09/10/2009
09/10/2009

Straßenbahngleise in der Grazer Herrengasse mit dem kostengünstigeren Aspaltbelag im Schienenzwischenraum.

Asphalt-Abbrucharbeiten

Auf Nagls Wunsch wurde der vollkommen intakte Asphaltbelag durch eine teure Granitsteinpflasterung ersetzt...

... obwohl die Beläge in den Seitengassen der Herrengasse wesentlich dringender eine Reparatur nötig gehabt hätten. Fotos: el

Foto: e. Mil

Man glaubt es kaum, wenn man durch die Herrengasse geht: Die Sanierung der Fußgängerzone ist endlich abgeschlossen und schon gibt es eine neue Baustelle. Der vor kurzem fertiggestellte Asphaltstreifen zwischen den Gleisen wird gerade abgebrochen und durch Kleinsteinpflaster aus Granit ersetzt – und das in atemberaubendem Tempo. Wäre nur die Hauptbaustelle auch so schnell über die Bühne gegangen!
Was ist hier passiert? Hat die Baufirma das falsche Material verwendet und muss diesen Fehler nun auf eigene Kosten reparieren? Nein! Der Herrn Bürgermeister konnte einfach am Asphalt keinen Gefallen finden (lt. Auskunft von GRin Sigi Binder). Die schöneren Granitpflastersteine haben es ihm angetan. So wird auf Anweisung von Nagl derzeit der kostengünstige Belag entfernt und durch Granitsteine ersetzt. Die Verantwortlichen der Stadt Graz entschieden sich seinerzeit bewusst für die kostengünstigere Variante mit Asphalt. Diese hatte zudem den Vorteil, dass die Straßenbahngleise sehr deutlich zu sehen waren und damit die Aufmerksamkeit der FußgängerInnen auf die Gefahrenquelle Bim gelenkt wurde.
Angesichts der angeblich leeren Stadtkasse fragt man sich, woher das Geld für die Pflastersteine inklusive Abbrechen und Entsorgen des Asphalts kommt? Dürfen PolitikerInnen nach ihrem persönlichen Geschmack die Stadt unter Verwendung öffentlicher Gelder umgestalten oder von ihnen bevorzugte „kosmetische Maßnahmen“ anordnen?
Nein, außer es regiert ein Sonnenkönig.

Da Graz besonders sparsam haushalten sollte, wären viele Anliegen dringlicher zu behandeln als die Laune des Herrn Bürgermeisters. So befinden sich sämtliche Fußgängerzonen in desolatem Zustand, das tägliche (umweltschonende) Radfahren oder Gehen zur Arbeit wird zum riskanten Unterfangen. Im Bezirk Gries musste die Bevölkerung sieben Jahre auf einen Trinkbrunnen für den Johannespark warten; für dringend notwendige Schulerweiterungen (Dachbodenausbau der Fröbelschule und der Keplerschule) im Bezirk Lend wurde das Budget im Gemeinderat bis heute nicht beschlossen. Der Bezirk Lend hat alarmierend wenige Parkflächen, Spielplätze und öffentliche Sporteinrichtungen. Es gibt kein Geld, Flächen anzukaufen oder anzumieten. Würde man eine Prioritätenreihung vornehmen, läge die kosmetische Operation in der Herrengasse wohl an letzter Stelle.

Vizebürgermeisterin Lisa Rücker weist auf Nachfrage von GAT dezidiert darauf hin, dass sie sich vehement und lange gegen diese Verschönerungsmaßnahme gewehrt habe. Leider ohne Erfolg. Die gewünschte Änderung sei aus dem Budgettopf des Bürgermeisters finanziert worden und benötige daher keinen Gemeinderatsbeschluss. Bürgermeister Nagl ist den GrazerInnen jedenfalls eine Erklärung schuldig! (el)

Verfasser/in:
Redaktion GAT Graz Architektur Täglich
winfrid sallinger

....Unter dem Pflaster liegt der Strand. Dieser Spruch spielt darauf an, dass Straßenpflaster häufig auf einem Sanduntergrund verlegt wird, und Pflastersteine eine beliebte Waffe im Straßenkampf waren und bis heute sind.
Da wurde sozusagen viel potentielle Munition für verärgerte Bürger verlegt.
Aber Bürger sind zivilisiert und werfen nicht mit Steinen, schade eigentlich.

Fr. 09/10/2009 12:29 Permalink
Wenzel Mracek

Der BM pflastert sich also seine Hofzufahrt wie er auch schon Zierbäumchen unter sein Fenster gestellt hatte. Ein Oberflächentaucher, dem das Darunter immer schon wurscht war, weil wirklich zu kompliziert, sich damit auch noch zu befassen. Und schmutzig könnte man sich auch machen, das kommt beim Beten in der Kirche nicht gut. Seinen Geschäftspartnern sollen jedenfalls die Wege geebnet bleiben. Davon gibt's noch mehr...

Sa. 10/10/2009 3:24 Permalink
Marina Koch

Die Herrengasse, die wichtigste innerstädtische Einkaufsstraße! Da verstehe man doch die Bemühen des werten Herrn Bgm. sie adrett zu gestalten.
Versucht man das Image einer Stadt über Events und eine 'Kultur des Schönen' zu definieren, ist es natürlich dringenst nötig, auch alle entsprechenden Vorkehrungen dafür zu treffen.
Die Anbringung der Granitsteine ist als ästhetisches Statement zu lesen, in dem sich Bgm. Nagel an eine klare Personengruppe richtet, an die bürgerlichen Grazer Geschäftleute. Seine Lobby die ihn stützt. An all jene also, die die neue Symbolik des Raums zu lesen wissen.
Und jene die anderer Meinung sind? Naja, die werden einfach überhört, zumindest so lange es geht. So is das in Graz. So ist das in Österreich.

Fr. 09/10/2009 3:46 Permalink
E.mil

in den kleinen, verwinkelten, mittelalterlichen altstadtgässchen - davidgasse, kapaunplatz, franziskanergasse, paradeisgasse, usw, usf. wäre die pflasterung optisch wirksamer und zb. für den tourismus sinnvoller. dafür ist leider kein geld (pflasterstein) übrig!

Fr. 09/10/2009 4:07 Permalink
DI Maria Fanta

Schade,das Geld wird an anderen Stellen viel dringender benötigt als Sie glauben, Herr Bürgermeister.
Während es in einigen Bezirken nicht genügend Bäume für eine gesunde Atemluft gibt, dafür aber viele kranke Kinder, leistet mann sich im 1. Bezirk jeden Luxus. Hauptsache das Geschäft floriert......

Mo. 12/10/2009 9:39 Permalink
B. Bertold

Aber aber, gehen Sie bitte mit dem Herrn Bürgermeister nicht so hart ins Gericht. Graz möchte doch "City of Design" werden und mit einem Asphaltbelag im Zentrum der Weltkulturerbezone ist wahrlich kein Riss zu machen. "Wo ein Wille, da ein Weg" - das zeigt uns der Herr Bürgermeister wieder einmal anschaulich.

Fr. 09/10/2009 10:14 Permalink
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