18/12/2018

GAT veröffentlicht in der Kolumne Privatissimum vom Grilj jeden dritten Dienstag im Monat Texte zum Nachdenken.

Zur Person
Mathias Grilj (* Kamnik, SLO) lebt als freier Journalist und Schriftsteller in Graz.

18/12/2018
©: Mathias Grilj

Präambel: Und es begab sich...
... dass Christian Marczik von der
Intro-Graz-Spektion anruft. Er
macht mit Leuten, die er mag, etwas
zum Thema „Warten“. Das gibt es
ab heute im Volkshaus. Ob ich zur
Sache was beitragen könne. Er will
da nämlich Worte von mir ausstellen
  – als Bilder.
„Äh, ich ruf zurück.“ Tags darauf sage ich
beim Rückruf: „Ich kann Dir so eine
Art von Laggedicht liefern, jedenfalls
muss man die Schrauben anziehen.
Und es wird zerrissen sein und hart
und es wird dir womöglich nicht passen.“
Er sagt: „Mach!“
Und jetzt hängt das da im Volkshaus:

 

Teufel – an die Wand, bitte!
Aus dem Zusammenhang erbrochen

... erwarte nichts, sonst kommt es! Gewöhn dir die Rufzeichen ab! Du hast ja nichts zu sagen. Und schreib es auf, damit dir keiner glaubt...

... was einem zurufen, der keine Ziele mehr hat? Wozu Utopien malen? Die nächsten Hundstage kommen ohnehin. Im Erwachen das verschwitzte „Bitte nicht wieder ein Tag!“ Nachts Gebete: „Dass mich der Teufel...“ Man kramt in der Herkunft der Worte, als sei dort Halt: Im privat wirkt befreit – wie auch der Herrschaft beraubt. In Gemeinschaft steckt Eintracht ebenso wie gemein, im Sinn von Niedertracht. Immer heftiger die Ahnung, dass der an die Wand Gemalte unter uns...

... das ach so private. Ich kann eher riechen als beweisen: dass der Streit zwischen dir und einem allgemeinen Konsens sich verflüchtigt. Den Gipfel deiner Selbstverwirklichung erreichst du nur optimal angepasst. Wie man seine Ketten selber anlegt, steht im Stakkato medialer Gebrauchsanweisungen. Dazu Freiheitslieder, ach, und so trotzige Zitate wie Pessimismus des Verstandes, Optimismus des Willens. Im Optimismus wirkt Opti, bewährtes Scheuermittel für die glatten Oberflächen. Und Recht behält der schlichte Pessimist...

... voller Hoffnung, dass die Einsamkeit zu Ende ginge, erstarrt er und verzieht sich in Verbitterung. Seither denunziert er Hoffnung, die ihm früher Heimat war. Er bewährt sich im Schänden des Glaubens an so etwas wie Ich und so etwas wie Wir und erkennt sich als...

„Warte nicht auf bessre Zeiten! Warte nicht...“ – „Jaja, schon gut. Sie sind natürlich auf Sendung.“

... sobald die Flinte aus dem Korn geholt wird, das Warten auf die Knalleffekte der Placebos. Der Augenblick verspätet sich. Doch wenn die Wirkung in der Wirklichkeit denn wirklich wirklich werden sollte, was bleibt dir dann? Die Schiffe sind verbrannt, die Ratten strömen trotzdem massenhaft an Bord der Heuchelei oder Naivität und Illusion, setzen Segel, fahren hart am Wind von Selbst- und Lebenslüge und fahren gut ins Ungefähre...

... warten, dass nur Bilder bleiben. Sie schweigen. Weit und breit ist niemand, der sie ansieht. Oder dich ansieht und sich spiegelt in...

... unerwartet die Erinnerung, nistet sich wie erfunden im Privaten ein: neben dem Freund sitzen, der hat es noch nicht hinter sich. Er hat Gift genommen, ein Zehnfaches der tödlichen Dosis, doch sein Leben will über seinen Willen triumphieren, lässt nicht los. Die Hand auf seiner Schulter, die Szene so absurd wie selbstverständlich. Warten und noch länger warten. Berühren ging damals nicht aneinander vorbei. In der Morgenröte lässt er aus, endlich der letzte Hauch, beneidenswert...

... angesichts von Parallelen und des Menetekels an der Wand gerät ein weitres Damals ins Gedächtnis: wie ich mir vergiftete Gedanken aus dem Bewusstsein reißen will. Was gedacht werden kann, wird auch kommen. Denk also nie ein Wort wie Krieg! Das war im Jahr vor Vukovar und reimt sich. Der Abwehrzauber – wie benennt man etwas, ohne es zu sagen? – geht nach hinten los. Die logische Folge, aufbereitet und gehätschelt von der akademischer Intelligenz und im Weihrauch der Orthodoxie: Mord, Folter, Vergewaltigung, Massaker. Unerträglich viel Wirklichkeit...

... nein, ich warte nicht auf einen Krieg, ich erwarte ihn nur. Er ist unterwegs durch die Städte und Wüsten, über Meere und durch uns, die zerrissenen Einzelnen selbst. There´s no such thing as society. Seine Gestalt ist ungefähr, sein Gesicht lässt sich nicht portraitieren, doch der Rhythmus und Geruch greift nach...

... Wir sind ein Gespräch kommt nur noch Verrückten in den Sinn, nur Hölderlin, der im Turm zuviel gewusst und noch viel mehr den Traum beschworen hat. Heute schafft ein Türmer und der Mächtigste der Welt in New York, Fifth Avenue Ecke 56th Street, unbeirrt Fakten mit Fakes und mit flapsigen Faxen. Er ist nicht der einzige. Und die Getreuen eines Beduinen aus Mekka glühen für Grausamkeit und wollen Köpfe...

... ich – sehr bitte her! – setze Zeichen und ich lass mir Friedenstauben stechen. Der Tätowierer klopft mir auf die Schulter, das fühlt sich richtig gut an. Was bin ich für ein Teufelskerl im Ertragen sogar von eigenem Schmerz! Dann, wie erwartet, die unerwartete Wendung: Der Augenblick ist...

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