16/12/2014

Privatissimum vom Grilj
Jeden 3. Dienstag im Monat

Zur Person:
Mathias Grilj (* Kamnik, SLO) lebt als freier Journalist und Schriftsteller in Graz.

16/12/2014
©: Mathias Grilj

Weniger Licht!

"Mehr Licht!"
Goethes letzte Worte

"Es wird scho glei dumpa..."
Anton Reidinger

"Das Leben verliert ein bisserl,
wenn man es kennenlernt."
Josef Hader

"Duhuu!"
Ute Baumhackl

In einem Supermarkt wurde ich neulich, beim Nachdenken über die Weihnachtsbeleuchtung, herrisch angebellt. Ein Kerl, der mir kaum bis zur Schulter ging, plärrte mir blechern "Jingle Bells" ins Ohr. Er wackelte herum, war auf Santa Claus kostümiert und trug Bart und Brille. Sonst sah sein Gesicht aus wie das Gesicht einer Frau, die sich ständig Schönheitsoperationen unterzieht. Aha, der Santa Claus ist aus Kunststoff und reagiert auf einen Bewegungsmelder. Ich wollte mich für das Verbellen revanchieren, ihn ins wahre Burnout treiben. Mehr noch, ich wollte, als ich vor ihm auf und ab spazierte, dass er eingeht.
Es ist mir nicht gelungen. Eher kommen die Angestellten des Supermarkts ins Burnout als so eine Santa Claus-Maschine.

Was mich am Handel persönlich empört: Er stiehlt mir die Pointe der Epiphanie. Da schleppt man unter größter Geheimhaltung den Weihnachtsbaum ins Zimmer, verbarrikadiert die Türen, turnt leiterauf und leiterab, bemüht sich um Harmonie und Schönheit, um dann, wenn es soweit ist und die Kerzlein funkeln und die Kugeln gülden glitzern, mit dem Glöckerl ganz englisch zu bimmeln und sich auf das Leuchten der Kinderaugen zu freuen...
.... und dann kommen sie herein und sagen vor dem Mirakel womöglich: "Der beim Eurospar ist aber größer."
Wie soll ein Zauber am 24. Dezember funktionieren, wenn ihn die Kinder schon seit November in jeder zweiten Geschäftsvitrine gesehen haben? Es ist, als erzählte man einen Witz, wo die Leute gleich abwinken.
Wäre ich das Geburtstagskind, also Jesus, der ungefähr im Jahre 30 n. Chr. die Händler aus dem Tempel geprügelt hat, wüsste ich natürlich aus dem Ärmel, was in den Supermärkten tun. Aber wer bin ich denn schon anno 2014? Ein alter, sentimentaler Trottel, den man wieder einmal um eine Pointe bringt.

PS: Neulich habe ich gelernt, dass der Ausdruck Molotow-Cocktail 1939/1940 n. Chr. von den Finnen erfunden worden ist. Mit dieser schlichten Improvisation haben sie - Gut Licht! - etliche sowjetische Panzer erledigt.

PPS: Einmal hat mich ein Enkel beim Schmücken des Christbaums ertappt. Der für das Leuchten der Kinderaugen vorgesehene Ort war noch schlechter gesichert gewesen als eine Baustelle. Ich habe gebeichtet, dass ich gelegentlich ein Hilfsarbeiter des Christkinds bin. "Aber das bleibt unser Geheimnis, ja?" Natürlich hat er´s sofort seiner Tante berichtet. Auf mein "Duhuu, ist das nicht unser Geheimnis?" flüstert er: "Ich hab´s eh nur ganz leise erzählt."

Michaela wambacher_www

Johannes Engelke "Den Nächsten, der Frohe Weihnachten zu mir sagt, bringe ich um". 12 Thriller rund um die Weihnachtszeit. ISBN: 978-3-426-19986-2.

Mi. 17/12/2014 10:19 Permalink
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