23/05/2014

Graz-Reininghaus
Quartiere 1 und 4a

Der zweistufige geladene Realisierungswettbewerb Alt Reininghaus Goes Smart wurde zwischen 18.10.2013 und 27.03.2014 durchgeführt. Die Jury (Vorsitz: Arch. Rüdiger Lainer) entschied am 08.04. Am 20.05.2014 wurde das Siegerprojekt präsentiert.

11 geladene Büros
_ Baumschlager Eberle Lochau ZT-GmbH, Lustenau
_ Futurafrosch GmbH, Dipl. Architektin ETH SIA Kornelia Gysel, Zürich
_ Ernst Giselbrecht + Partner ZT-GmbH, Graz
_ HPP Hentrich-Petschnigg & Partner, Düsseldorf
_ hohensinn architektur, Graz
_ Arch.DI Gerhard Kreutzer, Graz
_ Arch. DI Gerherd Pfeifer, Graz
_ Atelier Thomas Pucher ZT-GmbH, Graz (Gewinner)
_ reitter_architekten ZT-GmbH, Innsbruck
_ Arch. DI Robert Rohsmann, Graz
_ Arch. DI Wolfgang Speer, Trofaiach

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23/05/2014

Graz-Reininghaus, Quartiere Q1 und Q4a, Modell

©: Atelier Thomas Pucher

Graz-Reininghaus, Quartiere Q1 und Q4a, Modell

©: Atelier Thomas Pucher

Graz-Reininghaus, Quartiere Q1 und Q4a, Skyline

©: Atelier Thomas Pucher

Graz-Reininghaus, Lageplan

©: Atelier Thomas Pucher

Erich Ranegger vom Atelier Thomas Pucher erläutert das Modell. Links neben ihm: Architekt Thomas Pucher. Beobachter im Hintergrund: Stadtplanungsamtsvorstand DI Bernhard Inninger

©: Georg Schrutka

Zu Beginn die enttäuschende Meldung: Viele Fragen, die für architekturinteressierte Grazer von Bedeutung sind, wurden auf der Pressekonferenz zum Architekturwettbewerb zur Erlangung von Vorentwürfen für die Quartiere Q1 und Q4a Süd in Graz-Reininghaus, ausgelobt von der Erber-Gruppe, nicht beantwortet. Weder wurde bekanntgegeben, welche Büros es in die finale Phase des zweistufigen Wettbewerbs geschafft haben, noch wer die weiteren Preisträger sind, geschweige denn wie die Projekte jener nicht Genannten aussehen. Lediglich das Siegerprojekt des Ateliers Thomas Pucher wurde vorgestellt.

Dies ist umso erstaunlicher, da der Wettbewerb unter dem Titel Alt Reininghaus Goes Smart in Zusammenarbeit mit der Kammer der Architekten durchgeführt wurde (s. Link 1). Allerdings versicherte Herr Erber GAT gegenüber, dass die Wettbewerbsbeiträge gemäß § 20 bis 22 der Wettbewerbsordnung Architektur WOA 2010 (s. Link 2) in naher Zukunft im Reininghaus Loft ausgestellt werden.

Bürgermeister Nagl sprach auf der Pressekonferenz im Zusammenhang mit Reininghaus von „einem der wichtigsten Projekte der aktuellen Jahrzehnte“, Stadtbaudirektor Werle gar von einem „Jahrhundertprojekt für Graz“. (s. Link 3). Insofern fällt dem ersten Bauabschnitt im Reininghaus-Areal besondere Bedeutung als Startpunkt für das „neue Stadtzentrum im Westen“, wie es Thomas Pucher nennt, zu. 

Das Planungsgebiet liegt am nördlichen Ende der im Rahmenplan Graz-Reininghaus (s. Link 4) vorgesehenen Esplanade und wird somit Ausgangspunkt für den bald stattfindenden Wettbewerb für das südlich angrenzende Quartier 5, ebenfalls ausgelobt von der Erber-Gruppe, sein.
Das Atelier Thomas Pucher bemühte sich, neben den denkmalgeschützten Gebäuden weitere identitätsstiftende Gebäude zu erhalten und in den Entwurf zu integrieren. Der Entwurf zeichnet sich durch abschirmende Baukörper zur Alten Poststraße hin und aufgelockerte Bebauung im Inneren zur Esplanade aus. Stadtplanungsamstsvorstand Inninger wies in diesem Zusammenhang auf den geringen Versiegelungsgrad und die sich daraus ergebenden klimatischen Vorteile hin.
Die räumliche Fassung des öffentlichen Raums wird auf zwei Ebenen vollzogen. Einerseits sollen die bis zu 19 Geschoße hohen Punkthäuser eine große räumliche Matrix und eine neue Skyline für Graz bilden, andererseits wird versucht, durch die organisch geformte Erdgeschoßzone eine zweite, kleinteiligere räumliche Qualität zu erreichen.

Pucher bestätigte, dass im Entwurfsprozess das Thema des Stadtraums wichtig gewesen sei, und wies auf die Notwendigkeit des Neudenkens der Stadt hin, das sich im Projekt unter anderem in der campusartigen Bebauung zeige. Die Erdgeschoßzone zielt auf größtmögliche Flexibilität ab, um auf sich ändernde Nutzungsanforderungen reagieren und so Leerstand vermeiden zu können. Die ersten fünf Obergeschoße werden in der Gebäudestruktur ebenfalls nutzungsneutral angelegt, um verschiedensten Nutzungen vom Büro bis zum Wohn- oder Arbeitsatelier Rechnung zu tragen. Die darüberliegenden Geschoße sind reiner Wohnnutzung vorbehalten und sollen sich durch Qualitäten der Moderne, wie Ausblick und Ausrichtung zur Sonne, auszeichnen.

Die Erber-Gruppe wird auf dem 3,8 Hektar großen Gebiet mit einem Investitionsvolumen von 170 Millionen Euro rund 100.000 m2 Bruttogeschoßfläche errichten, zwei Drittel davon sollen mit 670 Wohnungen bespielt werden. Die gesamten Immobilien im Gebiet bleiben im Besitz der Erber-Gruppe, da die Objekte ausschließlich vermietet werden. Der Baubeginn ist für Frühjahr 2015 geplant.

Die Ausstellung der weiteren Wettbewerbsbeiträge wird sicher spannend, um die unterschiedlichen Lösungen zu vergleichen. Vor allem die differenzierten Herangehensweisen im Umgang mit dem öffentlichen Raum sowie dessen Fassung wird dabei besonders interessant sein. Es bleibt zu hoffen, dass diese Ausstellung möglichst bald stattfinden wird, da die Transparenz der Projekte in Reininghaus ein wesentlicher Aspekt für die Akzeptanz der Grazer Bevölkerung dieser „Grazer Neustadt“ sein wird.

Anonymous

Antwort auf von wallmueller_www

Der Einwand ist natürlich gerechtfertigt, daher meine Kommentar:
Ich bin der Überzeugung, dass wesentliche Aspekte von Städtebau und Urbanität in einer Form auftreten, die sich gar nicht grafisch darstellen lässt. Es sind u.a. ökonomische und gesellschaftliche softfacts, die ein Quartier zu dem machen was es ist. Das Dilemma des Planers ist es, die geforderte Urbanität, im Rahmen seiner Möglichkeiten, glaubhaft aufs Papier zu bringen. Was sich, wie in diesem Fall, in vielen bunten Flächen und Wortneuschöpfungen äussert, die aber über die wahren Qualitäten des Raumes keine Aussage treffen können. Es wird von „programmierten Feldern“ gesprochen, die „das Gebiet mit der Umgebung verweben“. Aber wer programmiert diese Flächen und wer wird in der Lage sein sie „richtig“ lesen zu können? Um eine Missinterpretation auszuschliessen, muss der öffentliche Raum schlussendlich alles können. Er wird mit allen möglichen und tauglichen Funktionen überlagert, bis hin zu einer 3D-Landschaft, die das „Aussenangebot vervielfacht“. Wird da dem Stadtraum nicht etwas zuviel zugemutet? Der hohe Anspruch macht auch vor den Gebäuden nicht halt. „Super-Flex“ und „Flex-Zonen“ machen das nutzungsneutrale Wunder scheinbar perfekt. Ich glaube weder, dass ein Quartier das alles leisten kann, noch dass es das leisten muss.
Ich unterstelle dem Projekt, dass es nicht halten wird, was es verspricht und dass sich die Verantwortlichen von einer ausgezeichneten, darstellerischen Performance haben täuschen lassen. Städtebau und Architektur können auf wechselnde und kommende Lebensweisen auch anders reagieren, was ein Blick in die Vergangenheit beweist. Würde z.B. eine konzentriertere Bebauung mit höherer Dichte, nicht mehr von der gewünschten Urbanität erzeugen und ein zentraler, grosszügiger Grünraum nicht mehr bieten, als eine Reihe von Halbräumen?

Mo. 26/05/2014 10:24 Permalink
anonym

Richtig, hier wurde bester Aufwand für Plangraphik betrieben und damit wenig Urbanität erzeugt. Die in mehrere aufgeteilten Grünflächen werden in ihrer Bedeutung nicht mehr als größere Innenhöfe sein, von der Lage her den Bewohnern vorbehalten, ähnlich den Gründerzeitinnenhöfen (wo ist der groß angekündigte, öffentlich zugängliche Stadtteilspark vom Messequartier geblieben?) Hier bei diesem Entwurf fehlt Dichte und Stingenz, um das Quartier urban erscheinen zu lassen, jetzt schon. Außerdem, jedermann weiß, dass Punkthäuser mit derart engen Innenhöfen als Typologie problematisch sind und überhaupt: kann ein Jahrhundertprojekt entstehen, wenn man 11 Büros einlädt, von deren 50 Prozent man noch nie etwas gehört, geschweige denn je einen städtebaulichen Meisterplan gesehen hat?
Ein großes Plus: euer Artikel ist kritisch. Gat sollte dran bleiben und solche Entwicklungen weiter genau beobachten und offen darüber schreiben, denn sonst gibt es, fürchte ich, gar keine kritische Instanz mehr in dieser Stadt.

Di. 27/05/2014 8:15 Permalink

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