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Bericht
Prüfbericht des Grazer Stadtrechnungshofes (StRH)
Zum geplanten Stadtteil Graz-Reininghaus

In seinem Prüfbericht vom 26.06.2012 befasst sich der Stadtrechnungshof (StRH) unter anderem mit dem geplanten Stadtteil Graz-Reininghaus, zu dem vom 26.06. bis 15.07.2012 eine BürgerInnenumfrage läuft. In seinen Empfehlungen verweist er explizit auf die generell angespannte Finanzlage der Stadt sowie auf das Erfordernis, Investitionsvorhaben auf das absolut notwendige Mindestmaß zu beschränken. Grundlage für die Prüfung waren ein Prüfauftrag des Kontrollausschusses zur Prüfung des Asset One Reininghaus – Entwurfs für einen Grundsatzbeschluss sowie ein Prüfantrag um Projektkontrolle. Aus dem Prüfbericht geht hervor, dass folgende Argumente für einen Kauf der „Projekt Reininghaus Stadtentwicklungs GmbH“ sprechen: • Das „stadtplanerische Argument“: Auf dem Areal kann die Stadt Graz einen Stadtteil entwickeln und die städtischen Zielvorstellungen besser und effizienter durchsetzen. • Das „Rentabilitätsargument“: Nach den Modellannahmen kann erwartet werden, dass der Ankauf des Areals erfolgsneutral ist und sogar Aufwertungsgewinne lukriert werden, die die ohnedies nötigen Infrastrukturinvestitionen mitfinanzieren würden; • Das „Risikoargument“: durch die vorgeschlagene Projektfinanzierung ist das städtische Gesamtrisiko limitiert und limitierbar; • Das „gesamtstädtische Argument“: Durch die attraktive Entwicklung des Areals wird Nachfrage nach Wohn- und Geschäftsraum geschaffen, was zu einer nachhaltigen Stärkung des Wohn- und Wirtschaftsstandortes führen kann und die städtischen Einnahmen begünstigt. Diesen Argumenten sind allerdings folgende Risiken gegenüberzustellen: • Verwertungsrisiko “Zeit“; • Verwertungsrisiko „Untergrund“ (etwa durch Bombenverdachtspunkte, Archäologische Verdachtsflächen etc.); • Verwertungsrisiko „Oberfläche“ (etwa durch die bestehenden Brunnenschutzgebiete, die Sevesoschutzzone, vorliegende Bestandsverträge oder den Denkmalschutz); • Verwertungsrisiko „Verkehrserschließung“ (etwa durch eine nicht ausreichende Verkehrsinfrastruktur). Das Hauptziel der Stadt, die mit dem Eigentum an den Liegenschaften umgesetzt werden soll, ist die lenkende Mitbestimmung des Planungsprozesses. Dies soll mit geladenen Wettbewerben, Energieaufbringung und Energieversorgung erreicht werden. Ein weiteres Ziel ist die Schaffung von attraktivem, „leistbaren“ Wohnraum, um so dem Bevölkerungswachstum Rechnung zu tragen und dem Zuwachs der PendlerInnen entgegenzuwirken. Die „Leistbarkeit“ des Wohnraumes soll zum einen dadurch erreicht werden, dass durch den Wohnungsbau das Angebot erhöht und damit die Preissteigerungen moderat gehalten werden soll. Zum anderen sollen durch die ökologische, energieeffiziente Bauweise die Betriebskosten niedrig gehalten werden. Mit dem Instrument des Flächenwidmungsplans hat die Stadt Graz ein Instrument, insbesondere mit der Definition von Vorbehaltsflächen, die im Rahmenplan definierten Flächen mit öffentlichem Zweck von den EigentümerInnen einzulösen. Ein entsprechendes Risiko bleibt hier der Preis der einzulösenden Grundstücke. Der Stadt Graz ist es durch das Instrument des Bebauungsplanes neben den Vorbehaltsflächen im Flächenwidmungsplan möglich, mit Regelungen zum Verkehr (fließend, ruhend und öffentlich) und zu den Gebäuden (Nutzung, Höhe, Lage etc.) auf das Aussehen und die Struktur des neu zu schaffenden „Stadtteil Reinighaus“ weitgehend einzuwirken. Bei einem Verkauf der Liegenschaften unter Vorbehalt steht zu erwarten, dass dadurch das Finden von Kaufinteressenten schwieriger und die Zahlung des Kaufpreises später erfolgen wird. Diese Option scheint daher nur wenig für „schnelle“ Verwertungen geeignet zu sein. Das größere Mitspracherecht würde mit höherer Zinslast „erkauft“. Im Rahmenplan Graz Reininghaus wird festgestellt, dass das ca. 100 ha umfassende Planungsgebiet ein langfristiges Potenzial für 12.000 – 20.000 BewohnerInnen bzw. BenutzerInnen bietet. Aus den aktuellen Bevölkerungsprognosen lässt sich ableiten, dass bei der Entwicklung des neuen „Stadtteils Reininghaus“ insbesondere auch auf Maßnahmen des „Diversity Managements“ Rücksicht genommen werden muss. Dabei wäre bei der Planung nicht nur auf ein gedeihliches kulturelles sondern insbesondere auch auf ein gutes Zusammenleben der Generationen zu achten. Projektgesellschaft Um die gegenständlichen Liegenschaften zu bewerten wurde ein Sachverständigengutachten im Jahr 2010 im Auftrag der Stadt Graz erstellt, das von der Stadt Graz zur Beurteilung der Liegenschaften und als Basis der Verhandlungen herangezogen wurde. Die Ermittlung des Verkehrswertes unter Verwendung des Vergleichswertverfahrens erfolgte auf Basis des zu diesem Zeitpunkt gültigen Flächenwidmungsplanes und war nachvollziehbar. Der Erwerb der Liegenschaften für das Projekt „Reininghaus“ erfolgt durch einen Anteilserwerb im Ausmaß von 96 % des Stammkapitals an der Projekt Reininghaus Stadtentwicklungs GmbH durch die Stadt Graz (bzw. einer ihrer Beteiligungen). Die restlichen 4 % des Stammkapitals werden von der Steiermärkischen Sparkasse AG erworben (share deal). Die Liegenschaften umfassen insgesamt 51,6 ha (516.000 m²) und sind teilweise bebaut. Für die Gebäude bestehen unterschiedliche Bestandsverträge, durch die laufende Einnahmen erzielt werden. Die zu übernehmenden Schulden (Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten lt. Planbilanz zum 30.6.2012) belaufen sich auf 75 Mio. EUR Die Finanzierung dieses Betrages soll durch eine Kreditaufnahme in Höhe von 50 Mio. EUR und durch eine Eigenmittelaufbringung i. H. v. 25 Mio. EUR abgedeckt werden. Die von der Stadt Graz (ihrer Beteiligung) aufzubringende anteilige Eigenmittelfinanzierung soll durch andere Grundstücksverkäufe erwirtschaftet werden. Diese Grundstücke befinden sich bereits im Eigentum der Stadt Graz und werden nun veräußert. Da die Verkaufserlöse derzeit noch nicht lukriert werden konnten, erfolgt eine Zwischenfinanzierung i. H. v. 24 Mio. EUR. Die restliche Eigenmittelaufbringung i. H. v. 1 Mio. EUR erfolgt durch den anderen Anteilseigentümer. Die Verwertung der Liegenschaften Reininghaus soll innerhalb von zehn Jahren erfolgen. Die Errichtung der noch fehlenden Infrastruktur für dieses Areal wird nicht in dieser Verwertungsgesellschaft abgewickelt.

Verfasser / in:

Stadtrechnungshof (StRH) Graz

Datum:

Tue 03/07/2012

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Infobox

BürgerInnenumfrage zu Reininghaus und Umweltzone: 1 _ Soll Graz die Reininghausgründe kaufen? Die Reininghausgründe im Westen von Graz sind die größte Baulandreserve der Stadt. Dort kann ein Stadtteil für mehr als 10.000 Menschen entstehen. Die Stadt Graz überlegt einen Kauf des Areals um 75 Millionen Euro, damit sie dessen Entwicklung besser gestalten kann. 2 _ Soll Graz für eine Umweltzone eintreten? Der Feinstaub im Großraum Graz gefährdet die Gesundheit. Ein Hauptverursacher ist der Verkehr. Eine Maßnahme zur Verringerung von Feinstaub ist eine vom Land Steiermark zu verordnende Umweltzone ab Oktober 2013. Das bedeutet ganzjährige Fahrbeschränkungen und -verbote für Diesel-PKW der EURO-Klassen 0, 1, 2 sowie 3 ohne Partikelfilter. Zu diesen beiden Fragen können sich ab sofort 230.864 Grazerinnen und Grazer zwischen 29. Juni und 15. Juli äußern. Drei Teilnahmemöglichkeiten stehen offen: Postalisch, persönlich oder online.

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