10/10/2016

Am Dienstag, 4. Oktober 2016 wurde im afo in Linz der outstanding artist award des Bundeskanzleramtes für experimentelle Tendenzen in der Architektur 2016 an
Nina Valerie Kolowratnik
 für Eine Architekturforschungs- praxis zu räumlichen Notationssystemen im Bereich Migration und Menschenrechte in Palästina und New Mexico vergeben.

Anerkennungen gehen an

TAB
(Therese Leick, Philippe Jans, Charles Rauchs, Wilhelm Scherübl) und Falk Kremzow für The Golden Age of Nothing

Institut for Artistic and Scientific Research (Michael Hieslmair und Michael Zinganel) für Stop and Go. Nodes of Transformation and Transition

pol (Gerhard Flora, Laura Amann, Rainer Ausserer, Philipp Oberthaler) für The Architecture of Make Belief

10/10/2016

outstanding artist award Architektur 2016: Nina Valerie Kolowratnik für Forschungsprojekte in Palästina und New Mexico

©: Hannah Zora Buschek

outstanding artist award Architektur 2016: Nina Valerie Kolowratnik für Forschungsprojekte in Palästina und New Mexico

©: Nina Valerie Kolowratnik

Der outstanding artist award des Bundeskanzleramtes für experimentelle Tendenzen in der Architektur ist eine biennale Auszeichnung für ProfessionistInnen, die am Beginn ihrer beruflichen Laufbahn stehen. Die Intention des Preises ist, das derzeitige Spektrum aller Facetten von Raumproduktion aufzuzeigen, deren mögliche Entwicklungen zu erkennen und weiter voranzutreiben. Die inhaltliche Bandbreite kann vom gestalterischen und technischen Experiment bis zu räumlichen und prozessualen Versuchen reichen.

Von der Jury (Sabine Bitter, Vancouver, Raffaela Lackner, Klagenfurt und Michal Škoda, Budweis) wurden aus 46 Einreichungen der Hauptpreis und drei Anerkennungspreise ermittelt.

Preisträgerin

  • Der erste Preis geht an Nina Valerie Kolowratnik für ihre Forschungsprojekte zu Konfliktzonen in Palästina und New Mexico. Als Lehrende an verschiedenen Universitäten von der TU Wien bis zur Columbia University befasste sie sich auch umfangreich mit den räumlichen Rahmenbedingungen von MigrantInnen und Flüchtlingen. Die Einreichung beeindruckte die Jury mit ihren höchst relevanten Fragestellungen und konsequenten Analysen
 des Zusammenbringens unterschiedlichster Formen der Raumproduktion. Anhand des Themas der Rückkehr von palästinensischen Flüchtlingen, oder auch der Forderung indigener Bevölkerungsgruppen nach Landrückgabe in den USA analysiert Kolowratnik räumliche Strukturen. Sie setzt unterschiedliche Perspektiven aus denen sie Raum darstellt.
 Am Beispiel von Palästina und New Mexico zeigt sie die Notwendigkeit des Aufbrechens ideologischer Grenzen im Kopf indem sie Geografie, Erinnerung und Landschaft methodisch zueinander stellt. Die Verknüpfung von einem staatlichen Rechtssystem im Gegensatz zu indigenen spirituellen Praktiken, die sie kartographisch aufbereitet, eröffnet eine neue Sichtweise auf dieses konfliktreiche Verhältnis.
 Die Frage wer sich in Zukunft wo unter welchen Bedingungen niederlassen wird können, ist eine der dringlichsten Fragen zur Zeit. Nina Kolowratniks Methode der Forschung wird dazu einen wichtigen Beitrag leisten können.

Anerkennungen
Drei Anerkennungspreise werden verliehen an:

  • TAB (Therese Leick, Philippe Jans, Charles Rauchs, Wilhelm Scherübl) und Falk Kremzow für das Projekt The Golden Age of Nothing.

    Die Arbeit des Kollektivs TAB dokumentiert die aktuellen Ereignisse in Europa und spinnt diese in einer möglichen Formulierung von Grenzen und gebauten Zwischenwelten weiter. Der ursprüngliche Gedanke des Gemeinsamen – ein Europa ohne Grenzen – wird aufgehoben und baulich in verschiedenen Positionen manifestiert.
Erzählungen von verschiedenen Charakteren aus unterschiedlichen Ländern zeigen die „Urangst vor dem Ungewissen“ auf, welche tiefe Gräben in die Gesellschaft getrieben hat. Mit einem unverklärten und nüchternen Blick in die Zukunft werden gesellschaftliche Entwicklungen, anhand einer spekulativen Krisenrhetorik aufgezeigt. Das Projekt zeigt, dass gebaute Architektur separieren, aussperren, Angst schüren und Freiheit im Keim ersticken kann.
    Mit den Positionen soll die heutige Gesellschaft wach gerüttelt werden – denn jeder einzelne trägt Verantwortung für die Entwicklung unseres Zusammenlebens.
  • Institut for Artistic and Scientific Research – Michael Hieslmair und Michael Zinganel für das Projekt Stop and Go. Nodes of Transformation and Transition.Das Duo Hieslmair und Zinganel entwickelt eine vernetzte Kartografie von Knoten und Routen, die supranationale Entwicklungen mit individuellen Erfahrungen mobiler Akteure innerhalb urbaner Transformationen verbindet.
 Das Verständnis von Urbanität als Grad der Differenz des Handelns wird an spezifischen Orten dokumentiert. Alltagserfahrungen gekoppelt mit Handlungsweisen und Interaktionen produzieren Einschreibungen ins urbane Gewebe. Die Zukunft der Städte und wie sich Urbanität manifestiert, wird maßgeblich von diesen Phänomenen, die nur teilweise geplant werden können, sich aber hauptsächlich aus alltäglichem Handeln konstituieren, bestimmt werden.
  • pol (Gerhard Flora, Laura Amann, Rainer Ausserer, Philipp Oberthaler) für das Projekt The Architecture of Make Belief

    Die Arbeit überzeugt die Jury in seiner Dichte und spannenden Aufbereitung. Die Rolle der Architektur als Geformtes und als Formendes wird lustvoll zur Debatte gestellt. Im Sinne einer Produktion des Raumes, die Architektur nicht als passiv versteht, sondern als aktiven Agenten, wird ein grafischer Diskurs hergestellt. Allerdings nicht als lineare Erzählung von Architekturgeschichte, sondern als gesellschaftliche Notwendigkeit. Die Methode einer Graphic Novel ist ein gelungenes Format, Geschichte und Geschichten als eine Aneinanderreihung und Schichtung von Brüchen und Widersprüchen darzustellen. Geänderte Perspektiven, spekulative Architekturen und wechselnde Standpunkte – eine beeindruckende Welt die nicht nur für Architekturstudierende, sondern auch für StadtbenützerInnen Lektüre sein sollte.

Ausstellung
Die Ausstellung mit den Preisträgerprojekten und einer Auswahl aus den 46 Einreichungen ist bis 29. Oktober 2016 im afo architekturforum oberösterreich zu sehen. (Mi-Sa 14-17 Uhr, Fr 14-20 Uhr)

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