06/11/2009
06/11/2009

Als Anerkennung für besonders gelungene Abschlussarbeiten vergab die Architektur-Fakultät heuer bereits zum siebten Mal den GAD-Award, den Grazer Architektur Diplompreis. Im Oktober 2009 wählte eine hochkarätig besetzte Jury mit Lilli Hollein (Autorin und Kuratorin), Kathrin Aste (aste architecture), Florian Fischer und Architekt Robert Hösl (Partner im Büro Herzog & de Meuron) aus 31 nominierten Abschlussarbeiten der Architekturfakultät der TU Graz vier Projekte für den GAD-Award 2009 aus: „en sitio“ von DI Oliver Jungwirth, "Eine Therme am Bulbjerg in Dänemark" von DI Tina Kimmerstorfer, "Raval, Raval. Ghetto oder Vielfalt der Kulturen?" von Peter Leidlmayer und "Liman LAB. A MANUAL FOR A SYMBIOTIC TRANSFORMATION. Towards a New Museum of Contemporary Art Vojvodina" von DI Andreas Goritschnig. Am vergangenen Freitag präsentierten die PreisträgerInnen ihre Entwürfe im Grazer Haus der Architektur.

DIE PREISTRÄGERiNNEN:

1.Preis
„en sitio“ – DI Oliver Jungwirth

Unterschiedliche Formate von Soziologie bis Kulturanthropologie haben unterschiedliche Sprachen entwickelt, um Koexistenz zu beschreiben. Das Projekt ensito ist eine praktische Anwendung dieser Theorien, durch Übersetzung in einen durchmischten Wohnbau im Zentrum von Rio de Janeiro. Ort. Die perimetral, eine Autobahnbrücke am historischen Praa XV soll abgerissen werden. Mein Vorschlag ist die Erhaltung und Neuinterpretation der Brückenstruktur als Wohnbau. Angenommen, dass soziale Koexistenz im individuellen Maßstab nicht greift und anonym wird im urbanen Raum so arbeitet das Projekt mit dem begriff des cultural clusters als spezifisch urbane und soziale Organisationsform der lokalen Akteure. Die Nachbarschaft wird zur Brücke zwischen Individuum und Gesellschaft durch: Reaktivierung des Zentrums durch neue Wohnkonzepte, Zwischenräume als entgrenzendes Element in Segregationsgebieten, soziale Sicherheit durch vermehrte Identifikation in gemeinschaftlichem Nachbarschaftsgefüge.

Betreuendes Institut: Institut für Architekturtechnologie
Betreuer (Diplomarbeit): Schreibmayer Peter , Ao.Univ.-Prof.i.R. Dipl.-Ing. Dr.techn. Univ.-Doz.

2. Preis
"Eine Therme am Bulbjerg in Dänemark" - DI Tina Kimmerstorfer

Der Bulbjerg ist Teil des Höhenrückens Troldsting, der von der Küste in das Landesinnere Richtung Süden verläuft. Der Kalksteinfelsen ragt als einziger Höhepunkt in diesem Abschnitt der Jammerbucht aus der Umgebung und wurde aufgrund seiner besonderen Höhenlage im Zweiten Weltkrieg mit dem Bunker: Peilstand S449 bebaut. Die natürlich geformte Topografie sowie die besondere Lage des Peilstandes am ehemaligen Stützpunkt Bulbjerg, wurde zum Anlass genommen, eine neue Nutzung in die örtlichen Gegebenheiten zu integrieren. Ein ehemaliges Badehotel um 1900 gab Idee für einen Aufenthaltsort zur Entspannung und Erholung in Form einer Therme. Die unterschiedlichen Raumqualitäten durch das Spiel der Ebenen ergeben sich aus der Recherche der Bunker. Ihre versetzten Geschosse mit verschiedene Niveausprüngen, dienten zum Schutz vor eindringenden Splitterbomben und wurden zum Entwurfsprinzip. Der Bunker beeinflusst den Entwurf nicht zuletzt auch durch seine Massivität. Decken und Wände werden dort stärker ausgebildet, wo konstruktive wie auch gestalterische Anforderungen es verlangen. Eine neue Grenze zwischen Tourismus und schützenswerter Felsenlandschaft am Bulbjerg soll mit der grabenartigen Situierung der Bauaufgabe Therme am Bulbjerg geschaffen werden. Das Prinzip des Tarnen und Täuschen, das Eintauchen, sowie eine kontrollierte Aussicht über die Landschaft, Bezug nehmend auf den Bunkerschlitz zur Beobachtung der Angreifer war für die Gestaltung der Badelandschaft maßgebend.

Betreuendes Institut: Institut für Architekturtheorie, Kunst- und Kulturwissenschaften
Betreuer (Diplomarbeit): Neuwirth Holger , Ao.Univ.-Prof.i.R. Dipl.-Ing. Dr.techn. Univ.-Doz. Architekt

3. Preis
"Raval, Raval - Urbanes Ghetto oder Vielfalt der Kulturen?" - DI Peter Leidlmayer

Barcelona ist bekannt als Stadt der großen städtebaulichen Transformationen. Die rigorosen Eingriffe ermöglichten zum Einen die rasante Entwicklung der Stadt, forderten zum Anderen auch auch immer wieder große Opfer seitens der angestammten Bewohnerschaft. Es stellt sich die Frage, ob derart massive Perforationen gewachsener Strukturen im Zentrum einer Stadt auch heute noch notwendig sind, oder ob diese Implantate nicht vielmehr schützenswerte kulturelle Milieus zerstöre? Der theoretische Schwerpunkt der Arbeit behandelt konfliktgeladene Themenkomplexe wie Migration und Stadttourismus oder soziale Ausgrenzung und Integration und versucht das Resultat dieser Betrachtungen zu einem kompakten Leitfaden für nachhaltige städtebauliche Eingriffe zu bündeln. Ein abschließendes Entwurfsprojekt nutzt diese erarbeiteten Richtlinien zu einer Fallstudie, die als Gegenantwort auf einen derzeitigen Eingriff im Herzen des Raval, eine viel dichtere und sozial durchmischte Nutzung vorschlägt.

Betreuendes Institut: Institut für Gebäudelehre
Betreuer (Diplomarbeit): Zinganel Michael, Dipl.-Ing. Dr.phil.

Sonderpreis
"Liman LAB. A MANUAL FOR A SYMBIOTIC TRANSFORMATION. Towards a New Museum of Contemporary Art Vojvodina" - DI Andreas Goritschnig

Das Projekt Liman LAB A MANUAL beschäftigt sich mit der Entwicklung eines städtischen Quartiers in der zweitgrößten serbischen Stadt Novi Sad. Ausgangspunkt bildete ein Wettbewerb für ein Museum of Contemporary Art, der 2007 ausgeschrieben wurde. Ziel des Wettbewerbes war es neue Forschungsstandpunkte für ein Museum of Contemporary Art als dynamisches kulturelles Netzwerk und als Ort vielfältiger kultureller Aufgaben zu finden. Als Bauplatz wurde ein Areal im Stadtteil Liman 3, nahe der Donau vorgeschlagen, das sich bei Besuchen vor Ort als lebendiges, heterogenes und produktives Quartier präsentierte. Eine informell gewachsene Ansammlung von Hallen, Gebäuden und Häusern, die gegenwärtig von verschiedensten kleinen Betrieben genutzt wird und 100% in Verwendung steht. Aufgrund dieser Situation erschien weder ein etabliertes Museumskonzept noch das Löschen des Ortes und ein Museumsneubau, wie vom Wettbewerb konzipiert, eine adäquate Reaktion auf die Aufgabe. Auf Basis der vorhandenen Ressourcen als kreative und soziale Grundlage für die Zukunft, schlägt Liman LAB - A MANUAL daher einen symbiotischen Transformationsprozess vor, der von innen heraus, überlagert von und verwoben mit neuen Impulsen von außen, das Museum of Contemporary Art als gesellschaftlichen Prozess konzipiert. Um diesen zu gestalten entwickelt das Projekt ein Handbuch, das eine Strategie, ein System sowie Tools und Typologien bietet und darüber hinaus eine mögliche Entwicklung in einer konkreten Anwendung zeigt.

Betreuendes Institut: Institut für Architektur und Landschaft
Betreuer (Diplomarbeit): Loenhart Klaus K. , Univ.-Prof. Dipl.-Ing. (FH) MLA MDesS Harvard

Zwei neue Preise werden den „GAD-Award“ im kommenden Jahr ergänzen: Mit dem Hollomey-Reisestipendium soll die „Erfahrung des Anderen“, die Werner Hollomey als zeichnenden Reisenden geprägt hat, auch ausgewählten Studierenden und AbsolventInnen ermöglicht werden. Mit dem TSCHOM-Wohnbaupreis werden herausragende Arbeiten im Bereich Wohnbau geehrt.

Professor Werner Hollomey war 45 Jahre lang akademischer Lehrer an der TU Graz, zuerst als Assistent der Professoren Zotter und Schuster an der Lehrkanzel für Baukunst, dann als Ordinarius für Hochbau und Entwerfen. Außerdem war er mehrere Jahre Dekan der Architekturfakultät und von 1979-1981 Rektor der TU Graz.
Professor Hansjörg Tschom begann seine Laufbahn an der Architekturfakultät der TU Graz mit einem Lehrauftrag für das Fachgebiet Wohnbau, in Folge arbeitete er als Universitätsdozent für das Lehrgebiet Wohnbau und bis 2009 war er Universitätsprofessor für Wohnbau. 2004 gründete er das Institut für Wohnbau an der Architekturfakultät der TU Graz.

VERANSTALTUNGSHINWEIS:
„GAD Award“ 2009 -Präsentation und Diskussion der prämierten Arbeiten
Termin: 6. November 2009, 19 Uhr
Ort: Haus der Architektur, Palais Thinnfeld, Mariahilferstraße 2, 8020 Graz

Rückfragen:
DI Hendrik Eikenbusch
Institut für Architektur und Landschaft
E-Mail: h.eikenbusch@tugraz.at
Tel.: +43 (0) 316 - 873 4740

Verfasser/in:
Redaktion GAT Graz Architektur Täglich
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