15/10/2014

Am 15. und 16. September 2014 fand im dänischen Aarhus die Konferenz Urban Spaces zur Baukulturvermittlung für junge Menschen statt. Eine Nachlese.

15/10/2014

Eröffnung der Konferenz "Urban Spaces in Aarhus (Dänemark) durch Anne Line Svelle.

©: Børnekulturhuset in Aarhus

Vortrag Barbara Feller

©: Børnekulturhuset in Aarhus

Workshop 5 – Institut for X

©: Børnekulturhuset in Aarhus

Workshop 7 – Prototyping the city

©: Børnekulturhuset in Aarhus

Sensory Walk

©: Børnekulturhuset in Aarhus

Dieser Artikel erscheint im Rahmen des Schwerpunkts 'Im Fokus: Architektur- und Baukulturvermittlung'.

©: Alexander Krischner

Baukulturvermittlung für junge Menschen steht diesen Herbst europaweit hoch im Kurs. Nachdem bereits im Mai ein entsprechendes Symposium (Creating the future) in Helsinki – anlässlich des 20. Geburtstags der finnischen Architekturschule ARKKI – stattgefunden hatte, bieten aktuell zahlreiche Veranstaltungen die Möglichkeit, sich mit diesem Thema vertieft zu beschäftigen.

Konferenz Urban Spaces
Am 15. und 16. September 2014 standen bei der Konferenz Urban Spaces im dänischen Aarhus (welches im Jahr 2017 Europäische Kulturhauptstadt sein wird) speziell skandinavische Projekte im Fokus. Kultur und Kunst für Kinder genießen dort generell eine hohe Wertschätzung, was sich etwa in der Möglichkeit für kostenlose Theater- und Museenbesuche oder den sehr gut ausgestatteten pädagogischen Abteilungen in beinahe allen Museen widerspiegelt. Architektur und Baukultur sind dabei ein Aspekt im breiten Feld der kulturellen Bildung.
Die sehr kurzweilige Konferenz bot an den zwei Tagen einen guten Überblick zum Stand der Aktivitäten. Begonnen wurden die beiden Konferenztage jeweils mit einem kurzen künstlerischen Input (Musik bzw. Pantomime / Performance) – ein Einstieg, der auflockerte und mit dazu beitrug, dass die etwa 100 Teilnehmenden einfach miteinander ins Gespräch kamen. Viele der präsentierten Projekte beschäftigen sich, unterschiedlich in ihrer Herangehensweise und Methodik, mit dem öffentlichen oder semiöffentlichen Freiraum – etwa dem Schulhof. Im EU-Projekt REBUS – Trip to a better school environment, einer Zusammenarbeit von schwedischen, dänischen und norwegischen Partnern, wurde dazu eine Methodik entwickelt, um die Kenntnisse der Kinder und Jugendlichen in die Planung von Schule und Schulumgebung einfließen lassen zu können. In vier Schritten („Start“ mit Ideenfinden und Implementierung von Regeln, „Design“ mit Analysen sowie der Entwicklung und Präsentation von Ideen, „Change“ mit der Entscheidung für ein Projekt sowie der Implementierung und schließlich „Evaluation“ mit der Umsetzung und Praxis) werden dabei sowohl Kenntnisse zum Thema Planung vermittelt als auch persönliches Engagement im Entwickeln und Einbringen von Ideen evoziert und teilweise auch umgesetzt. (Mehr dazu rechts als Download.)

Baukultur im Fernsehen
Der Bericht zu Build it up zeigte, wie breit das Thema Architektur werden kann, wenn sich etwa das Fernsehen damit beschäftigt. In einer großangelegten Aktion wurde vom dänischen Fernsehen zusammen mit dem Dänischen Architekturzentrum und weiteren Kulturpartnern zum Einreichen von Gestaltungsideen für konkrete Orte aufgerufen. Mehr als 800 Vorschläge kamen so zusammen, wovon vier von einer Jury aus Experten und Laien zur Umsetzung ausgewählt wurden. In vier Monaten medial und von Architekten als Partnern begleiteter Bauzeit wurden diese umgesetzt – etwa ein Skaterpark in der dänischen Kleinstadt Lemvig. Dabei waren die Jugendlichen die inhaltlichen ExpertInnen, konnten ihre Wünsche und Ideen einbringen und auch die Rahmenbedingungen (technisch, administrativ, sozial) in der konkreten Errichtung kennenlernen.

Beteiligung des Publikums
Ein Speakers Corner eröffnete die Möglichkeit für alle KonferenzteilnehmerInnen in siebenminütigen Kurzpräsentationen ihre eigenen Projekte vorzustellen: sieben sehr unterschiedliche Modelle zeigten die Bandbreite der Architekturvermittlung auf – von ganz einfachen Projekten mit einem A4-Papier über den Einsatz von zeitgemäßen Medien wie GPS ebenso wie gängigen Computerspielen, etwa Minecraft reichte die Palette. Dass Exkursionen bzw. das genaue Schauen eine ganz grundlegende und immer wieder erfolgreiche Methode der Annäherung an Architektur darstellen, wurde abermals bestätigt. Dass dies auch schon mit sehr jungen Kindern, ab zwei Jahren, sinnvoll möglich ist, war – zumindest für mich – eine neue Erkenntnis.
Nach den zahlreichen theoretischen Beiträgen bot der erste Nachmittag der Konferenz bei unterschiedlichen Workshops die Gelegenheit, Modelle und Erfahrungen in kleinen Gruppen hautnah zu erleben, und ein gemeinsames Abendessen die Möglichkeit zur Vertiefung und erweitertem Austausch.

Internationale Beispiele
Am zweiten Konferenztag gab es neben einem Überblick zur Situation der Baukulturvermittlung in Österreich (Barbara Feller) auch eine Präsentation zu ihrem aktuellen Stand in Großbritannien. Dort kommt Architekturvermittlung, stärker als in Österreich, aus dem Feld der Umweltpädagogik. Es gibt zahlreiche Aktivitäten im ganzen Land, die meist recht individuell arbeiten und (bisher noch) wenig vernetzt sind. Als dritten Input außerhalb Skandinaviens wurde die deutsche Initiative JAS (Jugend Architektur Stadt) vorgestellt – die als gemeinnütziger Verein projektbezogen in zahlreichen deutschen Städten Vermittlungsarbeit für Kinder und Jugendliche zu Architektur und Raumplanung anbietet.

Den Abschluss der Konferenz bildete der sehr spannende Vortrag des norwegischen Architekten Sverre Sondresen. Im Rahmen des norwegischen Programms zur kulturellen Bildung Cultural Rucksack führt er seit Jahren Workshops zur Architektur für Kinder und Jugendliche durch. Ähnlich wie in Österreich findet sich Architektur auch in Norwegen in den Lehrplänen, wird aber auch dort nur selten gelehrt. In den meist eintägigen Workshops arbeitet er mit den SchülerInnen – jeweils altersspezifisch zu ausgewählten Baukultur-Themen. Der theoretische Input zu Beginn findet dialogisch im Gespräch statt. Dabei stehen ganz einfache Begriffe aus der unmittelbaren Lebensumwelt im Mittelpunkt, die auch Laien verständlich sind, etwa ein Vergleich zwischen New York und der dünn besiedelten ländlichen Region in Norwegen hinsichtlich räumlicher und sozialer Gegebenheiten. Neben architektonischen Aspekten geht es dabei auch um soziale, politische und philosophische Fragen – etwa Architektur als Ausdruck von Macht. Auch die praktische Arbeit ist vom Lebensumfeld bestimmt und erfolgt mit einfachen Materialien.
Insgesamt bot die Tagung einen interessanten Einblick zu Initiativen an anderen Orten und war ein guter Platz zum Ideen- und Gedankenaustausch.

In diesem Herbst fanden und finden noch weitere Veranstaltungen zum Thema statt, etwa die Konferenz Architektur macht Schule am 23.9.2014 in der Architektenkammer Stuttgart sowie eine von der Schweizer Initiative SPACESPOT organisierte Fachtagung im November in Aarau. Und auch in Osteuropa gewinnt das Thema an Bedeutung – so haben sich etwa unlängst in Rumänen engagierte Menschen zusammengeschlossen, um dem Thema auch dort mehr Relevanz zu geben und planen – ebenfalls noch in diesem Herbst – eine erste fachspezifische Konferenz.

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