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Thema Kunst im öffentlichen Raum
Am 11.04.2014 hat die IG Kultur Steiermark, die Interessensvertretung aller wichtigen steirischen Kulturinitiativen u.a. Forum Stadtpark, HDA, rotor, Tao! etc., ihre Publikation „Es gibt viel zu tun – Für eine Demokratisierung der Kulturpolitik im 21. Jahrhundert“ präsentiert, in der sie nach wie vor die aktuelle Kulturpolitik mit ihrem Sparkurs, das nur beratende Kulturkuratorium und das 2012 novellierte Kultur- und Kunstförderungsgesetzes kritisiert. Wie ist Ihre Sicht der Dinge dazu? Wie stehen Sie zu dieser geäußerten Kritik?
Christian Buchmann: Im Dezember 2012 hat der Landtag das neue „Steiermärkische Kultur- und Kunstförderungsgesetz“ beschlossen. Ziel der Novellierung war eine Vereinfachung des Gesetzes und eine klare Serviceorientierung für die Kunst- und Kulturschaffenden. Dies wurde perfekt umgesetzt. Das „Kulturkuratorium“ war eine wichtige Neuerung im Gesetz. Damit konnte aus bisher zwei Gremien (dem ehemaligen Landeskulturbeirat und dem Förderbeirat) eine schlagkräftige Expertengruppe geschaffen werden, die nun die Förderungsempfehlungen abgibt und für die Politik auch beratende Funktion hat. Die endgültigen Förderungsbeträge können selbstverständlich nur (auf Vorschlag des Kulturreferenten) durch die Beschlussfassung der Steiermärkischen Landesregierung erfolgen.
Trotz der allgemeinen Sparmaßnahmen - die ja alle Landesbudgets betreffen - konnte und kann meine kulturpolitische Vorgabe, vor allem regionales und junges Kulturschaffen in den Förderfokus zu bringen, umgesetzt werden. Mehr Serviceorientierung und weniger „Amt“ sollen die Kulturförderung prägen. Natürlich ist auch die Kultur gefordert und hat ihren Beitrag dazu geleistet. Die Einsparungsmaßnahmen wurden jedoch so effizient wie möglich gestaltet und es konnten Neuerungsmaßnahmen und zusätzliche Förderungen in die Wege geleitet werden. Mit inhaltlichen Schwerpunkten und Bündeln von Ressourcen schaffen wir es dennoch, interessante, anspruchsvolle kulturelle Angebote zu machen.
Als erstes sind gerade für die „freie Szene“ die „mittelfristigen Fördervereinbarungen“ zu betonen, die in einem offenen Call nach klaren Kriterien ausgeschrieben wurden (und nicht mehr durch eine für Kulturschaffende aufwändige Evaluierung festgelegt). Mit dem Erfolg, dass die freie Kulturszene und die regionalen Kulturinitiativen für 154 Projekte Planungssicherheit von 2013 bis 2015 erhielten. Das sind um 10 Initiativen mehr als in den Jahren davor. Für diese Initiativen stehen 6,5 Millionen Euro jährlich zur Verfügung - das sind um 23% mehr als bisher! Damit wurde ein solider Grundstein für eine äußerst positive Entwicklung der „freien Szene“ gelegt.
Zweitens ist das Aktionsfeld „Kultur International“ besonders zu erwähnen: Verstärkte internationale Vernetzung heimischer Künstlerinnen und Künstler wird angestrebt. Dafür wurde im Sinne der Nachhaltigkeit ein Call für Kunst- und Kultur-Kooperationen mit Süd-Ost-Europa durchgeführt. Elf Projekte wurden ausgewählt, die sich nun in der Umsetzungsphase befinden. Darauf sind wir stolz, denn dieses Projekt ist österreichweit einzigartig und findet über die Grenzen hinaus Beachtung.
Weitere Schwerpunkte sind die Atelier-Programme des Landes Steiermark, Artist-in-Residence, Artist-in-Europe (in Brüssel) und Atelier-Auslandsstipendien.
Im Sinne einer angestrebten Internationalisierung wurden die Film-Stipendien zukunftsweisend als filmbezogene Künstler-Residenzen im Ausland installiert. Auch dies ist für Österreich ein Novum und findet bei den Filmschaffenden großen Anklang.
In ihrer Publikation rechnet die IG Kultur vor, dass im Bundesländervergleich die Steiermark nur 84 €/pro Person Kulturausgaben 2011 (lt. Statistik Austria) tätigte und damit im Ranking an drittletzter Stelle steht. Selbst Kärnten gibt mit 113 €/pro Person mehr Geld für die Kultur aus. 2012 wurde das Kulturbudget in der Steiermark um weitere 6 % gekürzt, womit die pro Kopf Ausgabe nur mehr bei 78 € lag. 2013/14 soll das Budget von 60 Millionen Euro nochmals um 6 Millionen gekürzt werden. Wie stehen Sie zu diesen Zahlen bzw. wie kann man im Bundesvergleich dieses Missverhältnis argumentieren?
Christian Buchmann: Erstens möchte ich darauf hinweisen, dass man die Aussagekraft dieser Kennzahl hinterfragen sollte. Nachdem die Bevölkerungszahlen kontinuierlich steigen, kann selbst bei gleich bleibenden Förderungsmaßnahmen die Kulturausgabe pro Kopf nur sinken. Ein Bundesländervergleich sagt nichts über die Qualität des kulturellen Angebotes in der Steiermark aus. Unsere Programme sprechen für sich. Wien bzw. Niederösterreich mit den markant höheren Ausgaben für die Bundestheater und -museen, bzw. Salzburg und Bregenz mit den Festspielen sind schnell erklärt. Und der Kommentar zum Land Kärnten sollte sich angesichts der prekären aktuellen Budgetsituation erübrigen….
Die IG Kultur kritisiert zudem die daraus resultierende Verschärfung der prekären Arbeits- und Lebenssituation der Kulturschaffenden. Die Studie „Zur sozialen Lage der Künstler und Künstlerinnen in Österreich“ im Auftrag des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur 2008, zeigte, dass rund 37% der Kulturschaffenden unter der Armutsgefährdungsgrenze leben und eine fünfmal höhere Armutsgefährdung als andere Erwerbstätigen haben. Welche Maßnahmen setzen Sie aktuell, um gegen eine weitere Verschlechterung dagegen zu wirken bzw. vorzubeugen?
Christian Buchmann: Zum einen unterstützt das Kulturressort KünstlerInnen in schwierigen Lebenssituationen finanziell mit einem gesonderten Budget-Topf. Verdiente Künstlerinnen und Künstler, die unverschuldet in finanzielle Bedrängnis geraten sind, erhalten Unterstützungen, womit die oftmals existentielle Not gelindert werden kann. Somit kann für Kulturschaffende aller Sparten, die zur Kunst und Kultur in der Steiermark maßgeblich beitragen, rasch Hilfe geleistet werden (Jährlich durchschnittlich 50 Personen).
Weiters können KünstlerInnen Leistungen im Rahmen des umfangreichen Angebots der KSG (Kultur Service Gesellschaft) in Anspruch nehmen bzw. nützen. Die KSG bietet zahlreiche Leistungen kostenlos an: Es reicht von der Rechts- und Steuerberatungen für KünstlerInnen und Kulturvereine (die stark nachgefragten „Rechts- und Steuerberatungstermine bieten in dringenden Fällen kostenlos und rasch Unterstützung) bis hin zum Werbepool, der steirischen Kulturveranstaltern vergünstigte Konditionen bei der Firma Ankünder ermöglicht. Besonders muss auch das Coaching und Weiterbildungs-Angebot für KünstlerInnen und Kulturschaffende betont werden. Und die KünstlerInnen können die Galerie G69 - den Multifunktionsraum der KSG in der Grazer Glacisstraße 69 - für Ausstellungen, Lesungen, Workshops, Vorträge, Pressekonferenzen etc. nutzen und erhalten in der Vorbereitung professionelle Unterstützung von unserem Team.
Und für die Suche nach anderen Veranstaltungsräumlichkeiten steht KünstlerInnen die Kulturorte-Datenbank gratis zur Verfügung. Darin sind über 900 Lokalitäten in der ganzen Steiermark gelistet. Zusätzlich vergibt die KSG für das Kulturressort des Landes mietfreie Tage im Dom im Berg, der Kasemattenbühne und der Helmut-List-Halle.
Zudem möchte ich anmerken, dass sich alle steirischen KünstlerInnen und Künstlern für das vielfältige Atelierprogramm des Landes Steiermark bewerben können.
In der Novellierung des Kultur- und Kunstförderungsgesetzes 2012 wurde die Kunst-und-Bau-Regelung, bei der 1% Anteil der Baukosten von öffentlichen Bauprojekten in den Kunstfonds fließen sollten, aufgehoben bzw. ersatzlos gestrichen. In Wahrheit sind diese 1% leider nie in den Fonds geflossen. Im Interview, das wir 2012 mit Ihnen geführt haben, hat es aber noch danach geklungen, als würden sie diesen Missstand beheben wollen und nicht die Regelung ersatzlos streichen?
Christian Buchmann: Es wurde nun (endlich) die erforderliche Rechtsklarheit geschaffen. Eine gesetzliche Bestimmung, die selbst in Zeiten „ohne Sparkurs“ mangels Beteiligung anderer Ressorts nie vollzogen werden konnte, wurde aufgehoben.
Der bisherige Vollzug des Bereiches „Kunst im öffentlichen Raum“ bleibt ja unverändert. Geändert hat sich lediglich, die gesetzliche Regelung der alleinigen Speisung des Fonds aus dem Kulturressort. Das Kulturressort hat damit die budgetäre Verantwortung auch formal übernommen. In Zeiten, in denen sich alle zur Budgetkonsolidierung verpflichtet haben, ist alles andere einfach unrealistisch bzw. undurchführbar. Dies bedeutet keinesfalls, dass sich andere Ressorts wie z.B. die Wissenschaft nicht bei einzelnen Projekten trotzdem beteiligen sollen bzw. können - dies erfolgt jedoch anlass- bzw. projektbezogen bei direktem Zusammenhang!
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Baukultur, ASVK, Kunst im öffentlichen Raum, Projekte & Schwerpunkte im Kulturressort standen im Mittelpunkt des Interviews mit Landesrat Dr. Christian Buchmann, zuständig für
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Das Interview konnte aus terminlichen Gründen vonseiten des Landesrats nur schriftlich durchgeführt werden