29/04/2014

Baukultur, ASVK, Kunst im öffentlichen Raum, Projekte & Schwerpunkte im Kulturressort standen im Mittelpunkt des Interviews mit Landesrat Dr. Christian Buchmann, zuständig für
Wirtschaft _ Wachstum durch Innovation
Kultur_ Internationalisierung, Integration, Migration, Kulturvermittlung
Europa_ Europa der Regionen

Das Interview konnte aus terminlichen Gründen vonseiten des Landesrats nur schriftlich durchgeführt werden

29/04/2014

Landesrat Dr. Christian Buchmann

©: Schiffer

Martin Brischnik und Petra Kickenweitz haben im April 2014 den steirischen Landesrat Dr. Christian Buchmann um Antworten auf Fragen gebeten, die die Themen Baukultur in der Steiermark, die Grazer Atlstadt-Sachverständigen-kommission, die Kunst im öffentlichen Raum und die Projekte & Schwerpunkte des Kulturressorts des Landes Steiermark betreffen.

Thema Baukultur

Am 15. Mai 2014 findet die erste Enquete zum Thema Baukultur in der Steiermark statt, welche im steirischen Landtag einstimmig beschlossen wurde. Welches konkrete Resultat erhoffen Sie sich von dieser Enquete? Was sind die Ziele, die mit dieser Enquete verfolgt werden? Es gibt bei der Enquete drei Themenbereiche: Zentren stärken, Räume gestalten, sowie Kreativität und Nachhaltigkeit einfordern. Warum wurde der Wohnbau, der ja in alle drei Bereiche hineinspielt, von der Enquete explizit ausgenommen, vor allem vor dem Hintergrund, dass seit der letzten Nationalratswahl der Wohnbau bzw. die Wohnbauförderung bundesweit Thema ist?
Im Baukulturbeirat Land Steiermark wurde bereits 2010-11 ein internes Papier erarbeitet, welches den beispielhaften Ablauf eines Bauvorhabens auf Gemeindeebene von der Bedarfserhebung, über die Standortwahl und die Vergabekriterien vorzeichnet. Dieses Papier wurde damals von der Landesregierung nicht beschlossen, weshalb die Bedarfszuweisungen an die Gemeinden derzeit nicht an verbindliche, baukulturelle Vorgaben gebunden sind. Wie sieht es nun, auch im Hinblick auf die Enquete, mit der Umsetzung dieses Papiers aus?
Laut Homepage
(http://www.verwaltung.steiermark.at/cms/ziel/74837766/DE/) war der Anlass für die Erstellung der Baupolitischen Leitsätze des Landes Steiermark 2009 die Veröffentlichung des österreichischen Baukulturreports 2006. Mittlerweile gibt es bereits den Baukulturreport 2011 und es sind einige Jahre seit Erstellung vergangen. Die Umsetzung der baupolitischen Leitsätze bzw. die Forcierung der Verbindlichkeit im Zuge eines Landtagsbeschlusses konnte damals nicht erreicht werden. Wie sieht es nun, vor allem im Hinblick auf die kommende Enquete damit aus?

Christian Buchmann: Die Initiative des Landtag Steiermark, die ich sehr begrüße und auf intensiven Vorarbeiten des Baukulturbeirats – einem landesinternen Forum unter der Leitung des Landesbaudirektors, dem auch der Leiter der Abteilung 9 - Kultur, Europa und Außenbeziehungen angehört – in enger Zusammenarbeit mit der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten aufbaut, soll das mit den baupolitischen Leitsätzen des Landes Steiermark begonnene bzw. wieder aufgenommene Thema Baukultur verstärkt in den Köpfen der Steirerinnen und Steirer verankern. Ich denke, dass sich aus den Ergebnissen der Enquete ein breiter Gestaltungsspielraum ergeben wird, den der Landesgesetzgeber für legistische Initiativen nutzen kann und wird. In diese Thematik spielen die Gesetzesmaterien Altstadterhaltung und Ortsbild, für die ich in der Landesregierung verantwortlich bin, selbstverständlich als wichtige Fragen hinein. Ohne jetzt in bekannt reflex-österreichischer Art auf „Nicht“-Zuständigkeiten zu pochen, muss ich jedoch bei diesem Gesamtthemenkomplex, der insbesondere Fragen der Raumordnung und des Baugesetzes im Fokus hat, an meine Regierungskollegen, insbesondere an Landeshauptmann Voves, verweisen.

Thema ASVK (Grazer Altstadt-Sachverständigenkommission)

Seit Ihrer Bestellung des neuen Altstadtsachverständigenkommissions-Vorsitzenden im Februar 2011 durch Wolfdieter Dreibholz und Bestätigung von Michael Szyszkowitz als seinen Stellvertreter häuften sich zahlreiche Vorwürfe, sodass die Kammer der ZiviltechnikerInnen für Steiermark und Kärnten (ZT-Kammer) ein Positionspapier mit Unterschriftenliste im November 2012 formulierte und Ihnen übergab, sowie die Stadt Graz im November 2013 eine Petition mit dem Ersuchen an das Land Steiermark um die Novellierung des Grazer Altstadterhaltungsgesetzes 2008 (GAEG) und die Einrichtung einer Arbeitsgruppe einreichte.
Die Vorwürfe seitens der Kammer und der Stadt Graz gegenüber einigen ASVK-Mitgliedern wiegen schwer. Unter diesen Vorwürfen leidet das Ansehen der gesamten Kommission und ihrer Mitglieder nun seit 3,5 Jahren und dieses wird nachhaltig geschädigt. Warum haben Sie bisher nicht regulierend bzw. streitschlichtend eingegriffen und Maßnahmen bzw. Konsequenzen gesetzt?

Christian Buchmann: Eingangs muss ich betonen, dass die Grazer Altstadt-Sachverständigenkommission (ASVK) vom Landesgesetzgeber seit dem ersten Grazer Altstadterhaltungsgesetz (GAEG) 1974 bewusst als weisungsfreies und daher gänzlich unabhängiges Fachexpertengremium eingerichtet wurde. Die Bestellung der Mitglieder und Ersatzmitglieder durch die Landesregierung hat eine Reihe von Nominierungsrechten zu berücksichtigen. Nur fünf, darunter die beiden baujuristischen Berater, von 17 Personen dieses Gremiums – wovon im Streitfall die Hälfte das Stimmrecht ausüben können – bestimmt das Land Steiermark, die Landesregierung, autonom. Auch die Ihrerseits angesprochenen und halböffentlich in Foren angefeindeten Personen, die weit über die Grenzen des Bau-Kultur-Geschehens in der Steiermark renommiert sind, wurden über meinen Vorschlag von der Steiermärkischen Landesregierung ausgewählt und beschlossen. Die Angriffe zur Person des Vorsitzenden kommen in erster Linie von Aktivbürgern, denen der Erhalt jedweder alter Bausubstanz besonders am Herzen liegt und weniger seitens der Architekten- oder Bauherrnschaft. Die von der Architektenkammer und der Stadt Graz vorgebrachten Bedenken gegen einen planenden Architekten, sprechen über die im Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz normierten und von der ASVK und ihren (auch in Graz) planenden Mitgliedern strengst befolgten Befangenheitsgründen hinausgehende „Verdachtsmomente“ an. Diesen und weiteren Fragen wird sich eine gemeinsame Arbeitsgruppe, die in Reaktion auf die Petition des Grazer Gemeinderates vom November 2013 eingerichtet wurde, widmen. Meinerseits wurde eine Vielzahl an Gesprächen im Vorfeld geführt, wobei die Standpunkte betroffener Gruppen mit guten Argumenten untermauert sind. Jedenfalls halte ich fest, dass die ASVK in ihrer aktuellen Zusammensetzung ihre Aufgabe im strengen Rahmen der Gesetze erfüllt.

Warum kam es zu keinerlei Konsequenzen, nachdem die Kammer bereits ein Positionspapier im November 2012 einbrachte und das daraufhin im Dezember 2012 erfolgte Gespräch mit Vertretern der ASVK zu keinem Ergebnis führte?

Christian Buchmann: Mir sind keinerlei Vorwürfe bekannt, die zu Konsequenzen hätten führen müssen. Das Gespräch zwischen Kammer und ASVK hat sehr wohl zu einem Ergebnis geführt – wobei jedoch zu manchen Fragen unterschiedliche Standpunkte bezogen wurden.

Was ist der aktuelle Stand der Dinge bzgl. der von der Stadt Graz eingebrachten Petition? Welche Personen bzw. Institutionen werden Ihrerseits zur Arbeitsgruppe, welche die Stadt Graz einfordert, geladen? Wann wird diese Arbeitsgruppe ihre Arbeit aufnehmen können? Welches Resultat darf hieraus erwartet werden?

Christian Buchmann: Dazu ist, wie schon zuvor angesprochen, eine Arbeitsgruppe eingerichtet worden, die Ende April zu einem ersten Meinungsaustausch zusammentritt. Jedenfalls möchte ich nicht Ergebnissen der auf breiter Basis eingerichteten Arbeitsgruppe „Stadt-Land-Kammern-Bürgerinitiativen“ vorgreifen, die, wenn abschließend überzeugende Argumente vorgebracht werden, in eine neue gesetzliche Form gebracht werden können.

Worin sehen Sie die Ursachen bzw. wie beurteilen Sie die Tatsache, dass das Bundesdenkmalamt zu Jahresanfang sein Mitglied aus der Grazer Altstadt-Sachverständigenkommission zurück gezogen hat?

Christian Buchmann: Die einseitige Vorgangsweise des Bundesdenkmalamtes hat mich insofern überrascht, als nicht zuletzt im Zuge der Begutachtung für das 2008 beschlossene (neue) GAEG, eine eindeutige Stellungnahme der Bundesregierung abgegeben wurde und die Frage der konkreten Mitwirkung von Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeitern des Bundesdenkmalamtes außer Zweifel stand. Durch einen denkmalamtsinternen „Kodex“ wurde den bisher nominierten und bestellten Denkmalschützern eine Teilnahme in der gesetzlich vorgesehenen Form unmöglich, weshalb sie mit Jahreswechsel resignieren mussten. Das Bundesdenkmalamt hat auf eine Nachnominierung für die bis 2015 laufende Funktionsperiode aus unerklärlichen Gründen verzichtet. Das heißt konkret, das Nominierungsrecht fällt an das Land Steiermark zurück. Um ersatzweise zu weiteren geeigneten Experten für die ASVK zu kommen hat die Landesregierung beschlossen, an die Bauinnung und die Fachgruppe der Immobilienentwickler heranzutreten, da – nicht zuletzt nach Meinung der ASVK – damit das Beurteilungsspektrum und damit die Gutachtentreffsicherheit der ASVK erhöht bzw. gestärkt werden kann.

Warum wurde Ihrerseits der stellvertretende ASVK-Vorsitzende Michael Szyszkowitz, entgegen allen zeitlichen Beschränkungen (fünf Jahre laut GAEG 1980, eine Legislaturperiode der Landesregierung laut GAEG 2008) seit 23 Jahren in der ASVK, wiederum in die ASVK bestellt?

Christian Buchmann: Festhalten muss ich hier, dass das Gesetz sehr wohl Funktionsperioden kennt, allerdings keine Beschränkung für Personen, erneut bestellt zu werden. Die besondere fachliche und persönliche Qualifikation von Prof. Szyszkowitz steht wohl außer Streit. Die erste Nominierung erfolgte seinerzeit von der Architektenkammer. In der Folge hat das Land Steiermark auf die besondere Erfahrung und Kompetenz des international höchst ausgezeichneten steirischen Baukünstlers setzen dürfen – das von vielen Seiten gemeinsam erzielte Ergebnis lässt sich an dem über die letzten Jahrzehnte erhaltenen und gestalteten Grazer Stadtbild ablesen: Graz als UNESCO-Weltkulturerbe und Graz als überregional ausstrahlende Architekturhauptstadt, Stichwort: Grazer Schule.

Die ASVK hat selbständig die Geschäftsordnung dahingehend abgeändert, dass sie nur noch als stimmberechtigte Juroren in Wettbewerbsjurien teilnehmen. Dies kritisiert die ZT-Kammer im Sinne der Unvereinbarkeit. Wie ist Ihre Stellung hierzu?

Christian Buchmann: Die ASVK ist ein weisungsfreies Gutachterkollegialorgan, das seine Entscheidungen – auch zu ihrer Geschäftsordnung - entsprechend der Gesetze und demokratisch legitimiert mit Mehrheitsbeschluss trifft. Zur Entsendung von Mitgliedern in Wettbewerbsjurien ist die ASVK nicht verpflichtet. Daher regelt sie ihre Teilnahme autonom – übrigens auch die von der Architektenkammer und der Stadt Graz in Jurien berufenen Mitglieder agieren dort mit Stimmrecht. Jedenfalls muss festgehalten werden – und dies wird auch jedem Interessenten bzw. Auslober unmissverständlich mitgeteilt – dass die Meinung (mit oder ohne Stimmrecht in der Jury) des von der ASVK über Anfrage entsandten Mitglieds niemals ein Präjudiz für die gutachterliche Tätigkeit der ASVK darstellt und darstellen kann. Auch in diesem Zusammenhang muss unmissverständlich gesagt werden, dass der ASVK eine rein gutachterliche Stellung in Bauverfahren nach dem GAEG und keine Behördenstellung zukommt. Ein Gutachten der ASVK ist wie jedes Gutachten durch einen Gegenbeweis eines (Privat-)Gutachters zugänglich: Wertung und Entscheidung liegt immer bei der Behörde: hier die Stadt Graz.

Weiters kritisieren die ZT-Kammer und die Stadt Graz die Finanzierung, Abwicklung und Betreuung von Wettbewerben bzw. Studien durch die ASVK. Wie ist Ihre Stellung hierzu? Wieviele Wettbewerbe bzw. Studien wurden bisher von der ASVK durchgeführt?

Christian Buchmann: Das Kulturressort des Landes Steiermark hat über einstimmige Beschlüsse der ASVK, der selbstverständlich auch von der Stadt Graz und der Architektenkammer entsandte Mitglieder kraft Gesetz angehören, auf eine spezielle Bedarfssituation im Sommer 2012 mit der Beauftragung von stadtgestalterisch-baukünstlerischen Gutachten - konkret planerische Entwurfsideen - reagiert. Über Jahre hinweg wurden hier keine baukünstlerisch überzeugenden bzw. innovativen Projekte für städtebaulich, stadtbildgestaltend wichtige Situationen wie Ecke Grazbachgasse/ Jakoministraße und Leonhardplatz/ Schanzelgasse/ Elisabethstraße erzielt. Um in diesem sensiblen Bereich zu neuen, zukunftsweisenden Baukultur-Positionen zu gelangen hat die ASVK – wie gesagt einstimmig – Expertisen beschlossen, deren wettbewerbsähnliche Ergebnisse von überregional renommierten Büros zu konkreten Projekten erfolgreich weiterentwickelt werden konnten. Ein Projekt ist derzeit knapp vor Fertigstellung. Das andere knapp vor Umsetzung. Um eine Teilnahme und Mitträgerschaft der Architektenkammer wie der Stadt Graz nach ersten kommunikativen Anlaufschwierigkeiten sicherzustellen, befindet sich das dritte Projekt auf zwei Liegenschaften in der Griesgasse derzeit in der wettbewerbsmäßigen Entscheidungsphase, an der federführend Stadt, Kammer und ASVK teilnehmen – als Pilotprojekt für das sogenannte „Kleine Grazer Modell“.

Seit der Eröffnung der neu gestalteten Kaufhausfläche im Oktober 2010 regt die unvollendete Kastner & Öhler Dachlandschaft die Bevölkerung immer wieder auf und führt auch zu regelmäßigen Gemeinderatsanfragen. Die Farbgestaltung der Dachlandschaft war im Oktober 2006 eine der Hauptpunkte zur Einigung und damit zur Freigabe des Umbauentwurfes mit dem Welterbe-Komitee. Seit nunmehr vier Jahren wartet man auf diese Dachgestaltung. Die Stadt Graz, die ja eine Benutzungsbewilligung erteilt hat, meint, ihr seien die Hände gebunden und beteuern den Umsetzungswillen des Hauses. Wie sehen Sie diese Problematik?

Christian Buchmann: Bei der für die Grazer Innenstadt als Wirtschafts- und Einkaufsstandort vitalen Investition fiel die behördliche Entscheidung der Stadt Graz auf der Grundlage eines Wettbewerbs, abgesichert durch Teilnahme und Befürwortung von ASVK, Bundesdenkmalamt und Grazer Stadtplanung, nicht allein aufgrund der „Farb“-Gestaltung des Dachaufbaus im Herzen der Grazer Altstadt. Wesentliche Parameter waren die baukünstlerische und örtlich bezugnehmende Baukörpergestaltung mit der hochqualitativen Materialwahl und Detailgestaltung, die keine vorhergehenden Vergleichsbeispiele kennt. Dass ein derart ambitionierter Weg, der für viele Jahrzehnte wert- und gestaltbildend sein soll, Zeit braucht, wird jedem verständlich sein. Rechtlich wurde seinerzeit seitens der Stadt Graz eine baurechtliche „Teil“-Benützungsbewilligung für die bisher getätigten Baumaßnahmen erteilt. Gefordert sind hier allein die Stadt Graz als Behörde und das Unternehmen als Bewilligungswerber bzw. -inhaber. Die gesetzlichen Möglichkeiten zur Umsetzung sind für beide klar geregelt – in die Verantwortung sind das Unternehmen wie die Stadt Graz eingebunden. Jedenfalls verdient die Grazer Altstadt eine ambitionierte Umsetzung.

Thema Kunst im öffentlichen Raum

Am 11.04.2014 hat die IG Kultur Steiermark, die Interessensvertretung aller wichtigen steirischen Kulturinitiativen u.a. Forum Stadtpark, HDA, rotor, Tao! etc., ihre Publikation „Es gibt viel zu tun – Für eine Demokratisierung der Kulturpolitik im 21. Jahrhundert“ präsentiert, in der sie nach wie vor die aktuelle Kulturpolitik mit ihrem Sparkurs, das nur beratende Kulturkuratorium und das 2012 novellierte Kultur- und Kunstförderungsgesetzes kritisiert. Wie ist Ihre Sicht der Dinge dazu? Wie stehen Sie zu dieser geäußerten Kritik?

Christian Buchmann: Im Dezember 2012 hat der Landtag das neue „Steiermärkische Kultur- und Kunstförderungsgesetz“ beschlossen. Ziel der Novellierung war eine Vereinfachung des Gesetzes und eine klare Serviceorientierung für die Kunst- und Kulturschaffenden. Dies wurde perfekt umgesetzt. Das „Kulturkuratorium“ war eine wichtige Neuerung im Gesetz. Damit konnte aus bisher zwei Gremien (dem ehemaligen Landeskulturbeirat und dem Förderbeirat) eine schlagkräftige Expertengruppe geschaffen werden, die nun die Förderungsempfehlungen abgibt und für die Politik auch beratende Funktion hat. Die endgültigen Förderungsbeträge können selbstverständlich nur (auf Vorschlag des Kulturreferenten) durch die Beschlussfassung der Steiermärkischen Landesregierung erfolgen.
Trotz der allgemeinen Sparmaßnahmen - die ja alle Landesbudgets betreffen - konnte und kann meine kulturpolitische Vorgabe, vor allem regionales und junges Kulturschaffen in den Förderfokus zu bringen, umgesetzt werden. Mehr Serviceorientierung und weniger „Amt“ sollen die Kulturförderung prägen. Natürlich ist auch die Kultur gefordert und hat ihren Beitrag dazu geleistet. Die Einsparungsmaßnahmen wurden jedoch so effizient wie möglich gestaltet und es konnten Neuerungsmaßnahmen und zusätzliche Förderungen in die Wege geleitet werden. Mit inhaltlichen Schwerpunkten und Bündeln von Ressourcen schaffen wir es dennoch, interessante, anspruchsvolle kulturelle Angebote zu machen.

Als erstes sind gerade für die „freie Szene“ die „mittelfristigen Fördervereinbarungen“ zu betonen, die in einem offenen Call nach klaren Kriterien ausgeschrieben wurden (und nicht mehr durch eine für Kulturschaffende aufwändige Evaluierung festgelegt). Mit dem Erfolg, dass die freie Kulturszene und die regionalen Kulturinitiativen für 154 Projekte Planungssicherheit von 2013 bis 2015 erhielten. Das sind um 10 Initiativen mehr als in den Jahren davor. Für diese Initiativen stehen 6,5 Millionen Euro jährlich zur Verfügung - das sind um 23% mehr als bisher! Damit wurde ein solider Grundstein für eine äußerst positive Entwicklung der „freien Szene“ gelegt.

Zweitens ist das Aktionsfeld „Kultur International“ besonders zu erwähnen: Verstärkte internationale Vernetzung heimischer Künstlerinnen und Künstler wird angestrebt. Dafür wurde im Sinne der Nachhaltigkeit ein Call für Kunst- und Kultur-Kooperationen mit Süd-Ost-Europa durchgeführt. Elf Projekte wurden ausgewählt, die sich nun in der Umsetzungsphase befinden. Darauf sind wir stolz, denn dieses Projekt ist österreichweit einzigartig und findet über die Grenzen hinaus Beachtung.
Weitere Schwerpunkte sind die Atelier-Programme des Landes Steiermark, Artist-in-Residence, Artist-in-Europe (in Brüssel) und Atelier-Auslandsstipendien.
Im Sinne einer angestrebten Internationalisierung wurden die Film-Stipendien zukunftsweisend als filmbezogene Künstler-Residenzen im Ausland installiert. Auch dies ist für Österreich ein Novum und findet bei den Filmschaffenden großen Anklang.

In ihrer Publikation rechnet die IG Kultur vor, dass im Bundesländervergleich die Steiermark nur 84 €/pro Person Kulturausgaben 2011 (lt. Statistik Austria) tätigte und damit im Ranking an drittletzter Stelle steht. Selbst Kärnten gibt mit 113 €/pro Person mehr Geld für die Kultur aus. 2012 wurde das Kulturbudget in der Steiermark um weitere 6 % gekürzt, womit die pro Kopf Ausgabe nur mehr bei 78 € lag. 2013/14 soll das Budget von 60 Millionen Euro nochmals um 6 Millionen gekürzt werden. Wie stehen Sie zu diesen Zahlen bzw. wie kann man im Bundesvergleich dieses Missverhältnis argumentieren?

Christian Buchmann: Erstens möchte ich darauf hinweisen, dass man die Aussagekraft dieser Kennzahl hinterfragen sollte. Nachdem die Bevölkerungszahlen kontinuierlich steigen, kann selbst bei gleich bleibenden Förderungsmaßnahmen die Kulturausgabe pro Kopf nur sinken. Ein Bundesländervergleich sagt nichts über die Qualität des kulturellen Angebotes in der Steiermark aus. Unsere Programme sprechen für sich. Wien bzw. Niederösterreich mit den markant höheren Ausgaben für die Bundestheater und -museen, bzw. Salzburg und Bregenz mit den Festspielen sind schnell erklärt. Und der Kommentar zum Land Kärnten sollte sich angesichts der prekären aktuellen Budgetsituation erübrigen….

Die IG Kultur kritisiert zudem die daraus resultierende Verschärfung der prekären Arbeits- und Lebenssituation der Kulturschaffenden. Die Studie „Zur sozialen Lage der Künstler und Künstlerinnen in Österreich“ im Auftrag des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur 2008, zeigte, dass rund 37% der Kulturschaffenden unter der Armutsgefährdungsgrenze leben und eine fünfmal höhere Armutsgefährdung als andere Erwerbstätigen haben. Welche Maßnahmen setzen Sie aktuell, um gegen eine weitere Verschlechterung dagegen zu wirken bzw. vorzubeugen?

Christian Buchmann: Zum einen unterstützt das Kulturressort KünstlerInnen in schwierigen Lebenssituationen finanziell mit einem gesonderten Budget-Topf. Verdiente Künstlerinnen und Künstler, die unverschuldet in finanzielle Bedrängnis geraten sind, erhalten Unterstützungen, womit die oftmals existentielle Not gelindert werden kann. Somit kann für Kulturschaffende aller Sparten, die zur Kunst und Kultur in der Steiermark maßgeblich beitragen, rasch Hilfe geleistet werden (Jährlich durchschnittlich 50 Personen).
Weiters können KünstlerInnen Leistungen im Rahmen des umfangreichen Angebots der KSG (Kultur Service Gesellschaft) in Anspruch nehmen bzw. nützen. Die KSG bietet zahlreiche Leistungen kostenlos an: Es reicht von der Rechts- und Steuerberatungen für KünstlerInnen und Kulturvereine (die stark nachgefragten „Rechts- und Steuerberatungstermine bieten in dringenden Fällen kostenlos und rasch Unterstützung) bis hin zum Werbepool, der steirischen Kulturveranstaltern vergünstigte Konditionen bei der Firma Ankünder ermöglicht. Besonders muss auch das Coaching und Weiterbildungs-Angebot für KünstlerInnen und Kulturschaffende betont werden. Und die KünstlerInnen können die Galerie G69 - den Multifunktionsraum der KSG in der Grazer Glacisstraße 69 - für Ausstellungen, Lesungen, Workshops, Vorträge, Pressekonferenzen etc. nutzen und erhalten in der Vorbereitung professionelle Unterstützung von unserem Team.
Und für die Suche nach anderen Veranstaltungsräumlichkeiten steht KünstlerInnen die Kulturorte-Datenbank gratis zur Verfügung. Darin sind über 900 Lokalitäten in der ganzen Steiermark gelistet. Zusätzlich vergibt die KSG für das Kulturressort des Landes mietfreie Tage im Dom im Berg, der Kasemattenbühne und der Helmut-List-Halle.
Zudem möchte ich anmerken, dass sich alle steirischen KünstlerInnen und Künstlern für das vielfältige Atelierprogramm des Landes Steiermark bewerben können.

In der Novellierung des Kultur- und Kunstförderungsgesetzes 2012 wurde die Kunst-und-Bau-Regelung, bei der 1% Anteil der Baukosten von öffentlichen Bauprojekten in den Kunstfonds fließen sollten, aufgehoben bzw. ersatzlos gestrichen. In Wahrheit sind diese 1% leider nie in den Fonds geflossen. Im Interview, das wir 2012 mit Ihnen geführt haben, hat es aber noch danach geklungen, als würden sie diesen Missstand beheben wollen und nicht die Regelung ersatzlos streichen?

Christian Buchmann: Es wurde nun (endlich) die erforderliche Rechtsklarheit geschaffen. Eine gesetzliche Bestimmung, die selbst in Zeiten „ohne Sparkurs“ mangels Beteiligung anderer Ressorts nie vollzogen werden konnte, wurde aufgehoben.
Der bisherige Vollzug des Bereiches „Kunst im öffentlichen Raum“ bleibt ja unverändert. Geändert hat sich lediglich, die gesetzliche Regelung der alleinigen Speisung des Fonds aus dem Kulturressort. Das Kulturressort hat damit die budgetäre Verantwortung auch formal übernommen. In Zeiten, in denen sich alle zur Budgetkonsolidierung verpflichtet haben, ist alles andere einfach unrealistisch bzw. undurchführbar. Dies bedeutet keinesfalls, dass sich andere Ressorts wie z.B. die Wissenschaft nicht bei einzelnen Projekten trotzdem beteiligen sollen bzw. können - dies erfolgt jedoch anlass- bzw. projektbezogen bei direktem Zusammenhang!

In letzter Zeit drängt sich in Graz der Eindruck auf, das Kunst im öffentlichen Raum nur temporär geduldet wird und ohne entsprechendes Nachfolgeprojekt, allzu gerne in den Skulpturenpark abgeschoben wird - so z.B. "das Goldene Kalb" von Hans Hollein und auch diskutiert bei der Kunst-Tram-Station in der Morellenfeldgasse/Sparbersbachgasse. Wie sehen Sie dies? Welchen Stellenwert hat Kunst im öffentlichen Raum für Sie?

Christian Buchmann: Der Bereich „Kunst im öffentlichen Raum“ genießt eine Sonderstellung - mit spezifischen Bestimmungen im Kultur- und Kunstförderungsgesetz und dem eigens hierfür installierten „Institut für Kunst im öffentlichen Raum Steiermark“ (in der Universalmuseum Joanneum GmbH). Die administrative Abwicklung durch das Institut umfasst die Abwicklung der Förderung der „Kunst im öffentlichen Raum“ und auch damit verbundenen Tätigkeiten - wie Betreuungsaufgaben, Vermittlung von Kunst, Dokumentation, Wartung, etc. Das bedeutet, dass das Institut gerade auch die Betreuung der angesprochenen dauerhaften Projekte wahrnimmt.
Dass das „Goldene Kalb“, das für eine temporäre Ausstellung nach Graz gebracht wurde und in der Folge eine herausragende Ergänzung für den Österreichischen Skulpturenpark (der jährlich von über 20.000 Personen besucht wird) darstellt, halte ich für einen glückliche Bereicherung, zumal Hans Hollein selbst mit der nunmehrigen Aufstellung sehr zufrieden ist (war, Anm.d.R.), wie ich vom Institut höre. Auf dem Andräplatz konnte die Arbeit „Welcome“ von Markus Wilfling im Vorjahr aufgestellt werden. Das „Lauftext-Mahnmal“ von Catrin Bolt wurde anlässlich der Reichpogromnacht im November vorigen Jahres als Schriftband auf dem Gehsteig von der Radetzkystraße bis zum Griesplatz aufgebracht. Dauerhafte Projekte für Kunst im öffentlichen Raum sind oft schwer realisierbar, weil die Stadt Graz überwiegend nur temporäre Aufstellungen zulässt - das Institut ist jedoch um dauerhafte Lösungen bemüht. Auf dem Joanneumsviertelplatz konnten wir dauerhaft Arbeiten von Michael Schuster, Lois Weinberger und Thomas Baumann realisieren.

Thema Projekte und Schwerpunkte im Kulturressort

Die Grazer Kulturszene fordert seit längerem eine universitäre Ausbildungsmöglichkeit in Graz und leistbare Atelierräume. Wie stehen Sie dazu?

Christian Buchmann: Mit „Probebetrieb 01“ haben nach einer Phase des fruchtbaren Diskurses und unterstützt durch das Kulturressort einige wichtige Grazer „Player“ Bottom Up den Anstoß für eine neu gedachte Ausbildung von KünstlerInnen in Graz/ Steiermark gegeben. Eine dreitägige Veranstaltung im Forum Stadtpark (März 2014) war der gelungene öffentliche Auftakt für eine Zeit des gemeinsamen Arbeitens, Experimentierens, Entwickelns, an deren Ende eben diese Ausbildungsmöglichkeit stehen soll. Das Projekt haben wir also „aufgesetzt“, es wird immer wieder davon zu hören sein. Erste Veranstaltungen finden möglicherweise bereits Ende 2014 statt. www.offenerbetrieb.mur.at
Atelierräume: Mit dem vielfältigen Atelierprogramm des Landes Steiermark, das wir im letzten Jahr neu ausrichten und präsentieren konnten, liegen wir auch international ganz weit vorne. Das neue Stipendium „KUNSTRAUM STEIERMARK“ wird noch vor dem Sommer ausgeschrieben. Es wird jeweils 10 KünstlerInnen über 2 Jahre hinweg die Möglichkeiten bieten, ein eigenes Atelier zu etablieren und in der Kunstwelt Fuß zu fassen. Und das individuell und in der ganzen Steiermark. Mit € 600,00 pro Monat soll den KünstlerInnen aller Sparten ein konzentriertes und vom finanziellen Druck des Mietens unabhängiges Arbeiten ermöglich werden.

Ende 2013 wurde „Kultur international - Call 2014, Vergabe von grenzüberschreitenden Kunst- und Kulturprojekten im Gedenkjahr 2014“, anknüpfend an das Kulturprojekt Trigon-Biennalen (1963-1995), mit einer Gesamtfördersumme von € 200.000,-- ausgeschrieben (http://www.kultur.steiermark.at/cms/beitrag/11930626/103500048). Laut Homepage hätte die Bekanntgabe der ausgewählten Projekte bereits Ende Februar 2014 erfolgen sollen. Warum kam es zur Verzögerung? Welche Projekte sind nun geplant?

Christian Buchmann: Alle ausgewählten Projekte sind auf der Homepage des Kulturressorts genannt. Einmal unter den News des Kulturreferenten und einmal unter Kultur International. Gemeinsam mit den Projektantinnen und Projektanten wird darüber hinaus an einer Dokumentation und redaktionellen Begleitung der Projekte auf der Website des Kulturressorts gearbeitet. Dies wird ab Mai, abhängig vom jeweiligen Projektstand, nach und nach erfolgen.
Aus den Einreichungen wurden vom Kulturkuratorium elf Projekte, die ich Ihnen gerne und mit Freude nenne, zur Förderung vorgeschlagen und am 27. Februar 2014 von der Landesregierung beschlossen:
1. „Ein Ort des Abstands" (Verein Camera Austria)
2. „Museum Solidarity Lobby" (rotor Verein für zeitgenössische Kunst)
3. „Franz Ferdinands Princip - Synthese eines Feindbildes (Igor F. Petkovic)
4. „100 Jahre Attentat von Sarajevo" (Ensemble Zeitfluss)
5. „SCHAU/SCHALL FEST II." (nA-yeAh kompAnie - Verein zur Förderung neuer, musiktheatralischer Werke und experimenteller Musik)
6. „Fictional State Macedonia" (Christian Winkler)
7. „Das Hemd" (Kulturvermittlung Steiermark - Kunstpädagogisches Institut Graz)
8. „Flusswege und Tabakstraßen" (XENOS - Verein zur Förderung der soziokulturellen Vielfalt)
9. „Differenz/Razlika" (Kulturinitiative Kürbis Wies-Kalendarium)
10. „Back to Heritage - Schöne Tage 1914/2014 (next - Verein für zeitgenössische Kunst)
11. „Rose oft he winds. A semantic compass of post-Habsburg Europe" (Daily Rhythms Collective)

Wir danken für dieses Interview.

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