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1. Preis, "Die Brise", Claudia Kresser / Diane Brachtenbach

_Rubrik: 

WB-Entscheidung
GAD AWARD 2013: Das Ergebnis

PROJEKTBESCHREIBUNG

Hollomey-Reisepreis
„Seoul Megacity“ – Best Before?
Verfasser: Thomas Untersweg
Betreuer: Univ.-Prof. Mag.phil. Dr.phil. Anselm Wagner

Kurzfassung:
Als einer der fünf Tigerstaaten wurde Korea durch die rasante Transformation von einer ruralen Gesellschaft zu einem der am stärksten urbanisierten Länder der Welt geprägt. In den Folgejahren des Koreakrieges führte die autoritäre Exportpolitik zu rapidem ökonomischen Wachstum und damit einhergehend zum radikalen Umbruch. Heute leben mehr als 80 Prozent der Gesamtbevölkerung Koreas in Städten. Der Blick auf asiatische Metropolen ist vor allem aufgrund der Dimension und Geschwindigkeit dieser Prozesse interessant. Eine neue Wohntypologie – der Apartment-Komplex – war der Schlüssel zum ersehnten Fortschritt: dem Wunder vom Han. Die Produktion von Raum hat in Korea bis heute höchste Priorität. In der vorliegenden Arbeit werden die Rahmenbedingungen zur Entstehung und Ausbreitung der Apartmenttypologie untersucht. Mögliche Vorbilder werden nicht nur in städtebaulicher, sondern auch in soziopolitischer Hinsicht analysiert. Die standardisierte Produktion des Raumes ermöglicht zwei wichtige Neuerungen der koreanischen Architekturproduktion: Geschwindigkeit und (bzw. durch) Homogenität. Die Monotonie der Wohnbehälter wurde mithilfe eines raffinierten Markensystems klassifiziert. Diese hierarchische Einordnung der Gesellschaft über Komplex-Embleme wird zum Rückgrat des modernen Koreas. Die Folgen dieser rasanten Entwicklung sind offensichtlich: Das Apartment frisst die Stadt, kann aber ohne sie nicht existieren. Die Ausbreitung der Komplexe gefährdet ihre eigene Zukunft. Ersetzt die periphere Typologie der Komplexe weiterhin den Bestand Seouls, wird aus der Metropole eine Vorstadt.
Die ambivalente Position zwischen Ablehnung und Bewunderung erschwert eine objektive Beurteilung der Apartment-Komplexe. In Anlehnung an Henri Lefèbvres Räume der Repräsentation wird eine weitere Wahrnehmungsebene zur Analyse der Komplexe eingeführt. Der gelebte Raum zeigt aktuelle sozio-urbane Prozesse auf und ermöglicht einen tieferen Einblick in die Hintergründe der Apotheose der Apartment-Komplexe. Welche Rolle hat Architektur im Zuge der rasanten Transformation asiatischer Städte noch? Die gesellschaftliche Relevanz der Disziplin wird im Apatudrom sichtbar. Die traditionelle Rolle der Architektur wird in der koreanischen Realität aufgelöst. Architektur könnte erneut ein Dazwischen in Seouls urbaner Landschaft einführen, das von den Komplexen beinahe ausgerottet wurde. Das Potential der Disziplin würde nicht in der Produktion, sondern in der Erhaltung und Stärkung von Leerräumen und Nicht-Orten liegen. Dies würde einen Wandel weg von einer aktiv bauenden, hin zu einer beobachtenden Rolle der Disziplin bedeuten. Architektur wäre zurück in der Realität. Als Hyperbel bildet das Apatudrom in Form eines Gesellschaftsspiels den Schluss der Arbeit. Dieser fiktive Entwurf ist eine kritische Bestandsaufnahme der vorhandenen Praxis. Durch die Übersteigerung der analysierten Systeme der Wirklichkeit wird ein surreales Produkt erzeugt, das die Funktionsweise der Apartmentkultur verdeutlicht. Das Apatudrom steht genau zwischen Konfuzius und Kapitalismus. Soziale Probleme des Systems werden im OECD-Vergleich deutlich: Überalterung der Bevölkerung, eine niedrige Geburtenrate, Anonymität, eine rasant steigende Selbstmordrate. Nach stetigem Wachstum seit 1950 schrumpfte Seouls Bevölkerung 2011 erstmals. Die Diversifikation einer der homogensten Gesellschaften der Welt bringt die hegemoniale Wohnform in Bedrängnis. Kann der Apartment-Komplex auf bevorstehende gesellschaftliche Veränderungen reagieren?
Der große Aufschwung Koreas, das Fundament des kollektiven Stolzes, ist Geschichte. Seoul – Best Before?

Tschom-Wohnbaupreis
„Die Zeile der 50er“
Vitalisierung einer 1950er-Jahre Siedlung
Verfasser: Felix Zankel
Betreuer: Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Architekt Andreas Lichtblau

Kurzfassung:
Dem Wohnbau der 50er-Jahre kommt eine wichtige Rolle in der Bereitstellung von Wohnraum in Österreich zu. Besonders der Zeilenbau wurde für die Wohnungsprobleme der Nachkriegszeit eine weit verbreitete Typologie. Der freistehende Bau am Stadtrand ist Sinnbild für den Wunsch der Bevölkerung nach einem Eigenheim im Grünen. Die enormen Schäden des zweiten Weltkrieges, die Probleme mit Flüchtlingen und die Zerstörung vieler Wohnbauten stellten die Architekten nach dem Krieg vor schier unlösbare Aufgaben.
Der Bedarf an Wohnungen war riesig, dazu kamen Probleme bei der Finanzierung der Projekte. Förderfonds und gemeinnützige Genossenschaften übernahmen wesentliche Aufgaben im Wohnbau. Diese Massenproduktion führte jedoch zu Monotonie und lässt Entwicklungen der Zwischenkriegszeit, wie etwa die Bauten von Bruno Taut, vermissen. Abgesehen von den baulichen Problemen dieser Siedlungen, haben sich bis heute die Anforderungen der Menschen an den Wohnbau grundlegend weiterentwickelt. Die kleinteiligen Grundrisse, die langen Gänge, die engen Erschließungen und die geringe Flexibilität sind nicht mehr zeitgemäß. Das in den 50er-Jahren präsente Bild der Kleinfamilie hat sich ebenso verändert wie die Rolle der Frau in der Gesellschaft. Außerdem sind diese Siedlungen nicht mehr in der Lage den Anforderungen des demographischen Wandels und den daraus resultierenden größeren Anforderungen an die Barrierefreiheit gerecht zu werden, was immer öfter zu Problemen führt. Der günstige Wohnraum wird zwar noch immer gerne angenommen, gesellschaftliche Akzeptanz fehlt jedoch. Bei der Modernisierung dieser Siedlungen liegt daher das Augenmerk, neben bauphysikalischen Maßnahmen, vor allem darin, die sozialen Schäden zu kitten. Die simple Fassadenkosmetik allein kann es nicht schaffen grundlegende Probleme in den Griff zu bekommen, es muss wesentlich tiefer in die Substanz der Zeile eingegriffen werden. Die Maßnahmen beginnen bei der Konfiguration der Wohnungsgrundrisse und enden mit einer Lösung für die Belebung der Freiflächen und der Schaffung von Gemeinschaftsräumen. Ohne Eingriffe werden diese Siedlungen über kurz oder lang ihre Bedeutung für den Wohnungsmarkt verlieren und zu Sub-Standard-Ghettos verkommen. Anhand der Grazer Siedlung „Am Hofacker“ werden diese Entwicklungen mit Hilfe einer Umfrage analysiert und Lösungsansätze über einen Entwurf ausgearbeitet.
Die gute Lage in der Nähe des Stadtzentrums, die bei 50er-Jahre Bauten sehr oft zu finden ist, macht Entwicklungsstrategien interessant. Darüber hinaus fordern immer stärker wachsende Städte und der daraus resultierende Platzmangel, bestehende Wohnbauten regelrecht zur Nachverdichtung auf, was wegen der geringen Dichte der 50er-Jahre Zeile umso wichtiger erscheint. Der Mensch und die Anforderungen an den Menschen haben sich in den letzten 60 Jahren grundlegend geändert - auch die Zeile der 50er- Jahre wird sich diesen veränderten Bedingungen anpassen müssen: „Wandlungsfähig ist das Haus und der Mensch, beweglich und doch fest.“ (Bruno Taut)

Verfasser / in:

Redaktion GAT GrazArchitekturTäglich
TU Graz - Fakultät für Architektur

Datum:

Wed 06/11/2013

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Infobox

GAD Award 2013
_ Organisation:
Arch. Susan Kraupp, Sabine Rekar, Institut für Städtebau
_ Ausstellungskonzept:
Arch. Susan Kraupp , Irina Koerdt
_ Aufbau Ausstellung und Veranstaltung:
StudienassistentInnen des Institutes für Städtebau

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