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Brugger: Es gibt keinen Schlüssel zur Verteilung der Förderungen. Wären wir an einen solchen gebunden, sodass wir einen prozentuellen Anteil zu Bauvorhaben beisteuern müssten, dann wäre unser gesamtes Budget bei einem größeren Projekt bereits aufgebraucht. Die Grundidee der Subventionen im Denkmalbereich ist die, dass mit den eingesetzten Mitteln die Bereitschaft der EigentümerInnen, die die Maßnahmen richtig durchführen, gefördert werden soll. Die Förderung versteht sich grundsätzlich als eine Form der Anerkennung. Es gibt aber auch Fälle von Notmaßnahmen wie zum Beispiel Dachsanierungen, die zwingend erforderlich sind, wo das Denkmalamt die gesamten Kosten übernimmt.
GAT: Die Grazer Altstadt-Sachverständigenkommission (ASVK) macht gegenwärtig Schlagzeilen, weniger mit dem Altstadtschutz als mit der InvestorenInnenfreundlichkeit der beiden ASVK-Vorsitzenden Wolfdieter Dreibholz und Michael Szyszkowitz. Das ging zuletzt so weit, dass eine Liste von historischen Gebäuden, die laut ASVK-Vorsitzendem verzichtbar sind, medial kommuniziert wurde. Das Bundesdenkmalamt ist in der ASVK vertreten. Wie stehen Sie persönlich zur gegenwärtigen Ausrichtung der ASVK?
Brugger: Ich bin äußerst verwundert über diese Entwicklung. Sollte sich das in dieser Stringenz weiter so durchziehen, dann wird das Denkmalamt darüber nachdenken müssen, ob es Mitglieder in diese Kommission entsenden soll. Ich kenne diese Aussagen nur aus den Medien und bringe sie mit dem neuen Vorsitzenden der Kommission [Wolf-Dieter Dreibholz, Anm. der Redaktion] in Verbindung, weil sich erst mit ihm das Bild so extrem gewandelt hat. Ich persönlich kann das nicht nachvollziehen, weil die Aussagen, welche zuletzt in den Medien kolportiert worden sind, meiner Meinung nach sogar dem Gesetzesauftrag des Grazer Altstadterhaltungsgesetzes widersprechen. Was die denkmalgeschützten Objekte betrifft, sind diese Aussagen irrelevant. Was unter Schutz steht, steht unter Schutz. Bei anderen Beständen, die der ASVK-Vorsitzende bewusst anspricht, müssen wir uns überlegen, ob nicht eine Überprüfung der Objekte hinsichtlich der Unterschutzstellung notwendig ist.
GAT: Das heißt, wenn der ASVK-Vorsitzende Empfehlungen für seiner Ansicht nach verzichtbare, historische Bauten veröffentlicht, dann beginnen nicht nur die ImmobilienentwicklerInnen aktiv zu werden, sondern auch das BDA?
Brugger: Richtig! Aber wenn ich mir die Gebäude, die im Bericht des G7 [die Stadtzeitung der „Kleinen Zeitung“ am Sonntag, Anm. der Redaktion] erwähnt wurden, ansehe – das Haus am Kaiser-Franz-Josef-Kai neben der Schloßbergbahn und das Girardi-Geburtshaus in der Leonhardstraße – so stehen diese unter Denkmalschutz. Für das Girardi-Haus gibt es auch einen von uns aus dem Jahr 2010 bewilligten Erweiterungsplan. Darüber brauchen wir nicht zu diskutieren.
GAT: Der Zustand des Girardi-Geburtshauses ist schlecht, das Haus steht offen und verkommt. Die Zustände erinnern an das Kommod-Haus ...
Brugger: Der Eigentümer selbst und seine Planer haben von uns eine Sanierungs- und Erweiterungsbewilligung, aber nicht von der Stadt Graz. Ich habe bei dem Gespräch nicht den Eindruck gewonnen, dass sie das Objekt verfallen lassen wollen. Es soll aber gemeinsam mit der ASVK, der Stadtplanung und uns Anfang Juli ein Gespräch im Bürgermeisteramt stattfinden. Es macht den Eindruck, als gäbe es zwischen Stadtplanung und ASVK eine abgesprochene Einigkeit, die Verdichtung im Grazer Stadtraum zu forcieren. Da ist natürlich das Girardi-Haus ein Zeichen.
GAT: Wie beurteilen Sie die Arbeit der „SOKO Altstadt", ist das eine Unterstützung für Ihre Tätigkeit?
Brugger: Es ist einerseits nicht schlecht, wenn es Bürgerinitiativen gibt, die sich um solche Belange kümmern. Die Frage ist, wie man das angeht. Undifferenzierter Einsatz für alles und jedes ist meiner Ansicht nach kontraproduktiv. Die SOKO geht meiner Meinung nach teilweise etwas undifferenziert vor – alles, was alt ist oder wo es regionale Bürgerinteressen gibt, wird von der SOKO sofort zu 100 % aufgesogen und behandelt. Ich hatte inzwischen mehrere Fälle, wo die SOKO Altstadt nicht verstehen wollte, dass Denkmalschutz etwas anderes ist als Ortsbildschutz oder genereller Schutz von historischen Objekten. Nicht alles, was alt ist, ist auch ein Denkmal, sondern das muss auch gewisse Qualitäten haben. Das Denkmalschutzgesetz fordert von uns auch die qualitative Bewertung von künstlerischer, kultureller und historischer Bedeutung, die überregional, österreichweit zu betrachten ist. Und es ist nach dem Denkmalschutzgesetz nicht jedes kleine Vorstadthaus von einer so hohen Wertigkeit, dass es im österreichischen Kontext ein Denkmal sein kann. Und das wollen viele von der SOKO Altstadt nicht verstehen, was die Zusammenarbeit manchmal erschwert. Wenn dann zudem „verbal-radikale" Aussagen getätigt werden, dann dient das der Sache schließlich weniger, als es ihr nutzt. Wenn man zu radikal auftritt, dann kann es passieren, dass ein Objekt schneller weg ist als man glauben möchte.
GAT: Zum konkreten Fall des Girardi-Hauses: das Haus steht offen und ist dem Verfall preisgegeben. Was sind die Maßnahmen, die seitens des Denkmalamtes gesetzt werden können?
Datum:
Terminempfehlungen
Wed 23/10/2013 14:00pm - 18:00pm
_Fortbildung -kurz, Graz
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Hofrat Mag. Dr.phil. Christian Brugger wurde im Jänner 2008 zum Landeskonservator für die Steiermark bestellt. Brugger hat sich während seines Kunstgeschichtestudiums an der Karl-Franzens-Universität Graz, das er 1995 mit einer Dissertation über die „Kirchenbauten in der Zeit des Historismus in der Steiermark“ mit dem Doktorat abgeschlossen hat, intensiv mit Architektur, Denkmalpflege und regionalem Kunstschaffen befasst.