15/01/2016

NEW-Blauhaus, Mönchengladbach

Energieeffizienz-Zentrum auf dem Campusgelände der Hochschule Niederrhein in Mönchengladbach. Ressourcenschonende Energiegewinnung an der skulpturalen Fassade aus Photovoltaik-Elementen.

Das Projekt ist eine Kooperation des Energie- und Wasserversorgers NEW und der Hochschule Niederrhein und dient der Präsentation innovativer Entwicklungen auf dem Energiesektor.

Bauherr: NEW mobil & aktiv Mönchengladbach GmbH
Nutzer: Hochschule Niederrhein und NEW

Architektur
kadawittfeldarchitektur, Aachen, 2015

Wettbewerbsgewinn 2013
BGF 5.800m2, BRI 20.995m3
Generalübernehmer: A.Frauenrath BauConcept GmbH

15/01/2016
Architektur: kadawittfeldarchitektur ©: Andreas Horsky
©: Andreas Horsky
©: Andreas Horsky
©: Andreas Horsky
©: Andreas Horsky
©: Andreas Horsky
©: Andreas Horsky
©: Andreas Horsky
©: kadawittfeldarchitektur
©: kadawittfeldarchitektur
©: kadawittfeldarchitektur
©: kadawittfeldarchitektur
©: kadawittfeldarchitektur
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Als städtebaulicher Solitär ist der fünfeckige Baukörper eindeutig als neue Adresse auf dem Hochschulgelände zu identifizieren und verbindet über den großzügigen Vorplatz mit der Freitreppe den Campus mit der Stadt. Die besondere Fassade besteht aus gegeneinander geneigten, blau schimmernden Glas- und Photovoltaik-Elementen, deren unterschiedliche Neigungswinkel sich aus der Himmelsrichtung und dem Sonneneinfall ergeben. Ein Fenster in der Freitreppe des Vorplatzes gewährt Passanten Einblicke in die Energiezentrale des Nullemissionsgebäudes im Passivhausstandard. Neben Räumen für die Energieberatung der NEW beheimatet das Blauhaus verschiedene Lehr- und Verwaltungseinheiten der Hochschule Niederrhein, die Hochschulbibliothek, die Blauschmiede mit Büros für Existenzgründer sowie das Innovatorium, einem Energielabor für Schüler und Studenten.

Leitidee: Symbiose aus Energiewirtschaft, Wissenschaft und Öffentlichkeit

Zukunftsorientierte Wirtschaft und Wissenschaft bedürfen des Austauschs untereinander und mit der Öffentlichkeit. Das NEW-Blauhaus auf dem Campus der Hochschule Niederrhein in Mönchengladbach führt alle drei Partner zusammen. So ließen sich gleich mehrere Wünsche aller Beteiligten erfüllen: eine Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Energiewirtschaft, eine Stärkung des Wissenschaftsstandortes – und die Möglichkeit, zukunftsweisende Energietechnologien öffentlich erlebbar zu machen. Besonders dabei: nicht die isolierte didaktische Präsentation steht im Vordergrund, sondern die nachvollziehbare Nutzung durch das Gebäude selbst. Ressourcenschonende Technologien ergänzen sich und bestimmen die Architektur des Nullemissionsgebäudes im Passivhausstandard identitätsstiftend mit. Die unterschiedlichen Nutzer innerhalb des modernen Energieeffizienz-Zentrums schließen unmittelbar an diese Thematik an: der Energie- und Wasserversorger NEW mit seiner Abteilung „Energienahe Dienstleistungen“, die Hochschule Niederrhein mit diversen Lehr-, Forschungs- und Serviceeinrichtungen und der Hochschulbibliothek sowie ein Start-up-Zentrum für innovative Unternehmen im Energiesektor. Sie alle arbeiten, individuell und gemeinsam, an der Fortentwicklung jener Technologien und ihrer Anwendungen.

Städtebau: Entrée zum Campus

Städtebaulich geht der Entwurf bewusst über eine rein additive Haltung hinaus. Vielmehr nutzt er die Gelegenheit zu einer moderaten Neuordnung, die dem Campus ein neues, attraktives Entrée verleiht. Ausgangspunkt war die zentrale Lage einerseits unmittelbar an der Mensa und in der Nähe weiterer Hochschulgebäude, andererseits angrenzend an eine Blockrand-Wohnbebauung, die den Bezug der Campusbauten zueinander schwächte. Statt, wie in der Auslobung nahegelegt, an die Wohnbebauung anzuschließen, hält das NEW-Blauhaus davon Abstand, um neue Zusammenhänge herzustellen. Die Geste unterstreicht die inhaltliche Bedeutung des Neubaus, bewahrt schützende Distanz zu den Anwohnern und schafft einen Vorplatz mit großzügiger Freitreppe, der nicht nur das Gebäude, sondern auch die Parkanlage und den Campus mit der Stadt verbindet.

Gestalt: Kompakt und offen

Durch die Definition als Solitär entsteht ein Haus ohne Rückseite, das sich allseits dem öffentlichen Raum zuwendet. Die Kubatur wurde durch pragmatische Entscheidungen generiert. Während der neu geschaffene Vorplatz die Eingangsfront bestimmt, folgen alle übrigen Seiten den Bedingungen aus Baugrenzen und Abstandsflächen. Das Ergebnis ist ein im Grundriss fünfeckiger, kompakter Körper, der verschiedenste Vorteile verbindet: Die Grundfläche wird minimiert und durch die Dachterrasse der öffentlichen Nutzung teilweise zurückgegeben, das günstige Verhältnis zwischen Volumen und Oberflächen optimiert die Energieeffizienz, die innere Organisation erlaubt kürzeste Wege und angenehme Kommunikation bei gleichzeitiger Eigenständigkeit der verschiedenen Funktionen im Hause.
Der verglaste Eingangsbereich, markiert durch die Auskragung der oberen Geschosse, weitet sich zu einem einladenden Foyer mit Blick auf den Park. Es leitet zu den Räumen der NEW ebenso über wie zu den Hochschulbereichen. Die darüber liegenden vier Geschosse – mit dem Start-up-Zentrum, Instituten und den neuen Bibliotheksräumen samt Dachterrasse – gruppieren sich um ein Atrium, das natürliches Licht in alle Zonen des Gebäudes führt. Der höchste energietechnologische Standard wird derweil gleich in zwei Bereichen im besten Wortsinne anschaulich: an der durch Photovoltaik-Elemente geprägten Fassade und im Sockelbereich des Gebäudes, in dem der von außen einsehbare Showroom der Energiezentrale liegt.

Fassade: Identitätsstiftender Energiegenerator

Die Fassade ist vornehmstes Ausdrucksmittel des neuen Gebäudes. Als maßgeblicher Teil des avancierten Energiekonzeptes transportiert sie den tragenden Gedanken der Ressourcenschonung nach außen und formt so die Identität der Architektur und ihrer Nutzer im Stadtraum. Die blau schimmernden Photovoltaik-Elemente geben dem Haus nicht nur seinen Namen. Zusammen mit weiteren Paneelen auf dem Dach decken Sie CO2-netural den vollständigen Strombedarf zur Gebäudeversorgung. Die Photovoltaik-Elemente und Fensteröffnungen wurden dabei dem Ausbauraster von 1,35 Meter folgend abwechselnd auf der gesamten Fassade angeordnet. Die Paneele erhielten eine jeweils an die Himmelsrichtung und den Sonneneinfall angepasste Neigung. Auf der für die Energiegewinnung irrelevanten Nordseite tritt emailliertes Glas an die Stelle der Photovoltaik. Entgegengesetzt geneigte Prallscheiben vor den Fenstern ergänzen die skulpturale Oberfläche.
Statt einer im Bürobau üblichen horizontalen Gliederung entsteht eine elegante, lebendige und dennoch homogene Hülle, die zudem weitere Funktionen übernimmt. Ein hoher Dämmstandard reduziert den Bedarf an verbrauchter – und damit zu produzierender – Energie. Neben der Sicherung des Lärmschutzes bewahren die Prallscheiben den außenliegenden Sonnenschutz vor Wind und Wetter. Die Fenster selbst können individuell geöffnet werden und entsprechen so den heutigen Ansprüchen an Nutzerkomfort.

Energiezentrale: Technologischer State-of-the-Art

Die Energiezentrale des NEW-Blauhauses liegt im Sockelgeschoss. Ein Fenster im Freitreppenbereich macht Passanten bereits von außen auf das Thema nachhaltiger Energien neugierig. Interessierte Besucher können hier im Rahmen der Energieberatung der NEW die technischen Anlagen besichtigen. Den wichtigsten Beitrag zur Wärme- und Kälteversorgung leistet eine hocheffiziente, reversible Wärmepumpe in Verbindung mit einem – visuell eindrucksvollen – Eisspeicher und einem Rückkühlwerk. Je nach jahreszeitlichen Bedingungen greifen die Elemente ineinander und sichern die Innentemperatur in der Heizperiode und die Kühlung zu Spitzenzeiten im Sommer. Zu Demonstrationszwecken treten alternativ weitere voll funktionsfähige Technologien hinzu, so ein Blockheizkraftwerk zur Wärme- und Stromerzeugung, ein Spitzenlastkessel zur Wärme- sowie eine Absorptionskältemaschine zur Kälteversorgung.

Innenarchitektur: Klarheit und Color Blocking

Im Inneren war es das Ziel, mit einfachen Mitteln einen geschossübergreifenden Zusammenhang herzustellen, der sich über die Glasflächen der Fassade gleichzeitig nach außen abbildet. Ausgehend von der „Aktivität“ des Gebäudes als Energieproduzent vor allem von Sonnenaufgang bis -untergang variiert das Farb- und Materialkonzept Töne einer Morgen- oder Abenddämmerung. Das Konzept spielt dabei mit dem aus der Mode vertrauten Prinzip des Color Blocking, bei dem Farben eines definierten Spektrums prägnant kombiniert werden. Im NEW-Blauhaus zeigt sich dies insbesondere am freigestellten Erschließungskern, an dem sich die jeweiligen, verschiedene Nutzungen signalisierenden Geschossfarben abbilden. Möbel auf farbigen Flächen übernehmen den jeweiligen Ton, während die übrigen Objekte in zurückhaltenden Schwarz-, Grau- und Weißtönen gehalten sind. Hinzu treten Holzoberflächen in Asteiche als Akzente –   insbesondere bei Möbeln, die hauptsächlich Meeting- und Informationsfunktionen erfüllen. Die Kombination von glatten Oberflächen, Textil und Holz sowie von differenzierten Farben innerhalb eines übergreifenden Spektrums verbindet eine leichte interne Orientierung mit einer freundlichen, der Funktion des Hauses entsprechenden Atmosphäre.

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