01/02/2024

MEHL GRIES BETON – die Rösselmühle im Gespräch. Unter diesem Titel wandert eine mobile Ausstellung über Geschichte und Geschehen um die Grazer Rösselmühle in den kommenden zwei Monaten an verschiedene, öffentlich zugängliche Orte in Graz.

01/02/2024

Ausstellunsgelement: hat die Rösselmühle Zukunft? Graz, 2024

©: Redaktion GAT

Der Wandel des Grazer Stadtteils Gries wird immer offensichtlicher und öffentlicher: Als potenzielles Investitionsobjekt entdeckt, droht seit Langem die klassische Gentrifizierung. Nach Zeiten eines Immobilien- und Grundstücksverkaufs, teils unbemerkt hinter den Fassaden, kommt meist die Phase, in der massive bauliche Veränderungen sichtbar werden: Baulücken werden geschlossen, Abrisse getätigt, Hinterhöfe verbaut. Wenn alles gut geht, entstehen neue Qualitäten urbaner Lebensweisen und ein positives Zusammenleben. Nicht immer läuft es aber für alle gut.

Kurz zusammengefasst ein Beispiel: Seit 18.1.24 gilt eine Abrissgenehmigung für weite Teile der Rösselmühle in Graz. Innerstädtisch im Gries gelegen und als konkrete Raumressource vieler Nachbarinstitutionen besonders wertvoll, als dritter Ort für Bewohnerinnen und Bewohner des Stadtteils vielversprechend und als Chance eines einzigartigen Pilotprojekts partizipativer, kollektiver und urbaner Entwicklung, hätte man wohl international aufzeigen können. Doch die Interessenlage ist konfliktreich. Die Gemengelage zwischen Eigentümergesellschaft, städtischen Behörden, politischen Instanzen, Anrainer:innen, Zwischennutzer:innen und Fachleuten sowie Expert:innen ist unausgewogen.

Es hat sich ein Für und ein Gegen bezüglich des Erhalts der baulichen Substanz der Rösselmühle entwickelt. Nach einer Fotoprotestaktion, vielen Gesprächen und öffentlichem Unmut, gingen die Befürworter:innen des Erhalts mit einem weiteren gezielten Schritt an die Öffentlichkeit. Studierenden der Karl-Franzens-Universität Graz unter Leitung von Professorin Katharina Eisch-Angus und im engen Austausch mit dem aus Expertinnen und Aktivistinnen bestehenden Komitee Rösselmühle, sammelten in Gesprächen mit Bewohnerinnen aus dem Umfeld der Mühle zahlreiche Beobachtungen und Erinnerungen, die das Viertel und den Ort, dessen Charakter und seine Besonderheit auf den Punkt bringen.

Daraus entstand eine mobile Ausstellung. Deren Eröffnung unter dem Titel "Mehl Gries Beton – die Rösselmühle im Gespräch" heute mitten auf dem Griesplatz in Graz stattfand. Großartig für Neugierige, Interessierte, Beteiligte und zufällig Vorbeigehende. Normalerweise ist der Platz kein Ort für eine Ausstellung. Die Aktion schaffte es, den Platz auszufüllen und atmosphärisch zu verändern.

Mit den Anwohner:innenstatements in Sprechblasen, gut aufbereiteten Informationen zu Vergangenheit und möglicher Zukunft der innerstädtischen Mühle und einem Modell des (hier noch vollständigen) Gebäudeensembles der Rösselmühle, vermittelt sich die Geschichte um eine der ältesten Mehlmühlen der Stadt, als Grätzelsymbol, Raumpotenzial und hart umkämpfte Immobilie.

Im Zentrum der an diesem Nachmittag unübersehbaren Aktion, die Auftakt zu einer ganzen Reihe verschiedener Ausstellungsorte im öffentlichen Raum ist, stand die Mühle als erhaltenswertes Industriedenkmal und als Zeichen für die öffentliche Diskussion um Stadtentwicklung, Quartierscharakter, Verwertungsdruck und Grätzelleben.

Wäre es nicht so dramatisch um die Rösselmühle bestellt, wären Projekt und Ausstellung ein Anlass zur Euphorie. Trotz der ernüchternden Nachrichten über den Teilabriss, der spürbar die Besucher:innengruppe auf dem Griesplatz beschäftigte, wird man gemeinsam mit dem engagierten Komitee Rösselmühle, den Studierenden, die sich seit Jahren für den Erhalt und eine partizipative, ortsspezifische und auch sozial sensible Entwicklung des Rösselmühlareals stark machen, aktiv bleiben. Die Ausstellung darf nicht als Schlusspunkt missverstanden werden. Es wird weitergehen. Man will unbedingt mit allen Parteien des bisherigen Prozesses im Gespräch bleiben.

_

"Mehl Gries Beton" Ausstellungseröffnung: 1. Februar 2024, 16 Uhr, Griesplatz/ Anfang Griesgasse Open Air
Laufzeit: bis 3. Februar 2024, jeweils von 10–17 Uhr 

Weitere Stationen:

von 6. Februar bis 1. März 2024, 10–18 Uhr, Volkskundemuseum Graz, Paulustorgasse 11-13a
von 4. bis 13. März 2024, 8.30–22 Uhr, Foyer der Universitätsbibliothek Graz, Universitätsplatz 3a
von 14. bis 16. März, 11–18 Uhr, Am Eisernen Tor, Graz 

Terminempfehlungen

Netzwerktreffen
16. + 17.11.2023
 
GAT+