_Rubrik:
Warum kam es zu keinerlei Konsequenzen, nachdem die Kammer bereits ein Positionspapier im November 2012 einbrachte und das daraufhin im Dezember 2012 erfolgte Gespräch mit Vertretern der ASVK zu keinem Ergebnis führte?
Christian Buchmann: Mir sind keinerlei Vorwürfe bekannt, die zu Konsequenzen hätten führen müssen. Das Gespräch zwischen Kammer und ASVK hat sehr wohl zu einem Ergebnis geführt – wobei jedoch zu manchen Fragen unterschiedliche Standpunkte bezogen wurden.
Was ist der aktuelle Stand der Dinge bzgl. der von der Stadt Graz eingebrachten Petition? Welche Personen bzw. Institutionen werden Ihrerseits zur Arbeitsgruppe, welche die Stadt Graz einfordert, geladen? Wann wird diese Arbeitsgruppe ihre Arbeit aufnehmen können? Welches Resultat darf hieraus erwartet werden?
Christian Buchmann: Dazu ist, wie schon zuvor angesprochen, eine Arbeitsgruppe eingerichtet worden, die Ende April zu einem ersten Meinungsaustausch zusammentritt. Jedenfalls möchte ich nicht Ergebnissen der auf breiter Basis eingerichteten Arbeitsgruppe „Stadt-Land-Kammern-Bürgerinitiativen“ vorgreifen, die, wenn abschließend überzeugende Argumente vorgebracht werden, in eine neue gesetzliche Form gebracht werden können.
Worin sehen Sie die Ursachen bzw. wie beurteilen Sie die Tatsache, dass das Bundesdenkmalamt zu Jahresanfang sein Mitglied aus der Grazer Altstadt-Sachverständigenkommission zurück gezogen hat?
Christian Buchmann: Die einseitige Vorgangsweise des Bundesdenkmalamtes hat mich insofern überrascht, als nicht zuletzt im Zuge der Begutachtung für das 2008 beschlossene (neue) GAEG, eine eindeutige Stellungnahme der Bundesregierung abgegeben wurde und die Frage der konkreten Mitwirkung von Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeitern des Bundesdenkmalamtes außer Zweifel stand. Durch einen denkmalamtsinternen „Kodex“ wurde den bisher nominierten und bestellten Denkmalschützern eine Teilnahme in der gesetzlich vorgesehenen Form unmöglich, weshalb sie mit Jahreswechsel resignieren mussten. Das Bundesdenkmalamt hat auf eine Nachnominierung für die bis 2015 laufende Funktionsperiode aus unerklärlichen Gründen verzichtet. Das heißt konkret, das Nominierungsrecht fällt an das Land Steiermark zurück. Um ersatzweise zu weiteren geeigneten Experten für die ASVK zu kommen hat die Landesregierung beschlossen, an die Bauinnung und die Fachgruppe der Immobilienentwickler heranzutreten, da – nicht zuletzt nach Meinung der ASVK – damit das Beurteilungsspektrum und damit die Gutachtentreffsicherheit der ASVK erhöht bzw. gestärkt werden kann.
Warum wurde Ihrerseits der stellvertretende ASVK-Vorsitzende Michael Szyszkowitz, entgegen allen zeitlichen Beschränkungen (fünf Jahre laut GAEG 1980, eine Legislaturperiode der Landesregierung laut GAEG 2008) seit 23 Jahren in der ASVK, wiederum in die ASVK bestellt?
Christian Buchmann: Festhalten muss ich hier, dass das Gesetz sehr wohl Funktionsperioden kennt, allerdings keine Beschränkung für Personen, erneut bestellt zu werden. Die besondere fachliche und persönliche Qualifikation von Prof. Szyszkowitz steht wohl außer Streit. Die erste Nominierung erfolgte seinerzeit von der Architektenkammer. In der Folge hat das Land Steiermark auf die besondere Erfahrung und Kompetenz des international höchst ausgezeichneten steirischen Baukünstlers setzen dürfen – das von vielen Seiten gemeinsam erzielte Ergebnis lässt sich an dem über die letzten Jahrzehnte erhaltenen und gestalteten Grazer Stadtbild ablesen: Graz als UNESCO-Weltkulturerbe und Graz als überregional ausstrahlende Architekturhauptstadt, Stichwort: Grazer Schule.
Die ASVK hat selbständig die Geschäftsordnung dahingehend abgeändert, dass sie nur noch als stimmberechtigte Juroren in Wettbewerbsjurien teilnehmen. Dies kritisiert die ZT-Kammer im Sinne der Unvereinbarkeit. Wie ist Ihre Stellung hierzu?
Christian Buchmann: Die ASVK ist ein weisungsfreies Gutachterkollegialorgan, das seine Entscheidungen – auch zu ihrer Geschäftsordnung - entsprechend der Gesetze und demokratisch legitimiert mit Mehrheitsbeschluss trifft. Zur Entsendung von Mitgliedern in Wettbewerbsjurien ist die ASVK nicht verpflichtet. Daher regelt sie ihre Teilnahme autonom – übrigens auch die von der Architektenkammer und der Stadt Graz in Jurien berufenen Mitglieder agieren dort mit Stimmrecht. Jedenfalls muss festgehalten werden – und dies wird auch jedem Interessenten bzw. Auslober unmissverständlich mitgeteilt – dass die Meinung (mit oder ohne Stimmrecht in der Jury) des von der ASVK über Anfrage entsandten Mitglieds niemals ein Präjudiz für die gutachterliche Tätigkeit der ASVK darstellt und darstellen kann. Auch in diesem Zusammenhang muss unmissverständlich gesagt werden, dass der ASVK eine rein gutachterliche Stellung in Bauverfahren nach dem GAEG und keine Behördenstellung zukommt. Ein Gutachten der ASVK ist wie jedes Gutachten durch einen Gegenbeweis eines (Privat-)Gutachters zugänglich: Wertung und Entscheidung liegt immer bei der Behörde: hier die Stadt Graz.
Weiters kritisieren die ZT-Kammer und die Stadt Graz die Finanzierung, Abwicklung und Betreuung von Wettbewerben bzw. Studien durch die ASVK. Wie ist Ihre Stellung hierzu? Wieviele Wettbewerbe bzw. Studien wurden bisher von der ASVK durchgeführt?
Christian Buchmann: Das Kulturressort des Landes Steiermark hat über einstimmige Beschlüsse der ASVK, der selbstverständlich auch von der Stadt Graz und der Architektenkammer entsandte Mitglieder kraft Gesetz angehören, auf eine spezielle Bedarfssituation im Sommer 2012 mit der Beauftragung von stadtgestalterisch-baukünstlerischen Gutachten - konkret planerische Entwurfsideen - reagiert. Über Jahre hinweg wurden hier keine baukünstlerisch überzeugenden bzw. innovativen Projekte für städtebaulich, stadtbildgestaltend wichtige Situationen wie Ecke Grazbachgasse/ Jakoministraße und Leonhardplatz/ Schanzelgasse/ Elisabethstraße erzielt. Um in diesem sensiblen Bereich zu neuen, zukunftsweisenden Baukultur-Positionen zu gelangen hat die ASVK – wie gesagt einstimmig – Expertisen beschlossen, deren wettbewerbsähnliche Ergebnisse von überregional renommierten Büros zu konkreten Projekten erfolgreich weiterentwickelt werden konnten. Ein Projekt ist derzeit knapp vor Fertigstellung. Das andere knapp vor Umsetzung. Um eine Teilnahme und Mitträgerschaft der Architektenkammer wie der Stadt Graz nach ersten kommunikativen Anlaufschwierigkeiten sicherzustellen, befindet sich das dritte Projekt auf zwei Liegenschaften in der Griesgasse derzeit in der wettbewerbsmäßigen Entscheidungsphase, an der federführend Stadt, Kammer und ASVK teilnehmen – als Pilotprojekt für das sogenannte „Kleine Grazer Modell“.
Seit der Eröffnung der neu gestalteten Kaufhausfläche im Oktober 2010 regt die unvollendete Kastner & Öhler Dachlandschaft die Bevölkerung immer wieder auf und führt auch zu regelmäßigen Gemeinderatsanfragen. Die Farbgestaltung der Dachlandschaft war im Oktober 2006 eine der Hauptpunkte zur Einigung und damit zur Freigabe des Umbauentwurfes mit dem Welterbe-Komitee. Seit nunmehr vier Jahren wartet man auf diese Dachgestaltung. Die Stadt Graz, die ja eine Benutzungsbewilligung erteilt hat, meint, ihr seien die Hände gebunden und beteuern den Umsetzungswillen des Hauses. Wie sehen Sie diese Problematik?
Christian Buchmann: Bei der für die Grazer Innenstadt als Wirtschafts- und Einkaufsstandort vitalen Investition fiel die behördliche Entscheidung der Stadt Graz auf der Grundlage eines Wettbewerbs, abgesichert durch Teilnahme und Befürwortung von ASVK, Bundesdenkmalamt und Grazer Stadtplanung, nicht allein aufgrund der „Farb“-Gestaltung des Dachaufbaus im Herzen der Grazer Altstadt. Wesentliche Parameter waren die baukünstlerische und örtlich bezugnehmende Baukörpergestaltung mit der hochqualitativen Materialwahl und Detailgestaltung, die keine vorhergehenden Vergleichsbeispiele kennt. Dass ein derart ambitionierter Weg, der für viele Jahrzehnte wert- und gestaltbildend sein soll, Zeit braucht, wird jedem verständlich sein. Rechtlich wurde seinerzeit seitens der Stadt Graz eine baurechtliche „Teil“-Benützungsbewilligung für die bisher getätigten Baumaßnahmen erteilt. Gefordert sind hier allein die Stadt Graz als Behörde und das Unternehmen als Bewilligungswerber bzw. -inhaber. Die gesetzlichen Möglichkeiten zur Umsetzung sind für beide klar geregelt – in die Verantwortung sind das Unternehmen wie die Stadt Graz eingebunden. Jedenfalls verdient die Grazer Altstadt eine ambitionierte Umsetzung.
Datum:
Terminempfehlungen
Artikelempfehlungen der Redaktion
- _Architektin DI P. Kickenweitz,M. Brischnik,Interview
Das könnte Sie auch interessieren
Infobox
Baukultur, ASVK, Kunst im öffentlichen Raum, Projekte & Schwerpunkte im Kulturressort standen im Mittelpunkt des Interviews mit Landesrat Dr. Christian Buchmann, zuständig für
Wirtschaft _ Wachstum durch Innovation
Kultur_ Internationalisierung, Integration, Migration, Kulturvermittlung
Europa_ Europa der Regionen
Das Interview konnte aus terminlichen Gründen vonseiten des Landesrats nur schriftlich durchgeführt werden