16/10/2015

Projekt Mont-Saint-Michel abgeschlossen

Der Inselcharakter des Mont-Saint-Michel ist wiederhergestellt.

Feierliche Eröffnung
16. Oktober 2015.

Bauherr: Syndicat mixte du Mont-Saint-Michel

Architektur
Dietmar Feichtinger Architectes

Wettbewerb: 2002
Planungsbeginn: 2003
Baubeginn: 2011
Fertigstellung: 2014

In der GAT-Reihe bauwerk.aktuell werden Architekturproduktionen innerhalb und außerhalb Österreichs präsentiert, die kürzlich fertiggestellt wurden. Bei der Kuratierung werden Projekte von AkteurInnen bzw. ProtagonistInnen mit Bezug zur Steiermark bevorzugt.

16/10/2015

Der Steg zum Mont-Saint-Michel

Architektur: Dietmar Feichtinger Architectes©: Michael Zimmermann

Der Steg zum Mont-Saint-Michel

©: David Boureau

Der Steg zum Mont-Saint-Michel

©: Michael Zimmermann

Mont-Saint-Michel – Festland

©: DFA / Pavel Rak

Der Steg zum Mont-Saint-Michel

©: Michael Zimmermann

Projekt Mont-Saint-Michel, Lageplan

©: Dietmar Feichtinger Architectes

Nach zehn Jahren Vorbereitungszeit ist das Projekt zur Wiederherstellung des Inselcharakters des Mont-Saint-Michel 2015 abgeschlossen worden. Um diese neue Phase des Klosterbergs zu feiern, organisierte das Syndicat Mixte Baie du Mont-Saint-Michel am 16. Oktober 2015 eine feierliche Eröffnung: eine Kunst- und Lichtinstallation setzte den neuen Steg und den Damm in Szene und das Wasser erinnerte mit einer künstlerischen Bespielung an die Zeiten, als der Klosterberg noch zu Schiff erreichbar war.

Der Steg
Die Bucht um den Mont-Saint-Michel besticht durch die Gewalt des Ortes, die Schönheit des Lichts und die Farben der Natur. Der Mont und seine Bucht stehen seit 1979 auf der Unesco-Weltkulturerbe-Liste. Durch den Bau einer Straße (1879) wurde eine Verbindung der Insel mit dem Festland hergestellt, die jedoch den freien Lauf der Meeresströmungen verhinderte, indem das Wasser des Flusses Couesnon von der Bucht getrennt wurde. Die Bucht verlandete, die Insel “verschwand” langsam. Der neue knapp 760 Meter lange Steg ersetzt die massive Fahrbahn und macht den Mont-Saint-Michel wieder zur Insel.

Eingriffe des Menschen sind in diesem Zusammenhang mehr als heikel. Daher hat das Projekt es sich zum Gebot gemacht, die Atmosphäre und die Einzigartigkeit des Ortes, die durch seine Magie und das Fehlen von Bezugspunkten oder -größen entsteht, nicht anzutasten. Die Intention des Projektes ist es, die Unendlichkeit der Landschaft zu betonen. Besucher erleben sich hier als kleinen Teil von etwas Großem.
Das Design des Stegs fügt sich in die Landschaft so nahtlos wie möglich ein, um maximale Transparenz zu gewährleisten. Die Strömung des Wassers ist einer der wichtigsten Faktoren; sie lässt den Mont-Saint-Michel wieder zur Insel werden und beschleunigt die Aushöhlung der Flussmündung.

Auf dem Wasser gehen
Eine Serpentine auf 134 Pfeilern führt über das Watt bis zum Mont. Dabei berührt die niedrige Struktur beinahe das Wasser. Der Charakter des Stegs resultiert aus einer sehr bewussten Beziehung zum Ort. Es entsteht mehr als ein einfaches Überqueren: die engen Abstände der Pfeiler bringen die Fußgänger dem Wasser näher.
Der Steg beschreibt eine ausladende gekurvte Linie, die sich an den Linien der Landschaft und der Sandbänke orientiert. Der Fußgänger erlebt den Mont und die Landschaft aus verschiedenen Perspektiven ohne ständig das Brückendeck vor sich zu haben. Man nähert sich dem Mont, ohne direkt auf ihn zuzugehen. Der Steg endet auf einem dem Berg vorgelagerten Bereich, der aus Sedimenten aufgebaut ist. Er ist überflutbar, wodurch der Berg für ca. 70 Stunden pro Jahr zu einer völlig isolierten Insel werden kann.

Struktur & Materialität des Stegs
Funktionell ist der Steg in drei Bereiche unterteilt: Ein zentrales Band in der Breite von 7 Metern ist dem Shuttle- und Lieferverkehr vorbehalten. Es wird im Osten von einem 4 Meter breiten Band und im Westen von einem 1,50 Meter breiten Sicherheitsstreifen begleitet. Diese seitlichen Bänder sind für Fußgänger vorgesehen.
Die Shuttlebusse halten 200 Meter vor dem Ende des Stegs. Ein Terminal verbreitert den Steg. Die Ausweitung des Fußgängerbereichs nimmt den vergrößerten Fußgängerfluss auf und dient als Wartebereich, die Ausweitung des Fahrbandes ermöglicht das Manövrieren der Shuttles.
Die einzelnen Bänder sind durch ihre Materialien charakterisiert: Die Fahrbahn wird aus Betonelementen hergestellt, die Fußgängerbereiche weisen einen durchlässigen Holzbelag aus Eiche auf. Zwischen Fahr- und Fußgängerbereich im Osten ist ein 80 Zentimeter breites, vom Boden abgehobenes Betonelement angelegt. Dieses Element stellt einen Schutz zwischen den Bereichen dar und dient gleichzeitig als Bank. Die Beleuchtung des Weges ist an der Unterseite dieser Bank integriert und unterstreicht bei Nacht die Horizontalität im Kontrast zur durch Licht inszenierten Vertikalität der Abtei auf dem Berg.

Projekt-Abschnitte

1 – Ersatz der Dammstraße durch einen Steg auf Pfeilern, der der Strömung freien Lauf lässt. Ein Teil des Stegs ist den Fußgängern vorbehalten, der andere Teil ist als Zubringerstraße für den Shuttle- und Zulieferungsverkehr ausgebildet. 

2 – Herstellung eines Staudamms an der Einmündung des Flusses Couesnon:
Ein System von Staukammern hält das Wasser bei steigender Flut zurück. Bei Ebbe werden die Tore geöffnet, sodass das Wasser die Sedimente mit sich reißt.

3 – Verlagerung der Parkplätze auf das Festland. Der Mont ist von den neuen Parkplätzen zu Fuß oder mit Hilfe von speziell entworfenen Shuttle-Bussen erreichbar.

Netzwerktreffen
16. + 17.11.2023
 
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