04/05/2020

CORONA GEDANKEN 13

Das Ende als schöpferischer Anfang

Gedanken von
Daniela Vukovits
dv.sunarchitekten@drei.at

04/05/2020

La Plaque

©: Emil Gruber

Anfang März 2020 entdeckte ich einen Flyer, der eine Installation, genannt „being“, im Campus des AAI (Afro Asiatisches Institut) der in Graz lebenden Künstlerin Lisa Reiter ankündigte, abgebildet waren zarte, schwebende Körper ähnlich Reispapierlampen oder Kokons. Dabei dachte ich sofort an die transparenten Drahtgeflechtlampen, die in den Baumkronen nächst dem Cafe Promenade hängen, die ich jedes Mal bei meinen Gängen in die Stadt bewundere und liebe. Ungelesen steckte ich den Flyer in meine Tasche.
Zu Hause schaute ich mir das Titelbild des Flyers immer wieder an, denn das Bild erinnerte mich an meinen Traum, der mich geistig nicht loslässt, wobei nur  e i n  Bild des Traumes in meinem Kopf verankert blieb: Eine in einem weißen Tuch total umhüllte Gestalt, einschließlich Kopf, Hände und Beine, bewegte sich auf eine imaginäre Türe zu. Sie bleibt an der Schwelle stehen und legt ein kleines, längliches Bündel, ebenso vollkommen im weißen Tuch umhüllt, vor die Türschwelle auf den Boden. Als Träumende, das Geschehen, die „Mumien“, beobachtend, war ich sehr berührt, wissend, dass der Traum mir etwas sagen will! Bevor das Traumbild im Dahinschwinden war, sah ich, voller Hoffnung, an einer Seite des umhüllten Bündels im Tuch eine kreisrunde, transparente Öffnung in  Hautfarbe.
Der Traum beschäftigte mich in meinem Geiste, blieb mir jedoch ein Rätsel. Wieder einmal  schaute ich mir den Flyer der Installation „being“ an und las endlich den Text _ ein Aha-Erlebnis!: „Lisa Reiter transformiert den Campus zu einem Garten, indem es bereits ein paar Früchte zu ernten gibt und viele andere noch reifen werden. Bäume werden mit abstrakten Körperelementen bespielt, die aus Draht gewachsen zu sein scheinen und gleichermaßen schützende Kokons darstellen.
Eine Momentaufnahme eines immer fortwährenden Kreislaufs, die uns einen ermutigenden Blick in die Zukunft ermöglicht!
Lisa Reiter erforscht in ihrer Arbeit das Verständnis von Körpern, den eigenen Bezug dazu und die damit verbundenen zwischenmenschlichen Beziehungen auf einer tief in uns verankerten Ebene!“
Die Installation soll für einen Moment Aufmerksamkeit auf das lenken, was sich in den letzten Jahrzehnten in der Frauenbewegung schon entwickelt hat, aber auch auf das, was es noch  zu verändern gilt! Es kam mir in den Sinn, das Thema meines Traumes, ist nicht nur mein Thema sondern ein kollektives. Bei der Durchsicht von Fachzeitschriften und Fachbüchern wurde mir nun ganz klar, wie schon erwähnt, mein Thema ist  nicht einzig meines sondern ein kollektives!
Ich fand in der zum Kongress der „Lebensheilkunst“, geplant im März 2020 in Graz, begleitenden Zeitschrift Pulsar, einen Artikel von Chitektin Bianca Maria Seidl mit dem Titel: Zurück zur Seele, eine Vision der Ganzheit _ „Hol zurück, was Dir gehört und du bist ganz!_ so der Titel ihres Vortrages zum Kongress. Folgend, ein Auszug aus ihrem Artikel in der Fachzeitschrift Pulsar, Nr. 2, Seite 44_45:
„Vom Kopf ins Herz, in den Körper“, das ist das grundlegende Thema in der jetzigen Zeit, einer Zeit des Übergangs, vor allen bei jenen Menschen, die sich weiter entwickeln wollen  und auf diesem Weg all das zurückholen und integrieren wollen, das sie im Laufe ihres Lebens irgendwo am Wegrand stehen gelassen und vergessen haben. Statt dem Leben zu dienen, sind Systeme entstanden, die, losgelöst vom Leben und seinen Gesetzmäßigkeiten, den ergänzenden Gegenpol vernachlässigt, ja geradezu verleugnet und verdrängt haben.
Das Wesen, das eigene und das der Dinge, wurde nicht mehr wahrgenommen und jegliche Ehrfurcht vor dem Leben ging verloren.So entzieht sich auch das Wesen der Natur dem modernen, kopfgesteuerten Menschen. Sich abzulenken vom Wesentlichen ist die Normalität in unserer Gesellschaft. Das Glück liegt in der äußeren Welt, in Drogen, Alkohol, in Computerspielen, im Internet, in einem Übermaß an Sport oder Arbeit. Die großen Krisen in der äußeren Welt führen dazu, dass die Mehrheit der Menschen im Moment anfällig ist für Ängste und Desorientierung. Der Gefühlsorkan findet  im feinstofflichen Emotionalkörper statt, der Mentalkörper hat hierfür keine Lösungen, daher kennt er nur das Umgehen oder das Verdrängen der intensiven Gefühle. Aus einer übergeordneten Sicht hat der jetzige Entwicklungsprozess den Hintergrund, den bislang ausgeblendeten Pol der Schöpfung wieder vermehrt ins Spiel zu bringen. Das S e i n  nimmt Platz neben dem Werden, die Seele und damit verbunden das Fühlen, erhalten einen neuen Stellenwert. So werden wir das Wesenhafte, das der Natur innewohnt, wie auch unser eigenes Wesen, wieder ehren und vermehrt das Wesentliche leben!
Auf diesem Entwicklungsweg integriert sich unser Wesen, das Selbst, der göttliche Kern, harmonisch mit der Persönlichkeit, dem Produkt aus gesellschaftlicher und familiärer Konditionierung. Wenn wir uns als ganze, individuelle Wesen wahrnehmen wollen, ist es notwendig, dass wir sämtlichen Teilen von uns folgen und sie für uns zurück gewinnen!  Bei dem Prozess der Individuation gilt, ganz zu werden. In diesem Verlauf werden wir unseren Körper  und unser Bewusstsein befreien von starren  und überlebten Selbstbildern und von allen zementierten Einstellungen und blockierten Emotionen. Unsere Persönlichkeit wird sich harmonisch mit der Seele  verbinden, so werden wir ihren Ruf vernehmen und unseren Bestimmungen folgen.
C.G. Jung, bekannter Schweitzer Psychiater, lehrte, dass die Individuation letztendlich die wichtigste Entfaltung im Leben sei. Er ging davon aus, dass diese Entwicklungsphase am besten in der zweiten Lebenshälfte erreicht werden kann, wo wir genügend Lebenserfahrung erworben haben und die Gegenwart des Todes uns vorwärts drängt! Die Krisen und die Not, die auf unserem Planeten herrschen, helfen uns wach zu werden für unser wahres Wesen, unsere Fähigkeiten, Sehnsüchte, unsere wahren Aufgaben, unsere Bestimmung! „Auf diesem Entwicklungsweg gelangen die männlichen wie weiblichen Schöpferkräfte auf einer neuen Ebene in eine neue Balance.Die Entscheidungen und Handlungen werden ganzheitlicher Natur sein und dem Ganzen dienen, dem Leben, der Natur, der Gesellschaft und auch dem Einzelnen. Mann und Frau  begegnen sich auf Augenhöhe und gemeinsam erschaffen wir eine neue, lebenswertere Welt.“
Arno Gruen erfasst in seinem Buch Der Verrat am Selbst_ die Angst vor Autonomie bei Mann und Frau_ dtv-Verlag, so auf seinem Buchcover: „eine Grunddimension des mitmenschlichen Daseins: den Begriff der Autonomie, der nicht Stärke und Überlegenheit meint, sondern die volle Übereinstimmung des Menschen mit seinen eigenen Gefühlen und Bedürfnissen. Wo sie nicht vorliegt, entstehen sowohl Abhängigkeit wie Herrschaftsanspruch!“
Er schreibt:
„Es gibt keine Methode oder Technik, die zu einem Selbst führen. Man/frau muss es wagen, das eigene Selbst zum Erleben zu bringen, um zu erfahren, dass die Angstgespenster, die im Wege stehen, eigentlich machtlos sind. Es ist unser Schicksal, dass, wenn wir nie die Chance hatten, uns aufzulehnen, wir die Absurdität durchleben müssen, nie ein eigenes Selbst gelebt zu haben. Rebellion allein macht noch keinen Menschen. Sie ist nur ein erster Schritt auf einen langen, schwierigen und nie endenden Weg zur Überwindung der Furcht vor der Freiheit, ein eigenes Selbst zu haben!“

Den Titel meines Schreibens habe ich von Wolfgang Sotill übernommen _ der seinen letzten Teil seiner Serie in der Kleinen Zeitung am Ostersonntag 2020 Ostern und das Geheimnis der Auferstehung ebenso so  betitelte: * Das Ende als schöpferischer Anfang _ die Überwindung des Todes durch die Auferstehung. _ Hervorheben möchte ich zudem einen Satz, den man/frau inmitten des Berichtes liest: „Der 'neue Jesus' war nicht mehr der alte.“
Hier einen Auszug aus dem letzten Bericht: „Die Jünger, wie Maria Magdalena erkannten Jesus, den Auferstandenen nicht. Das offenbar veränderte Aussehen und der Satz von Jesus zu Maria Magdalena: „Halte mich nicht fest, denn ich bin noch nicht zum Vater hinauf gegangen!“, lassen vermuten, dass Jesu nicht in eine irdische Realität zurück gekehrt war, sondern sich auf dem Weg in eine himmlische, transzendente Sphäre befand.“
Wolfgang Sotill fügt eine Erläuterung des deutschen Religionsphilosophen Jörg Lauster ein: “Die Annahme einer solchen Transzendenzerfahrung ist zwar nicht zu beweisen, aber andererseits ist es historisch keineswegs absurd oder unvernünftig, davon auszugehen, dass es etwas gegeben haben muss, worauf der christliche Auferstehungsglaube die Antwort stellt. Nur mit dieser Erfahrung von Jenseitigkeit im Diesseits ist die Entstehung des Christentums zu erklären. Mit dem Tode Jesu am Kreuz war nämlich zunächst alle Hoffnung zu Ende gewesen. Aber wider aller Erwartung, folgten auf das Kreuz Ereignisse, die das Ende aufhoben und einen neuen Anfang sichtbar machten!“, so Lauster. „Die „Auferstehung“ Jesu sollte besser als „Auferweckung“ Jesu durch den Schöpfergott bezeichnet  werden. Christliche Auferstehungshoffnung ist immer überwundene und durchbrochene Skepsis.“
Im Weiteren fügt Wolfgang Sotill eine Aussage von Bischof Egon Kapellari seinem Artikel hinzu: „Die Botschaft des christlichen Osterfestes sagt, dass einer nicht ins Nichts hinein gestorben ist, wie es den Anschein hatte. Dass er sich auf eine neue  Weise als lebend erwiesen hat und dass er so Kraft gibt. Der Auferstehungsglaube ist eine Gegenkraft, die seelisch vom Boden aufhebt.“
„In diesem Sinne wäre es nur folgerichtig, wenn Christen im Westen nicht von der Grabeskirche, sondern wie die Orthodoxie von der „Anastasis“, der „Auferstehungskirche“ sprechen würden. Denn dieser Ort zeugt nicht von einem statischen Ende, sondern von einem bewegten Neubeginn.“
Interessantes ergab die Recherche „Was Transzendenz bedeutet“! Unter der Quelle _ gottes-wort.com lese ich, dass der Hl. Kirchenvater Augustinus, Bischof von Hippo, 354 - 430, Transzendenz als Bewegung auf einem Erkenntnis- und Erfahrungsweg betrachtet, als Überschreiten einer Grenze, die zwei von der Natur nach fundamental verschiedene Bereiche trennt, wobei „Grenze“ wie „Bereiche“,  g e i s t i g  zu verstehen sind, und dass es für einen Betrachter (wie mich als Träumer)  möglich ist, eine Perspektive einzunehmen, von der aus er die Existenz beider Bereiche und der Grenze zwischen innen und außen erkennen kann.“

Nun, mein Traum, war ein Schupser oder Rempler einer übergeordneten Macht, ein Impuls jedenfalls, wiederholt, aktiv zu werden, das für mich „Richtige“ zu tun! _ Jetzt! Da mein Traum, die Vorankündigung der Installation „being“ der Künstlerin Lisa Reiter, Fastenzeit und Ostern nahezu zeitgleich stattfanden, die globale Corona-Pandemie gegenwärtig ist, habe ich die Vorstellung, dass wir alle aufgerufen sind, aktiv zu werden, um das „Richtige“ zu tun! _ Jetzt!

Verfasser / in:
Daniela Vukovits

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