07/05/2016

Schlossberg-Utopien
Die neue Dauerausstellung im GrazMuseum

Kuratierung
Anna Reicht und Otto Hochreiter

Gestaltung
MVD Austria (Irina Koerdt, Michael Rieper, Sanja Utech)

Dauerausstellung
Offenes Museum
Erdgeschoß, GrazMuseum
Sackstraße 18, 8010 Graz

Mi – Mo, 10:00 – 17:00 h
Eintritt frei

Die Ausstellung geht der Frage nach, welche Pläne man einst mit dem Schloßberg hatte und welche heute.

07/05/2016

Ausstellungsansicht

©: GrazMuseum

Schloßbergmodell von Anton Sigl, 1805

©: GrazMuseum

Detail des Modells von Anton Sigl, 1805

©: Emil Gruber

Ein Blick ins Innere des 'Baumhausprojekts' von Hans Schullin, 2010

©: Emil Gruber

Otto Hochreiter vor dem Modell der Erweiterung des bestehenden Schloßberg-Museums

©: Emil Gruber

Vielleicht sollte man Napoleon dankbar sein. Hätte er 1809 nicht den Abriss der Festung am Schloßberg befohlen, wäre er heute möglicherweise noch immer ein Niemalsland für den Panorama suchenden Grazer.
Vier Jahre zuvor befürchtete der Kanonier Anton Sigl schon, dass die Zeit für das ursprünglich militärische Sperrgebiet mit seinen Kasernen und dem Gefängnis langsam abläuft. Schon zweimal war Graz ohne großen Kampf von den französischen Truppen eingenommen worden. Eine weitere Auseinandersetzung mit Napoleon würde der Schloßberg möglicherweise nicht mehr ohne Konsequenzen überstehen.
Sigl begann ein detailgetreues Modell des Dolomitfelsens im Herzen von Graz zu bauen, mit den damals aus strategischen Gründen kahl geschlagenen Abhängen und den gestaffelten Festungsmauern.
Für Otto Hochreiter, der gemeinsam mit Anna Reicht Schloßberg-Utopien, die neue Dauerausstellung im GrazMuseum, kuratiert hat, ist die Sigl-Konstruktion eine rückwärts gewandte Utopie und damit das Fundament aller kommenden Visionen.
Nach der Zerstörung der Festungsanlagen wurde im 19. Jahrhundert der Schloßberg begrünt und nach und nach, das, was er heute ist: ein Naherholungsgebiet der Grazer.
Gleichzeitig mit der Öffnung setzten die Ideen und Vorschläge ein, um den Berg und seine Objekten neu zu modellieren.

Acht Projekte zwischen 1813 und der Gegenwart werden von den Kuratoren näher vorgestellt. Die unerwähnt bleibenden Utopien sind ergänzend auf einer Tafel aufgelistet.
Kurz nach dem Fall der Militäranlagen schlugen Joseph Melling und Christoph Stadler vor, den verbliebenen Uhrturm dramatisch aufzustocken und mit einem neuen Dach zu versehen.
Ende des 19. Jahrhunderts skizzierte Matthias Seidl einen neoklassizistischen Monsterbau am oberen Plateau des Schloßbergs. Auf knapp 3.000 m2 sollte ein kulturelles Zentrum entstehen, mit Festspielhalle, Mussseen, Restaurants und Geschäften.
Als Antithese lieferte der Botaniker Fritz Lemperg 1927 eine Studie, den Schloßberg zu einem „Naturalpengarten“ umzuformen, mit Pflanzen aus der ganzen Welt, die den Berg komplett begrünen.
Megamonumental zeigten sich wieder 15 Jahre später die Entwürfe von Peter Koller für den Schloßberg der Gauhauptstadt Graz. Das Plateau über der Stallbastei war als ausladender „Führersaal“ angedacht. Ein hoch aufragender „Südost-Turm“ sollte eine Fernsicht bis ins „heimgeholte deutsche Unterland“, also Slowenien garantieren.
Umgesetzt wurden aber nur unterirdische Pläne. Die Luftschutzstollen der Nationalsozialisten wiederum wollten in den 1970ern Alfred Buberl und Alfred Nürnberger mit einem Einkaufs- und Freizeitzentrum inklusive Gastronomie, Hotel, Hallenbad und Sauna befüllen.
Andere Pläne wieder reduzierten ihre Vorstellung auf innerstädtische Tiefgaragen.
Bombastisch und sehr wirtschaftsbezogen kommt dagegen das 2010 von Hans Schullin vorgeschlagene Projekt Baumhaus daher. Die Uhrturm-Kasematten mutieren zu einer gesamtsteirischen XXXL-Vinothek mit einem über einen Steg erreichbaren „Baumhaus“ für den Fernsicht liebenden Weinconnaisseur.
Realistischer dagegen stellt sich das Eigenprojekt des GrazMuseums dar, die Erweiterung des schon bestehenden Schloßberg-Museums inklusive Bespielung der Außenflächen.
Der technischen Entwicklung fiel die von Emil Teischinger geplante zweite Schloßbergbahn auf der Ostseite des Hügels mit der Talstation beim Paulustor zum Opfer. Mit der Umstellung der Originalbahn von Dampf auf Elektrizität wurden die Pläne ad acta gelegt.

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