06/10/2008
06/10/2008

Stadträtin Mag.a Eva Maria Fluch

Das Grazer Altstadterhaltungsgesetz (GAEG) wurde am 1. Juli 2008 im steirischen Landtag beschlossen. Es sieht u. a. vor, dass die Altstadt-Sachverständigenkommission (ASVK) verkleinert und alle 4 Jahre neu besetzt wird. Derzeit besteht sie aus 10 ortsansässigen Architekten, die vom Land Steiermark, der Stadt Graz, der Architektenkammer, dem Bundesdenkmalamt, der geisteswissenschaftliche Fakultät der Uni Graz und der TU Graz in einer unabhängigen Entscheidung nominiert werden. Bis Ende 2008 soll das Expertengremium neu aufgestellt werden und auf 8 Mitglieder schrumpfen. Ein Bericht in der Kleinen Zeitung („Altstadt-Schutz: Fluch verbannt Architekten“; 27.08.2008), in dem Stadträtin Fluch die Unbefangenheit von Grazer Architekten bei Entscheidungen in der ASVK angezweifelt und daher die Berufung von externen Experten angeregt hatte, führte zu Unmut in der Architektenschaft und warf einige Fragen auf, die Maria Nievoll zusammenfasste und schriftlich an die Stadträtin richtete.

GAT: Sehr geehrte Frau Stadtrat, Sie sagten in einem Interview in der Kleinen Zeitung, dass die Grazer ArchitektInnen der ASVK befangen seien.

Fluch: Ich habe nicht gesagt, dass die Grazer Architekten befangen sind, sondern dass ich es für überlegenswert halte, Mitglieder in die Kommission zu entsenden, die keine eigenen Projekte in Graz betreiben, die von der ASVK beurteilt werden.

GAT: Die Stadt Graz entsendet zwei Personen in die ASVK. Ihre Kompetenz beschränkt sich daher auf zwei Personen. Wenn Sie sagen, Sie möchten andere als Grazer ArchitektInnen in der ASVK, beziehen Sic sich da nur auf die beiden Delegierten der Stadt Graz?

Fluch: Die Stadt Graz kann nur zwei Mitglieder und zwei Ersatzmitglieder nominieren. Meine Äußerung hat allerdings eine Diskussion ausgelöst: Auch andere EntsenderInnen denken darüber nach, welche Kriterien für die Auswahl von Personen maßgeblich sind.

GAT: Es steht Ihnen natürlich frei "vom Land einzufordern“, was immer Ihnen geboten scheint, aber: cui bono?

Fluch: Es liegt mir fern „vom Land einzufordern“, aber ich bin wie bei vielen anderen Themen im Gespräch mit den entsprechenden Stellen des Landes. Wir haben dabei generell eine gute Gesprächsbasis.

GAT: Man kann die Arbeit der ASVK-ExpertInnen auch so umschreiben: Sie legen seit Jahren eine Eselsgeduld an den Tag, um bspw. über den Austausch von Fenstern oder Werbetafeln zu befinden. Sie waren sich in diesen Jahren bzw. Jahrzehnten nicht zu schade dafür, das Erscheinungsbild der Stadt Graz auf Vordermann bzw. Vorderfrau zu halten. Glauben Sie, dass Sie diese Geduld auch externen ArchitektInnen abverlangen können?

Fluch: Ich bezweifle, dass die ASVK mit der Beschreibung ihrer Tätigkeit besonders glücklich wäre. „Eselsgeduld“ ist nicht entscheidend, sondern die Wahrung hoher Qualität beim Bauen, gerade im sensiblen Bereich der Altstadt. Um diese ist die ASVK bemüht, und das sollte auch in Hinkunft im Mittelpunkt stehen. Darum sind im Übrigen auch die Stellen der Stadt bemüht.

GAT: Aus jedem Dorf ein Hund… Mag schon sein, dass manchmal der Schwanz mit dem Hund wackelt (was in diesen extrem wenigen Fällen ja externe ExpertInnen rechtfertigen könnte) aber sind nicht die Berufung des Architekten/der ArchitektIn in der/die Altstadtkommission und die schiefe Optik zweierlei Dinge, die man nicht miteinander verwechseln darf?

Fluch: Bitte um Präzisierung der Frage!

GAT: Weiter bei der vorherigen Frage: Wie wollen Sie diese externen ArchitektInnen bezahlen? Die Grazer kriegen ein paar Sitzungsgelder und ein geringes Entgelt für ihre Gutachten. Welcher Kapazunder, glauben Sie, wäre zu diesen Bedingungen bereit, alle 14 Tage ca. nach Graz zu kommen?

Fluch: Schon wieder etwas fasch verstanden: Ich habe nie gesagt, dass es in Graz keine Kapazunder gäbe, sondern nur auswärts. Und dass die Arbeit in der Kommission viel Einsatz und Engagement abverlangt, gilt für heimische ArchitektInnen wie auch für externe. Da besteht kein Unterschied. Die ASVK ist im Übrigen ein Gremium des Landes, das gemäß den Bestimmungen des Grazer Altstadterhaltungsgesetzes eingesetzt wird und arbeitet.

GAT: Welche Funktion soll der Grazer Altstadt-Anwalt haben? Ist das dann ein zusätzliches Gremium der Stadt Graz, das vom Land Steiermark bezahlt wird und die Grazer Altstadt gegen die lokalen ArchitektInnen verteidigt?

Fluch: Die Aufgabe des Altstadtanwalts bzw. der Altstadtanwältin ist im § 15 des Grazer Altstadterhaltungsgesetzes festgelegt.

GAT: Und zum Abschluss: Wie soll von Ihrer Seite aus in Zukunft die Kommunikation zwischen der ASVK und der Stadt Graz gestaltet werden?

Fluch: Es bestehen bereits jetzt regelmäßige Kontakte und vor allem eine direkte, rasche Kontaktaufnahme im Anlassfall. Das werde ich auch weiterhin so handhaben.

Verfasser/in:
Maria Nievoll, Interview
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