12/02/2024

Die Diagonale 2024 wird ästhetisch wie politisch anders, etwas weniger verspielt, aber dafür interdisziplinärer als bisher. Neben der Filmauswahl des Intendant:innenteams Claudia Slanar und Dominik Kamalzadeh erwartet Graz vom 4. bis 9. April auch eine neue Veranstaltungsreihe für Diskussionen und Gespräche und neue Festivalorte abseits der üblich plüschigen Kinosäle.

12/02/2024

Neu ist in diesem Jahr, dass man den Heimatsaal, das Volkskundemuseum und das Gatto im Museum als Festivalzentrum nutzen will

©: Redaktion GAT

Intendant:innenteam Claudia Slanar und Dominik Kamalzadeh geben erste Einblicke in das Programm der Diagonale 2024

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Das Versprechen der heurigen Diagonale: Ästhetische Rigorosität nicht ohne politisches Anliegen. Erste Einblicke in das Programm der Diagonale 2024 gaben heute das neue Intendant:innenteam Claudia Slanar und Dominik Kamalzadeh. Im wenig verspielten Outfit – neue Grafik – und mit ausgewählten Programmänderungen sucht man eher eine sanfte Transformation als den harten Bruch, setzt auf Kontinuität und schrittweisen Wandel des etablierten und international bekannten Filmfestivals.

Eine der Neuerungen in diesem Jahr ist die räumliche Ausweitung des „Festivaldistrikts“. Man sei auf der Suche nach neuen Orten der Vorführung, so die Intendant:innen. Statt der üblichen Kinosäle nutzt man in diesem Jahr den Heimatsaal im Volkskundemuseum und möchte ihn gemeinsam mit dem Gatto im Museum als eine Art Festivalzentrum verstanden wissen, das abseits des Kunsthauses und der dort – wie bisher – programmierten großen Ausstellung, einen Ort für Begegnung, Austausch und Diskussionen bietet.

Auch neu für das Filmfestival: 2024 wird mit einer Ausstellung der Künstlerin Lisl Ponger im Schaumbad ein zusätzlicher Ort als Brücke in die Peripherie und in die Transdisziplinarität entdeckt. Für Grazerinnen und Grazer mag die Halle des Schaumbads kein unbekannter Ort sein, für den erwarteten internationalen und überregionalen Besuch könnte diese Setzung aber zumindest vermitteln, dass Graz von einer facettenreichen Kunst- und Kulturszene profitiert. Lisl Ponger ist als multimedial agierende Künstlerin eine von zwei Persönlichkeiten, die man in den Mittelpunkt des Festivals rückt.

Generell suchen die Intendant:innen Slanar und Kamalzadeh vermehrt die Nähe zu anderen künstlerischen Disziplinen und wollen die kommenden Jahre diese Richtung weiter stärken. Das passt zu den allgemeinen Tendenzen einer agilen Kunst- und Kulturszene, die sich nach dem Versuch der Verbindung mit den Wissenschaften noch bewusster als transdisziplinär versteht.

Was bleibt wie bisher? Wie stets, wird es im Kunsthaus eine von Diagonalepreisträger:innen kuratierte Ausstellung geben.

Der Eröffnungsfilm trägt den Titel Favoriten und wurde von der Regisseurin und Dokumentarfilmerin Ruth Beckermann in dreijähriger Arbeit produziert. „Kosmopolitisch, engagiert und immer ästhetisch wagemutig“, sei er, erklärt Kamalzadeh. Der eher dokumentarisch aufgebaute Film könnte sich genau deshalb als übergeordnete Idee für die gesamte Diagonale erweisen.

Im Film wird der Mikrokosmos einer Schule im 7. Wiener Gemeindebezirk Favoriten exemplarisch als Brennglas großer gesellschaftlicher Fragen- und Problemstellungen erfahrbar. Schulalltag und Klassenzimmer werden zum Brennpunkt und zur Arena unterschiedlichster kultureller Haltungen und Prägungen, als sei die ganze Gesellschaft an einem Ort zusammengekommen. Nur wenige haben den Film bisher gesehen. Weltpremiere feiert er am kommenden Freitag, Österreichpremiere dann im April auf der Diagonale.

Ruth Beckermann selbst sagt: „Der Film thematisiert Bildung und die damit zusammenhängenden kulturellen Herausforderungen sowie unseren Umgang mit ihnen.“ Ein Thema, das allzu oft an den Rand rückt oder politisch nicht ausreichend komplex erkannt wird. Die Intendanten vermitteln, dass es die Verbindung des Ästhetischen mit dem Politischen und die grundsätzliche Frage, wie wir als Gesellschaft und als Individuen mit kultureller Diversität umgehen, ausschlaggebend für die Wahl des Films als Eröffnungsfilm gewesen sei.

Was 2024 auch weitergeführt wird, ist der Blick zurück auf ein filmisches Erbe. Die diesmal ausgewählten Filme des Programms Filmgeschichte stammen aus der Zeit zwischen 1965 und 1980. Sie thematisieren Arbeitsmigration und zeigen die Sicht der Herkunftsländer. Salnar und Kamalzadeh möchten diese Auswahl auch als Denkanstoß zur Frage nach einem nationalen Filmerbe verstanden wissen. Man vertritt dabei die Idee, dass ein solches eher transnational zu suchen und zu leben sei, um sich nicht in einem nationalen Denken selbst zu begrenzen.

Fest steht auch, dass der große Diagonale-Schauspielpreis an Lukas Miko gehen wird. Miko ist aktuell als Journalist Philipp Bauer in Anton Svobodas Film Persona Non Grata zu sehen, der auch im Programm der Diagonale 2024 laufen wird. Spannend ist wie jedes Jahr zudem das Aussehen des Preises selbst. Er wird jährlich von anderen Künstler:innen gestaltet. Diesmal ist es das Label WIENER TIMES, welches am 4.4. den Preis an Miko persönlich überreichen wird.

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Diagonale 2024
Vom 4. bis 9. April
In Graz

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16. + 17.11.2023
 
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