauen. Als Maßstab diente eine zuvor geformte Tonfigur. Die mit viel Geduld angefertigten Stabkonstruktionen erhielten anschließend einen textilen Schutz aus Stoff- und Lederstücken.
Einem anderen textilen Werkstoff war ein weiterer Workshoptag gewidmet. Die SchülerInnen konnten die Technik des Filzens kennenlernen, ganz nach dem Vorbild des Jurtenbaus. Aus Rohwolle fertigten sie viele kleine Filzstücke mit unterschiedlichen Motiven aus der Tier und Pflanzenwelt an. Daraus entstand in Folge  eine farbenprächtige Filzdecke. Diese Decke wird an schönen Tagen im Schulhof Verwendung finden und bei Regenwetter den Wohlfühlplatz im Klassenraum definieren.

Der Projekthöhepunkt war der Vormittag im Schulhof. Hier konnte das bisher vermittelte Wissen und die Erfahrungen im Maßstab 1:1 umgesetzt werden. Das zur Verfügung gestellte Material (Fichtenholzstäbe, Planenstoffe) wurde mit vielen eifrigen Händen geschliffen, gebohrt und mit Ösen versehen. Die Vorbereitungszeit des Materials intensivierte den Planungsprozess. Gruppen formierten sich und nach der Fertigstellung der Bauelemente ging es ans Gestalten. Mit Hilfe von Schnüren als Verbindungsmaterial entstanden Baumschaukeln, überspannte Picknikplätze, geheime Rückzugsorte aus textilen Baum-Stabkonstruktionen und einfache Tipis ganz nach den ersten Modellerfahrungen. Die Freude am Bauen  und Gestalten ging nahtlos über in ein zweckfreies Spielen. Abgebaut musste nicht werden, ganz im Gegenteil, ein Weiterbauen und Umbauen am nächsten Schultag wurde schon mit Spannung erwartet.

Resümee
Die SchülerInnen bekamen Einblicke in andere Lebensformen, welche in ökologischer und sozialer Hinsicht vorbildlich funktionieren. Im Zuge dieser Erfahrungen fanden Vergleiche zu unseren Lebensmodellen statt. Die vermittelten Wohnformen lieferten auf diese Weise Anregungen und Inspirationen für das eigenständige Konstruieren der Kinder. Der Schulhof, welcher bisher als Kommunikations- und Bewegungsraum funktioniert hat, bekommt nun durch das selbst angefertigte  Baumaterial die zusätzliche  Verwendung einer zieloffenen Kinderbaustelle. Eine Holzkiste, in der schließlich alle Stangen, Planen und Schnüre Platz finden, ist gut am Schulhof platziert und jederzeit für alle SchülerInnen zugänglich. Somit können auch zukünftig neue Abenteuerräume entstehen.

Das Projekt Schul_Nomaden wurde im  Rahmen  des Wettbewerbs RaumGestalten 2013/14 ausgewählt.

Projektträger sind: KulturKontakt Austria, Architekturstiftung Österreich, Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Wien, Niederösterreich und Burgenland,  Kammer der ZiviltechnikerInnen für Steiermark und Kärnten, ZT-Forum für Ausbildung und Berufsförderung, Österreichisches Institut  für Schul-und Sportstättenbau.

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