08/10/2009
08/10/2009

Rados Antonijevic: Hagia Sophia, Hauptbrücke / Neutorgasse

Ivana Milev: Complex, vorher, Hauptbrücke

Ivana Milev: Complex, nachher, Hauptbrücke

Milena Bakmaz: Internal, Annenstraße / Barmherzigenkirche

Olivera Parlic-Karajankovic: Fitting, Schloßbergplatz

Boris Sribar: What Is My Citizenship, Griesgasse 10, Neutorgasse 22, Südtirolerplatz 11

Museum(out)Box, Konzept und Realisation: Marko Crnobrnja, Dragan Rasic, Mica Stajcic und Boris Sribar

TEXTBILD MMIX, Günter Eichberger, Graz. Fotos: Wenzel Mracek

steirischer herbst mit (out) und TEXTBILD MMIX

Als Zelt aus grünem Militärstoff hat Radoš Antonijević ein begehbares Modell der „Hagia Sophia“ an der Grazer Hauptbrücke, gegenüber der Franziskanerkirche, aufgestellt. Diese Arbeit steht für die kritische Auseinandersetzung des Künstlers mit der Rolle der Kirche und der Religion bei der Bildung von kollektiven Identitäten. Dabei werden die Geschichte des historischen Bauwerks und die Übertragung als Modell an den Grazer Standort zu bezeichnenden Momenten für den öffentlichen Raum, in dem sich verschiedenste Identitäten manifestieren. So galt der historische Bau, in seiner frühen Form im Jahr 537 fertiggestellt, als Haupt- und Krönungskirche des byzantinischen Reiches. 1206 wurde die Kirche von Kreuzfahrern geplündert; mit der Eroberung Konstantinopels durch die Osmanen im Jahr 1453 erfolgten die Umwandlung der Hagia Sophia in eine Moschee und der Bau der vier Minarette. 1934 wurde sie nach Erlass Kemal Atatürks zum Museum erklärt. Nun steht das Modell des Museums als Kunstwerk im Rahmen von „(out)“ auf einem öffentlichen Platz in Graz.

Mrđan Bajić, Bildhauer und Professor an der Akademie der Künste in Belgrad, hat für den steirischen herbst eine Gruppe von jungen serbischen KünstlerInnen ausgewählt, deren Arbeiten nun im Rahmen eines Projekts unter dem Titel (out) in der Grazer Innenstadt zu sehen sind, organisiert vom Institut für Kunst im öffentlichen Raum unter der Leitung von Werner Fenz und kuratiert von Mirjana Peitler-Selakov. Den serbischen KünstlerInnen geht es in ihren Arbeiten um Haltungen, die von der eigenen Identität handeln und sie betonen, dass diese – am fremden Ort, positioniert entlang einer Route vom Schloßbergplatz über die Mur zum Südtiroler Platz – nicht allein von Nationalität und/oder Religion bestimmt sein kann.

Die erhoffte Auseinandersetzung – neben der hier verständlicherweise schwer erfassbaren mit interessiertem Publikum – zeitigt allerdings auch schon Vandalenakte: Die zweiteilige Installation „Complex“ von Ivana Milev auf der Hauptbrücke ist inzwischen beschädigt. Mit ihren Spiegelobjekten verweist Milev auf „die vielseitige, zersplitterte Realität des Hier und Jetzt“ wie es vorab im Ausstellungsfolder formuliert wurde. Eine Zersplitterung des Objekts erfolgte nun wirklich und das wirft die allgemeinere Frage auf, wie künstlerische Objekte beschaffen sein müssten, um einer Präsentation im öffentlichen Raum standhalten zu können. Symbolisch dagegen erweist sich „Complex“ als Prüfstein gegenüber Brutalität und Respektlosigkeit immerhin von Teilen einer, unserer Gesellschaft.

Ein Cyber-Monster mit dem Titel „Your Time Is Up“ stammt von Dragan Đorđević und steht am Eingang zur Griesgasse. Beziehungen zwischen Privatem und Öffentlichem werden aus der Perspektive einer technisierten Gesellschaft zur Disposition gestellt. Das Objekt aus Weißblech weist in Bereiche des privaten Künstlerateliers, der Street Art und Klischees von urbanem Leben. In einem fensterlosen Container vor der Barmherzigenkirche dagegen hat Milena Bakmaz eine organisch anmutende, vibrierende Membran installiert, die BesucherInnen scheinbar völlig vom städtischen Außenraum isoliert: „Internal“. Parkbänke gestaltet Olivera Parlić-Karajanković zu Prachtbänken unter dem Titel „Fitting“. In Assoziation zur barocken Umgebung auf dem Schloßbergplatz verleiht die Künstlerin den gewöhnlichen Sitzgelegenheiten durch Umwicklungen mit goldenen Schnüren voluminöse Formen, was sich in der Benützung aber als äußerst ungemütlich erweist. Ein großflächiges Transparent auf der Fassade des ehemaligen ÖGB-Hauses trägt ein fotografisches Selbstporträt von Boris Šribar, darunter die Zeile: „Behold, I am your God!“ Ein Porträt von mehr als zweihundert, die Šribar in seinem Freundeskreis fotografierte und jeweils um ein spontanes Statement der Porträtierten erweiterte. „What Is My Citizenship“ nennt der Künstler diesen Zyklus, wobei „Staatsangehörigkeit“ nach seiner Intention gerade nicht aus diesen Abbildungen und Texten hervorgeht, vielmehr handelt es sich um Weltbürger. Weitere Videos von serbischen KünstlerInnen sind ebenfalls auf der Hauptbrücke in der „Museum(Out)Box“ zu sehen.

Text ist Bild – TEXTBILD MMIX
Ein (1) Satz an nur einem (1) Tag und nur einem (1) Ort – damit ist das schlanke Konzept der Reiche TEXTBILD MMIX in einem Satz beinahe beschrieben. Ebenfalls vom Institut für Kunst im öffentlichen Raum veranstaltet, wurden sowohl steirische LiteratInnen als auch bildende KünstlerInnen gebeten, Texte in der Länge von maximal 130 Zeichen inklusive Leerzeichen zu formulieren. An 40 Orten in der Steiermark, und jeweils einen Tag lang, wird jeweils einer dieser (auch) Sätze auf einem Leuchtdisplay, transportiert auf einem Klein-LKW, ausgestellt. Bildende = Sprachkunst wenn etwa Wolfgang Becksteiner meint (oder vorgibt zu meinen?) „Wissenshunger ≠ Wissensdurst“. Mathias Grilj empfahl am 30. September in Straden: „Schlag wüst zurück und atme und sag Ja!“ – es sind glücklicherweise seither keine Ausschreitungen bekannt geworden. So man zu den Texten reisen will, sind weitere Orte und Termine unter www.oeffentlichekunststeiermark.at angekündigt.

Verfasser/in:
Wenzel Mracek, Bericht
Tschavgova

Lieber Wenzel,
Vielleicht liegt die Ursache dafür, "dass glücklicherweise keine Ausschreitungen bekannt geworden sind", daran, dass die 1-Satz-Plakate Lehrzeichen enthalten oder, um es in 1 Satz an 1 Tag zu präzisieren: Lehrzeichen ist nicht gleich Leerzeichen. (diesen Satz mit oder ohne Rufzeichen, ganz nach Belieben)
Gruß und: Nix für ungut.

So. 11/10/2009 6:20 Permalink
Tanja Maschutznig

der frau architekturkritikerin tschavgova geht doch wirklich auf die nerven
haben sie nichts anderes im kopf als jemanden rechtschreibfehler vorzuwerfen. nix für ungut aber das ist echt kleinkarriert. und bitte meine fehler n icht krrigieren.

Mo. 12/10/2009 9:21 Permalink
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