06/10/2008
06/10/2008

Oder warum ich seit Samstag glaube zu wissen, was ein Treppenwitz der Geschichte ist: Anlässlich der Ausstellungseröffnung "Christoph Schlingensief. The African Twin Towers" in der Neuen Galerie.

Die Qual der Wahl eines aufregenden Eröffnungstages zum Steirischen Herbst (als vorübergehend allein erziehende Mutter einer 20 Monate alten Tochter - Ehemann und Vater des Kindes wartet seit zwei Monaten in seinem Heimatland Nigeria auf das Visum - fällt unter anderem auf o.g. Veranstaltung. Gemeinsam mit meiner Freundin Selma, ihres Zeichens Mutter zweier Töchter mit gleichen Wurzeln.

Wie üblich landen die so süßen Kinder gleich einmal in den digitalen Speichern vieler Fotoapparate. Aber dann ist auch schon Schluss mit lustig. Am Anfang geht alles gut, die Kinder applaudieren begeistert mit den Erwachsenen, beim Auftauchen schwarzer Menschen auf den Screens begeistertes "Papa". Bald beginnt es im Rücken zu rumoren, "Halten Sie Ihre Kinder im Zaum. So geht das nicht!" "Skandal"...
Ich halte nicht lange durch und gehe. Auch meine Freundin hat keine Wahl und geht.

Bei mir bleiben so etwas wie "Fragmente eines Schocks", um bei den Worten des Künstlers zu bleiben. Ich dachte mir "african twin towers" ist der abschließende Schwerpunkt jenes Projekts der Neuen Galerie Graz, das 2006 mit "Slum" begann und 2007 mit der erfolgreichen Großausstellung "UN/FAIR TRADE" fortgesetzt wurde, und das sich an der Schnittstelle von künstlerischen und (sozial)wissenschaftlichen Diskursen bewegt hat.

Aber es war nicht das erste Mal, dass dort, wo das Leben in die Kunst eingreift, dies höchst unerwünscht ist und wenn auch im Kontext etwas verschoben, scheint es zu stimmen, was Günter Brus einmal gesagt hat: "Die Kunst und das Leben vertragen sich wie die Sonne und die Butter".

Es war wohl nicht meine beste "STRATEGIE ZUR UNGLÜCKSVERMEIDUNG".

Glücklicherweise hat alles im Leben zwei Seiten, so auch dieser Tag, der die Geschichte wieder ein wenig versöhnt: Draußen nach der Eröffnung, Reaktionen, wie "Ich hätte mir gewünscht, dass Sie geblieben wären" (jetzt bleibt bei mir auch noch das Gefühl, eine "feige Sau" zu sein) und "Das ist eigentlich ein Skandal, dass so etwas passiert!" Letzteres stammt übrigens aus dem Mund von Stadtrat Wolfgang Riedler.

Schließlich lassen wir den Abend dort ausklingen, wo wir erwünscht sind: Im bei "wie du mir. Gegenbilder für transkulturelles Denken und Handeln“.
Meine Tochter darf mit einem dicken Marker das Boot bemalen!

Empfehlenswert sind auch die "Crashed Cayennes" des Berliner Künstlerduos Köbberling/Kaltwasseim im HDA Graz, nicht nur wegen der Kinderfreundlichkeit!

P.S. Treppenwitz der Geschichte: Ich werde das Gefühl nicht los, dass bei der Eröffnung auch jene anwesend waren, die vor 11 Jahren der Festnahme des Künstlers bei der dokumenta X in Kassel im Rahmen seiner Kunstaktoin "Mein Filz, mein Fett, mein Hase" durchaus zugestimmt hatten. Aber das ist wohl eine andere Geschichte.
"african twin towers"
Von Christoph Schlingensief (D)
Neue Galerie am Landesmuseum Joanneum
Sackstraße 16, 8010 Graz
Ausstellungsdauer: bis 09.11.2008
Öffnungszeiten:
Di-So 10.00-18.00 Uhr

"wie du mir. Gegenbilder für transkulturelles Denken und Handeln“

Volksgartenstraße 6a, 8020 Graz
Ausstellungsdauer: bis 29.11.2008
Öffnungszeiten:
Di-Sa 10.00–18.00 Uhr, So 11.00–16.00 Uhr

Verfasser/in:
Ute Angeriger-Mmadu, freie Meinung
Matthias Kahlert

Das sind doch ganz normale Erfahrungen, die man mit Kindern so macht. Angehimmelt und angepöbelt zu werden liegt oft nah beieinander. Das hat übrigens mit der Hautfarbe der Kinder nicht das geringste zu tun, auch an 100% "europiden" Kindern passt oft jemandem etwas nicht.

Sa. 11/10/2008 4:24 Permalink
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