30/04/2013

Veranstalter:
Internationales Städteforum in Graz – ISG
Mitveranstalter:
Stadt Graz, Land Steiermark, BMUKK, Landentwicklung Steiermark
Termin:
20. – 22. Juni 2013
Veranstaltungsort:
Heimatsaal, Volkskundemuseums Graz
Paulustorgasse 11 – 13a, 8010 Graz

30/04/2013
©: ISG - Internationales Städteforum Graz

4. Internationales Symposium des ISG in Graz von 20. bis 22. Juni 2013

Stadt-, Orts- und Siedlungsbilder außerhalb der Zentren

Das diesjährige Symposium des Internationalen Städteforums in Graz widmet sich den Übergangszonen zwischen Siedlungsrändern und Kulturlandschaften, die einem enormen Veränderungsprozess unterworfen sind und deren Gestalt sich in den letzten Jahren rigoros gewandelt hat.

In Zusammenarbeit mit unseren Partnern, der Stadt Graz, dem Land Steiermark, dem Verein Landentwicklung Steiermark sowie dem Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur und unseren Mitgliedern blicken wir auf Siedlungsbereiche, die jenseits der Altstadtschutzzonen und meist auch außerhalb der Ortsbildschutzzonen liegen. Die Anzahl der Baudenkmäler ist in diesen Randlagen meist geringer, um so drängender ist die Frage nach der Gestaltbarkeit des Siedlungsrandes, um Identitäts- und Zugehörigkeitsgefühl zu formieren. Einfamilienhausteppiche, Fachmarktzentren, Industriegelände und notwendige Infrastrukturen treffen hier auf Landschaftszonen. Dieses Aufeinandertreffen schreit nach räumlicher und ästhetischer Gestaltung.

Die bisherige jahrelange Praxis der Ansiedlung von Fachmarktzentren außerhalb der historischen Orte brachte statt nachhaltiger Raumordnung und Gestaltung lediglich die Ortskerne wirtschaftlich in Bedrängnis. Die Gestaltung der Einkaufszentren auf der grünen Wiese zwischen Schnellstraße, Kreisverkehr und Tankstelle orientiert sich an einer automobilisierten Gesellschaft, die rücksichtslos mit dem Gut Kulturlandschaft umgeht, weil Landschaft zum Zwischenraum degradiert wird. Dieser wird häufig mit gestaltlosen Einfamilienhäusern aufgefüllt, deren Vorbilder aus dem Katalog, unabhängig von landschaftlichen Qualitäten und baukulturellen oder auch regionalen Motiven, ausgewählt werden.

_ Welche Gesetze und Rahmenbedingungen stehen hinter der beschriebenen Praxis, die mittlerweile den Orten ihre Lebensader entzieht?
_ Welche Rolle nehmen Raumplanung, Flächenwidmung und andere Regelwerke und Gestaltungsparameter ein? Die positiven Vorbilder aus Bayern oder das eben in der Schweiz beschlossene, wesentlich strengere Raumordnungsgesetz zeigen andere Möglichkeiten des Umganges mit Bau- und Kulturlandschaft auf.
_ Ließen sich daraus auch neue Handlungsmodelle ableiten, die in Zukunft den Siedlungsraum vom Landschaftsraum abgrenzen und damit beides aufwerten?

Neben den Fachgremien ist hier die Politik gefordert, den Stellenwert der Kulturlandschaft und des öffentlichen Raumes zu heben, ihn deutlich vom Verkehrsraum abzugrenzen und neue Qualitätskriterien der Raumgestaltung in Siedlungszonen einzusetzen. Aber auch die individuelle Verantwortung muss diskutiert werden, um beispielsweise ungenutzte Räume in den Ortskernen als gestalt- und leistbaren Wohnraum für jüngere Generationen einzusetzen. Das Leben und Wohnen in der Mitte des Ortes stärkt nicht nur dessen bauliche Struktur, sondern auch die Gesellschaft.

Diesem vielfältigen Fragenkomplex widmen sich unsere Referenten des 4. internationalen ISG Symposiums, darunter Raimund Rodewald von der Schweizer Stiftung Landschaftsschutz, der federführend am neuen Raumordnungsgesetz der Schweiz mitgearbeitet hat; Manfred Brennecke setzt sich in Bayern vehement für die Beibehaltung der strengen Raumordnung ein und hat Jahre für die Ortsgestaltung in Bayern gearbeitet.
Martin Gegner beschäftigt sich als Stadtsoziologe – derzeit in Sao Paulo - beständig mit dem Thema der Zwischenstadt, mit Fragen nach der Zumutbarkeit oder Notwendigkeit dieses Randbereiches.
Der Architekt Wolfgang Christ, der den Städten den Wahlspruch – „Auch für eine Stadt gilt: Es ist kein Nachteil gut auszusehen“ – nahelegt, blickt auf den räumlichen Einfluss geänderten Konsums in den Städten und Stadtrandzonen. Hannes Peer hat die Kulturlandschaften Vorarlbergs intensiv untersucht und den Ortsrändern der zusammenwachsenden Siedlungen im Rheintal nachgespürt, die ihre dörfliche Struktur längst verloren haben.
Nikolaus Juen initiiert für die Tiroler Dorferneuerung seitens des Landes Architekturwettbewerbe, um die Dorfentwicklung neu auszurichten und mit Architekturqualität aufzuwerten.
Herbert Bork beschäftigt sich als Raumplaner besonders intensiv mit der nachhaltigen Siedlungsentwicklung in UNESCO Welterbegebieten, wo gerade wie in Österreich Kulturlandschaften und als Denkmale geschützte Siedlungen an Schnittstellen zusammenwirken.
Stadtrat Gerhard Rüsch wird über das Bauen am Rand und inmitten der Stadt – Stadtentwicklung Graz Reininghaus berichten und den städtischen Blick im Vergleich zu jenem der Landentwicklung bringen.
Landesrat Johann Seitinger wird als zuständiger Landesrat für Wohnbau, Revitalisierung und Nachhaltigkeit den Standort Steiermark betrachten und mit den weiteren Referentinnen und Referenten eine anregende und interessante Diskussion in Gang bringen, die als Zukunftsvision unsere Stadt- und Ortsbilder in einen neuen Rahmen setzt.

In der Praxis betrachten wir bei der Exkursion am Samstag Stadt- und Umland von Fürstenfeld, die nach jahrlanger Konkurrenz mit dem Fachmarktzentrum der Nachbargemeinde vor den Toren der Fürstenfelder Altstadt einen Grundstückstausch erreicht hat und nun auf die Gestaltung dieses Fachmarktzentrums Einfluss nehmen kann.

Auszug aus dem ISG-Magazin 1/2013, S. 31:

Im Zentrum des heurigen Themas steht die Frage, warum übergeordnete Gestaltungsansätze gerade hier, am Übergang von der Stadt zum Land – Tom Sieverts kreierte den Begriff der „Zwischenstadt“ – so wenig Rolle spielen. Es stellt sich die Frage, woraus Örtlichkeiten am Rande der gewachsenen Stadt- und Ortszentren ihre Identität beziehen und ob überhaupt und wenn ja welche Rolle Gestaltung dabei spielt. Es geht auch darum, ob und wie historisch Gewachsenes, sei es im landschaftlich geprägten Umfeld oder in siedlungsnahen Bereichen, mit dem Neuen in Verbindung zu bringen ist. Und es geht um bewusstes, über individuelle Ziele hinausreichendes Gestalten der Lebensumwelt, sei es auf der Basis der Akzeptanz von übergeordneten Vorgaben, aus gesellschaftlicher Verpflich- tung oder dem Antrieb des eigenen Bewusstseins auf dem Boden entsprechender Bildung.

Das zu bearbeitende Feld ist weit gespannt und soll im heurigen ISG Symposium in beispielhaften Aspekten anklingen. Eine grundlegende Bedeutung kommt sicherlich der Raumordnung zu, die in der Schweiz, in Bayern und in Österreich unterschiedlich gehandhabt wird. Ebenso wichtig zu betrachten sind soziologische Aspekte und Tendenzen zeitaktueller Lebensweisen – und vor allem, in welcher Weise Fachleute und Politik darauf reagieren.
Die Bewahrung von wertvoller Bausubstanz als Anker für das bewusst machen von Qualität scheint ein weiterer wichtiger Ansatz zu sein, genauso wie die Organisation und öffentliche Erörterung von einschlägigen Wettbewerben. Aus Sicht der großen Städte ist der Umgang mit zunehmender Urbanisierung und dem daraus resultierenden physischen Wachstum, vor allem an den Rändern zu bewältigen. Gerade hier steht wie für alle Stadt- und Ortsränder die Entscheidung an, ob das Erscheinungsbild unmittelbar aus den Gesetzmäßigkeiten diverser autoorientierter Verhaltensweisen resultieren muss oder Maßnahmen für ein angestrebtes Stadt-, Orts- und Landschaftsbild mit eigener Identität gesetzt werden.

Terminempfehlungen

Netzwerktreffen
16. + 17.11.2023
 
GAT+