04/06/2014

Die Plattform Mehr Zeit für Graz! kämpft für BürgerInnen-beteiligung (BB) in der Stadtentwicklung. Nun soll in Graz-Reininghaus BB in Form von Reininghausgesprächen, unterstützt von einem Reininghaus-Koordinator und einem Stadtteilmanagement durchgeführt werden

Bürgerbeteiligung wird auch in Deutschland seitens der Bundesstiftung Baukultur eingefordert. Siehe Terminverweis und Link

04/06/2014

Mehr Zeit für Graz! kämpft für BürgerInnenbeteiligung in der Stadtentwicklung

©: Mehr Zeit für Graz

Stadtbaudirektor DI Mag. Bertram Werle zum Rahmenplan für Graz-Reininghaus

©: Josef Schiffer

DI Bernhard Inninger, Abteilungsleiter der Stadtplanung zum Status der Planungen

©: Josef Schiffer

DI Martin Kroißenbrunner, Abteilungsleiter Verkehrsplanung zum Mobilitätskonzept

©: Josef Schiffer

Im Rahmen des 40. Forums von Mehr Zeit für Graz (MZfG) am 13. Mai 2014 bekamen interessierte BürgerInnen Gelegenheit, den aktuellen Stand der Planungen in der städtebaulichen Entwicklung der Reininghausgründe sowie den vorgesehenen Instrumenten der BürgerInnen-Beteiligung (BB) zu erfahren. Von Seiten der Stadt erläuterten die Verantwortlichen, und zwar „Reininghaus-Koordinator“ Albrecht Erlacher, Stadtbaudirektor Bertram Werle, Stadtplanungschef Bernhard Inninger und Verkehrsplaner Martin Kroißenbrunner den Projektstatus. Die rund 40 TeilnehmerInnen des Forums konnten sich im Loft von Reininghaus anhand der vorliegenden Pläne ein Bild darüber machen, wie weitläufig das Areal der „Reininghaus-Gründe“ (RG) ist, auf dem ein neuer Stadtteil entstehen wird.

Einleitend verdeutlichte Rosemarie Feistritzer, die Gründerin von MZfG, anhand einer selbst gebastelten Pflanze mit sieben blühenden Zweigen, welche Ziele seit Gründung der Plattform umgesetzt werden konnten: Mit der Einrrichtung des Beirates für BürgerInnen-Beteiligung (BBB) konnte ein erster Meilenstein verzeichnet werden. In den MZfG-Themengruppen werden Fakten gesammelt und aktuelle Themen erörtert. Die Steuergruppe bildet die Schnittstelle zwischen MZfG und dem BBB. Das so etablierte Zusammenspiel von Politik, Magistrat und den BürgerInnen zeigte seine Früchte in der Ausarbeitung der Leitlinien für BürgerInnenbeteiligung, die inzwischen am 15. Mai 2014 im Gemeinderat einstimmig beschlossen wurden.

Als erster Referent des von Bernhard Possert moderierten Abends stellte sich Dr. Albrecht Erlacher vor, der zuvor bei der LIG als Geschäftsführer tätig war. Seine Position als „Reininghaus-Koordinator“, die dem Bürgermeisteramt zugeordnet ist, wurde für die Dauer von drei Jahren geschaffen, um die Kommunikation zwischen Magistratsabteilungen, Behörden, Bauträgern und den BürgerInnen zu erleichtern. Diese Stelle wurde vom Stadtrechnungshof angeregt, auch in Hinblick darauf, dass man von einer Gesamtprojektdauer von rund 15 Jahren ausgeht, einem Zeitrahmen innerhalb dessen sich viele der vorhandenen Voraussetzungen und Partner verändern können.

Stadtbaudirektor DI Mag. Bertram Werle ging in seinem Referat auf die Entwicklung des Stadtteils und den zugrundeliegenden Rahmenplan ein, eingeleitet von einem historischen Überblick von der Gründung der Brauerei Reininghaus Mitte des 19. Jahrhunderts über die Nutzung des Areals im 20. Jahrhundert bis zum Erwerb von 55 Hektar Fläche (in Summe beträgt die Baulandreserve 100 Hektar) durch die Firma Asset One im Jahr 2005. Im Rahmenplan finden sich generelle Zielvorgaben, wie z. B. die Aufteilung des Areals in 20 „Quartiere“, die Fuß- und Radwegeverbindungen und die Anbindung an den öffentlichen Verkehr (ÖV). Im Vollausbau seiner Umsetzung soll hier Wohnraum für bis zu 12.000 Menschen geschaffen werden. Das sollen eben keine reinen Wohnquartiere sein, sondern vorgesehen ist eine intensive urbane Mischnutzung (Schulen, Kinderbetreuungseinrichtungen, Seniorenwohneinheiten, Gastronomiebetriebe, Geschäfte). Hierzu liegen laut Werle ein städtebauliches Konzept sowie ein Verkehrskonzept und ein Grün- und Freiflächenkonzept vor. Besonderes Augenmerk würde dabei vonseiten der Stadt auf ausreichende Grünflächen gelegt. Rund die Hälfte davon soll der Park einnehmen, die bestehende Allee Wetzelsdorferstraße soll eine Aufwertung erfahren. Jeweils 10 Prozent von jedem Quartier sollen als Grünflächen ausgestaltet werden. Eine „Stadt der kurzen Wege“ wird angestrebt, das Areal soll durch eine Straßenbahnlinie ans ÖV-Netz angebunden werden.

DI Bernhard Inninger, Abteilungsleiter der Stadtplanung, berichtete über die bisherigen politischen Beschlüsse, die übergeordneten Konzepte (Stadtentwicklungskonzept, Flächenwidmungsplan) und den aktuellen Umsetzungsstand. Als Planungskosten nannte er den Betrag von „über 6,5 Mio Euro“. Rund 25 % der Flächen befinden sich für kommunale Zwecke im Besitz der Stadt Graz (ca. 125.000 m2), der Großteil davon für Verkehrsflächen und die Trassen für den öffentlichen Verkehr. Eine zusätzliche mit den Bauträgern vereinbarte Bauabgabe von 30 Euro/m2 soll es der öffentlichen Hand erleichtern, die vorgesehene Infrastruktur zu finanzieren.
Derzeit befindet sich ja erst das Projekt „Hummel-Kaserne“ in der Umsetzungsphase, als weitere Flächen soll die langgezogene „Linse“ (Entwurfauflage beendet) nördlich des alten Brauereigeländes folgen, und daran anschließend die drei Flächen im ehemaligen Werksgelände (Reininghaus Quartier 1, Quartier 4a Nord und 4a Süd). Eine interessante Komponente des Projekts ist, so Inninger, dass zu den Stakeholdern bei dem Projekt auch etliche Gewerbe- und Industriebetriebe zählen. Als Beispiel nannte er das Stahl- und Walzwerk Marienhütte an der Südbahnstraße in Graz. Schon jetzt speist das Werk im Produktionsprozess entstehende Abwärme in das Grazer Fernwärmenetz ein, künftig wird es zur Niedertemperatur-Nahwärmeversorgung des neuen Stadtteils beitragen.
Eine wichtige Frage wurde mit der Erhaltung des Altbestandes in dem ehemaligen Industriegelände angesprochen: Hier kann, so Inninger, weitgehende Entwarnung gegeben werden. Nach den vorliegenden Plänen sollen nicht nur die denkmalgeschützen Bauten, wie die Villa Reininghaus und das Brunnenhaus erhalten bleiben, sondern auch das Verwaltungsgebäude mit dem Eingangsportal, das Direktionshaus sowie die offene Holzhalle.

DI Martin Kroißenbrunner, Abteilungsleiter Verkehrsplanung, präsentierte das zugrundeliegende Mobilitätskonzept , das einen maßgeblichen Teil des Gesamtkonzepts einnimmt. Der Anteil des motorisierten Individualverkehrs (MIV) sei mit 32 % (statt der ansonsten gängigen 45 %) limitiert. Jedes der 20 Quartiere werde mit einer Sammelgarage ausgestattet sein, sodass in Summe 5.000 PKW-Stellplätze zur Verfügung stehen sollen. Es werde seitens der Verantwortlichen sichergestellt, dass der Stadtteil von Beginn an das ÖV-Netz angebunden ist (zunächst Busse, dann Tram). Hervorzuheben sei, dass (auch hier) die Umsetzung phasenweise erfolgen wird.

Abschließend ging Stadtbaudirektor Werle noch gesondert auf die Punkte Qualitätssicherung und BürgerInnenbeteiligung ein: Diese sind auf Grundlage der „historischen“ Erfahrungen gewiss ein wichtiges Desiderat. Auf Quartiersebene werden Architekturwettbewerbe durchgeführt, wobei im Vorfeld BB-Modelle, sog. „Reininghausgespräche“ abgewickelt werden. Als Begleitinstrument soll ein „Stadtteilmanagement“ betrieben werden.
Grundsätzlich sei festzuhalten, so Werle, dass die BürgerInnenbeteiligung am Stadtteilmanagement parallel zu den Umsetzungsphasen etabliert werden soll.

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