23/07/2012
23/07/2012

Der Bürgermeister spricht mit seiner Souffleuse „Ich gratuliere dir, lieber Bürgermeister, zu diesem überwältigenden Erfolg.“ „Noch so einer und ich kann wieder Tafelgeschirr verkaufen. Warum hast du mir nur zu diesem Ausrutscher, diesem Selbstfaller in Richtung direkte Demokratie geraten?“ „Weil du damit das Gesetz des Handelns an dich gerissen hast.“ „Aber ich hab die Entscheidungsgewalt doch auf andere übertragen.“ „Eben! Damit bist du zwei lästige Leitthemen los und kannst dich ganz auf deinen Persönlichkeitswahlkampf konzentrieren. Jetzt musst du nur noch gute Figur machen und deinen reifen Bubenkopf in die Kameras halten. Sei ein guter Verlierer, dann ist dir der Sieg nicht zu nehmen. Eine Schlacht, ein Scheingefecht verloren, aber einen Krieg schon so gut wie gewonnen.“ „Und was soll ich sagen? Dass ich das Geschwätz vom ökologischen, modernen, idealen Stadtteil ohnehin nie ernst gemeint habe? Und selber lieber alte Dieselstinker fahren würde?“ „Das solltest du besser dem Sprecher von Asset One überlassen. Der muss nicht gewählt werden. Du aber wirst dich als Direktdemokrat erster Ordnung feiern. Und feiern lassen.“ „Das Volk hat für mich gesprochen. Volkes Stimme ist meine Stimme.“ „Nicht so dick auftragen. Sonst fällt dir die Schminke vom Gesicht. Sag lieber: Ein großer Schritt in die richtige Richtung.“ „Ein kleiner Schritt für die Welt, ein großer für Graz.“ „Sag: Ich habe die Botschaft verstanden. Die Probleme aber bleiben bestehen. Wir werden eine Lösung finden müssen. Du kannst ruhig deine Ratlosigkeit eingestehen, das macht dich noch sympathischer.“ „Wenn du willst, zerdrücke ich auch ein paar Tränen. Darauf soll’s mir nicht ankommen.“ „Sag einfach: Die Bevölkerung ist bereit.“ „Die Bevölkerung ist zu allem bereit. Nur nicht dazu, mich abzuwählen.“

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