17/01/2018

Rezension
von Sigrid Verhovsek

Ernst Giselbrecht + Partner
Vernetzte Architektur
connected architecture
Projekte 2007-2017
Works 2007-2017
Hrsg. von
Ernst Giselbrecht + Partner

Texte von
Christian Kühn und
Martin Grabner

Deutsch, Englisch
Hardcover, 24,5 x 34,5 cm
216 Seiten
EUR 40,00
Scan Publishing Group in
Zusammenarbeit mit HDA
ISBN 978-3-901174-83-4

17/01/2018

Cover: Dynamic facade, Showroom Kiefer technic, Bad Gleichenberg, 2007

©: Ernst Giselbrecht + Partner

Showroom Kiefer technic

©: Karin Wallmüller

Chirurgie LKH Univ. Klinikum Graz

©: Karin Wallmüller

Zubau Bürohaus Hartenaugasse, Graz

©: Karin Wallmüller

Nach Architecture as Intelligent Hardware (1999) und Architektur als kulturelles Engagement/ Architecture as Cultural Commitment (2007) erschien im Dezember 2017 Vernetzte Architektur / Connected Architecture als dritte 10-Jahres-Werkschau von Ernst Giselbrecht + Partner.

Das neue Buch, welches vom Verlag Scan Publishing Group in Zusammenarbeit mit dem Haus der Architektur (HDA) Graz aufgelegt wurde, präsentiert jene Bauten und Projekte, die seit 2007 entstanden sind, und stellt den Anspruch, den naturgemäß gewachsenen oder erweiterten Architekturbegriff Giselbrechts sowie die Weiterentwicklung seiner Bau- und
Planungstätigkeit nachzuverfolgen.
Christian Kühn leitet ein, oder bereitet vielmehr auf eine Reise vor, in der es um die Verschiebung von raumbildendenden Wertigkeiten geht: „...die Konstruktion [tritt] in den Hintergrund. In einer Architektur von Netzwerkknoten ist das konstruktive Skelett eine Notwendigkeit, aber nicht mehr formprägend. Stattdessen gewinnen die Oberfläche im Inneren und die Hülle nach außen an Bedeutung.“ (S. 6)
Im anschließenden Gespräch, das Kühn mit Ernst Giselbrecht führt, wird diese Vorstellung der Membran, die nach außen die Stadt und nach innen den (halb?-)öffentlichen Raum organisiert, ausführlicher thematisiert, eingebettet in einen Diskurs, der vorrangig den wachsenden Einfluss von Digitalisierung und Vernetzung auf und in der Architektur behandelt.
Sodann erfolgen in chronologischer Reihenfolge 15 realisierte Projekte und 14 Wettbewerbsbeiträge, die von Martin Grabner kurz und prägnant beschrieben werden.
„Herzstücke“ und Beispiele einer zunehmenden Spezialisierung von Giselbrecht und Partner bilden dabei sicher die Bauten für das Gesundheitswesen, die beinahe ein Drittel des Gesamtwerks ausmachen: die Wettbewerbsbeiträge und Studien für die Chirurgie LKH Graz, für das Krankenhaus der Barmherzigen Brüder und die Radiologie am LKH Graz, sowie die Realisierungen des LKH Bad Aussee, die vier Zu- und Umbauten für das LKH Leoben, die Zahnmedizin des LKH Graz. Nicht nur in der Katalogauswahl, sondern auch im Werkverzeichnis werden Aufträge für Einfamilienwohnhäuser wohl endlich weniger – oder bewusst verweigert?
Durchgängiges Kommunikationselement sind allerdings die typischen „tanzenden“, beweglichen Fassaden von Giselbrecht in verschiedenen Varianten und Ausführungen, besonders anschaulich sind die Fensterbänder mit den ausstellbaren Alu-Paneelen am Beispiel des „Showroom Kiefer Technic“ auch auf youtube zu bewundern.

Dieses „Archiv“ in großformatiger Buchform, das als Stellungnahme zum Architekturdiskurs beitragen soll, ist naturgemäß reich bebildert, wurde aber layouttechnisch eher stiefmütterlich (verzeihen Sie den sprachlichen Anachronismus in Zeiten der Patchworkfamilie) behandelt: Die Grafiken wirken mehr oder weniger beliebig verteilt, was leider der Intention der abgebildeten Architektur in keiner Weise gerecht wird: So wird zum Beispiel eine ehemals zarte Handskizze auf A3-Format aufgebläht und kollidiert mit zwei kleinen Modellfotos, die man sich größer wünscht, und zwei mittelgroßen Glossyrenderings, wobei eines durchaus einen Konterpart zur Zeichnung bilden könnte, wenn es denn in Bezug oder zumindest in denselben Maßstab gesetzt worden wäre.
Zudem fehlen meist die Bildunterschriften – (allerdings auch das nicht konsequent, also unbeabsichtigt?) – und so müssen auch versierte Architekten zweimal überlegen, welcher innere Zusammenhang zwischen den Abbildungen besteht. Die Eckdaten zu den einzelnen Projekten wurden ans Ende des Buches verbannt, was den interessierten Leser/die interessierte Leserin zu dauerndem Blättern zwingt.
Für diese Werkschau hätte der Verlag Scan Client Publishing etwas mehr Sorgfalt auf Grafik und Design legen müssen, um der äußerst ambitionierten, mehrfach preisgekrönten Architektur, dem inhaltlichen Anspruch und den Projektbeschreibungen zu entsprechen.

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