10/07/2014

Anlässlich 20 Jahre afo architekturforum oberösterreich wird im prozesshaft wachsenden Setting auf dem Herbert-Bayer- Platz mit Requisiten aus dem Westerngenre im öffentlichen Raum vom zivilgesellschaftlichen Grundrecht Gebrauch gemacht, brennende städtebauliche und architektonische Fragstellungen diskutiert und natürlich auch gefeiert.

11.07.2014 bis 05.09.2014

10/07/2014
©: afo architekturforum oberösterreich

Ein Kulissenstück in 4 Akten mit einem Showdown anlässlich 20 Jahre afo architekturforum oberösterreich

Diskussionsrunden und Fest
11.07.2014 bis 05.09.2014
Veranstaltungsort: afo architekturforum oberösterreich

Drehbuch, Regie: afo architekturforum oberösterreich
Setting, Requisiten, Verpflegung: kiosque
Ort der Handlung: afo und Herbert-Bayer-Platz

1. AKT WÜSTE: FR, 11.07; SA, 12.07.2014
2. AKT PFERD: FR, 25.07; SA, 26.07.2014
3. AKT KULISSE: FR, 29.08; SA, 30.08.2014
4. AKT LASSO: FR, 05.09; SA., 06.09.2014
20 Jahre afo-Fest: FR, 12.09.2014

Die Autoren von Stadt in Latenz (1) – einer Pionier-Publikation des afo – gingen anhand des Dreiecks Linz-Wels-Steyr und seiner semi-urbanen Umgebungen Mitte der 1990er Jahre von der Frage aus, ob das Land (das ehemals Ländliche) eine Stadt im Werden sei. Der „Urbanisierung in zweiter Lesung“ wollen wir anlässlich des 20-Jahrjubiläums eine weitere Lektüre hinzufügen und die damals aufgeworfenen Fragen neuerlich zur Diskussion stellen: Wem gehört die Stadt, das Land? Wer plant die Planung? Wie werden territoriale Ansprüche (symbolisch und ökonomisch) erhoben und geregelt? Welche Kräfte formen den Raum, der letztlich allen gehört? Ist es heute noch möglich, das diffizile Gefüge Stadt zu entwickeln, das an konzentrierter Stelle vieles – auch sehr Gegensätzliches – miteinander zu verbinden vermag? Wo keimt Neues?

Nach wie vor findet das Fragile, Werdende wenig Unterstützung, und mehr denn je sind wir gefordert, unsere Ansprüche einer komplex gewordenen Wirklichkeit anzupassen. Die Koexistenz von kompakten Städten und unberührten Dörfern in einer intakten Landschaft zählt zu den raumplanerischen Fiktionen, die am Beginn des 21. Jahrhunderts nur noch als historische Referenz auftauchen. Die Ausbreitung des Siedlungsraums an den Stadträndern bei gleichzeitiger Entleerung der Ortskerne durch Konzentration der Kaufkraft in amorphen Gewerbezonen entlang von Verkehrsadern hat in den letzten Jahrzehnten vielerorts dazu geführt, dass die Grenzen zwischen urban und ländlich verschwimmen. Diese fließenden Übergänge und offenen Ränder scheinen aber das Bedürfnis noch verstärkt zu haben, sich vor allem durch Abgrenzung vom jeweils Anderen zu definieren. In einem fiktiven Dialog zwischen „Stadt“ und „Agglomeration“ („Agglo“) beschrieb der Schweizer Architekt Jacques Herzog erst kürzlich die Identitätskonflikte von Siedlungsräumen im Dichtestress, die weder als urban noch als ländlich zu klassifizieren seien. „Das ist doch eine verkehrte Welt!“, lässt er die Figur Stadt der Figur Land zurufen: „Einerseits wenden Sie sich gegen die Stadt, weil Sie das Ländliche dem Städtischen vorziehen, und wenn es darum geht, dieses Ländliche auch für eine kommende Generation zu erhalten, wollen Sie davon nichts wissen und fordern das Recht und die Freiheit, weiter in die Landschaft hinauszubauen.“ (2)

Die Spuren dieser Freiheit des ungehemmt In-die-Landschaft- Hinausbauens sind auch im Großraum Linz-Wels-Steyr noch deutlicher als vor 20 Jahren auszumachen, doch wollen wir das Bestehende auch diesmal als Ressource begreifen.

Für die neuerliche Befragung an den wesenlosen Rändern von Siedlungsaktivität haben wir mit dem Kulissenstück „Heißer Sommer in el afo“ das kinematografische Genre des Westerns gewählt, das in seiner Plakativität den spielerischen Rahmen für die Auseinandersetzung mit Stadt / Land in den unterschiedlichen Dimensionen seiner Instrumentalisierung bildet. In den Narrativen der Western Town als Archetyp pionierhafter Landnahme Nordamerikas im 19. Jahrhundert kommt die Gegen- sätzlichkeit zwischen den unendlichen Weiten der Prärie und den territorialen Ordnungsmustern temporärer Besiedelung in besonderer Weise zum Ausdruck (3).

In vier thematischen Akten, die jeweils einen bestimmten urbanistischen Aspekt fokussieren (Leere / Dichte, Mobilität, Eventisierung, Zersiedelung etc.), wollen wir auf unvoreingenommene Weise den Dialog über die Zukunft von Stadt und Land anregen.

Im prozesshaft wachsenden Setting auf dem Herbert-Bayer- Platz mit Requisiten aus dem Westerngenre wollen wir im öffentlichen Raum vom zivilgesellschaftlichen Grundrecht Gebrauch machen, brennende städtebauliche und architektonische Fragstellungen zu diskutieren – aber es darf auch frei assoziiert, ein bisschen mit den Augen gezwinkert und natürlich auch gefeiert werden.

Gabriele Kaiser

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(1) afo architekturforum oberösterreich (Hg.), Stadt in Latenz. Urbanisierung in zweiter Lesung, (Konzept: Klaus Leitner, Gerhard Neulinger, Peter Riepl, Walter Zschokke), Österreichischer Kunst- und Kulturverlag, Linz 1996

(2) Stadt und Nicht-Stadt Schweiz. Ein fiktiver Dialog von Jacques Herzog, NZZ, 16.05.2014

(3) Dass bei dieser oft verklärten Inbesitznahme von Land die Ureinwohner gewaltsam verdrängt wurden bzw. ihre Interessen auf der Strecke blieben, soll in diesem Zusammenhang nicht übersehen werden. Zur städtebaulichen Analyse der Western Town siehe: Alex Lehnerer, Jared Macken, Jayne Kelley, Lorenzo Stieger, The Western Town. A Theory of Aggregation, Hatje Cantz, Ostfildern 2013

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