18/04/2009
18/04/2009

Bild: Emil Gruber

Trauriges Dramolett in drei Szenen
(geschrieben im Jänner 2008 unter dem Eindruck der Performance von Kulturstadtrat Werner Miedl, erstmals veröffentlicht auf www.gat.st, am 16.01.2008)

Personen:
Helmut Strobl, Ex-Kulturstadtrat
Christian Buchmann, Ex-Kulturstadtrat, Wirtschaftslandesrat
Siegfried Nagl, Ex-Kulturstadtrat, Bürgermeister
Die Chefin
Werner Miedl, Ex-Polizist, Kulturstadtrat
Mann im Dracula-Kostüm

1.Szene

Eine Driving-Range am Gelände des ehemaligen Ö-Rings in Spielberg. Im Hintergrund das Arbessersche Anwesen. Christian Buchmann übt vergeblich den Abschlag mit einem schweren Holz in Richtung Schloss.
CHRISTIAN BUCHMANN (frei nach Nestroy in sehr nasalem Ton): Kunst ist, was man nicht kann, denn wenn man´s könnt´, dann wär´s ka Kunst.
MANN IM DRACULA-KOSTÜM (beobachtet, hinter einem Schutthaufen sitzend die Fehlversuche): Des kann i a net! (Nimmt einen Schluck aus einer Red-Bull-Dose) Schmeckt irgendwie künstlich!

Vorhang

2. Szene

In einem innerstädtischen Porzellanladen, knapp nach Geschäftsschluss. Die Chefin zählt hinter der Kassa sitzend die Tageslosung. Im Nebenraum übt Siegfried Nagl mit einem Teller zu jonglieren. Plötzlich springt aus dem Hintergrund ein Mann im Dracula-Kostüm auf Nagl und beißt ihn ins Genick. Nach kurzer Zeit lässt er wieder los und wischt sich über den Mund.

MANN IM DRACULA-KOSTÜM: Schmeckt irgendwie fad! (verschwindet so schnell, wie er gekommen ist.)
DIE CHEFIN: Siegi, was tust denn?
SIEGFRIED NAGL (reibt sich verstohlen den Nacken): Nix, nix. Jongliert weiter mit einem Teller.
Leise zu sich: Morgen probier ich es mit zwei Tellern – das ist Kunst!

Vorhang

3. Szene

Graz, Hauptbrücke. Durch die Murgasse kommend radelt Helmut Strobl auf seinem Janus-Tandem über die Brücke. Im Hintergrund blubbern Kunsthaus und Murinsel bläulich vor sich hin.

WERNER MIEDL (in Polizeiuniform): Sapperment, was ist denn das? He! Sie da! Absteigen!
Noch ehe Helmut Strobl reagieren kann, schnappt sich Werner Miedl das Janus-Tandem und will davon radeln: Wo ist da vorne? Welche Richtung? Eh wurscht. Los geht´s!

Während er den Kai überquert, springt aus dem Ufer-Gebüsch der Mann im Dracula-Kostüm und schwingt sich auf den zweiten, nach hinten zeigenden Sattel. Gemeinsam strampeln sie die Annenstraße entlang, der untergehenden Sonne zu. Im tief stehenden Gegenlicht verschwimmen die beiden Figuren zu einer nicht mehr unterscheidbaren Einheit. Man kann nicht mehr erkennen, ob es der Mann im Dracula-Kostüm oder Werner Miedl ist, der seinen Partner in den Nacken beißt.
BEIDE: Das schmeckt!

Vorhang

4. Szene
(geschrieben am 18. April, dem Geburtstag des Grazer Bürgermeisters, den dieser zu seiner Verkündigung als neuer Planungsreferent der Grazer Stadtregierung nützte.)

Just in dem Moment, als Werner Miedl alias Dracula auf Höhe des geplanten ECE angelangt ist und durch seine unkoordinierte Fahrweise einen von Sigi Binder angeführten Demonstrationszug in Panik versetzt, geschieht ein Wunder:
Auf einem direkt aus dem Abendhimmel auf das Bauamtsgebäude gerichteten Lichtstrahl gleitet Siegfried Nagl vom Himmel. Nach einer etwas linkischen Landung richtet er sich seine leicht verrutschte grüne Krawatte zurecht, bläst - als wären es Kerzen auf einer Geburtstagstorte - den Lichtstrahl aus und betritt mit den Worten:
Werden wir es schaffen? Ja, wir schaffen es!
das Bauamtsgebäude.

Vorhang

Verfasser/in:
Hermann Candussi, freie Meinung
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