18/07/2014

Sieben Vorarlberger Wartehüsle bringen Kultur, Wirtschaft und Architektur unter ein Dach.

AUSZEICHNUNG
Der Verein Kultur Krumbach
wurde vom German Design Council als Architects' Client of the Year mit dem Iconic Award 2014 ausgezeichnet.

AUSSTELLUNG
BUS:STOP Krumbach
Bis zum 2. August 2014 sind der Entstehungsprozess und die Modelle der Wartehüsle im vai in Dornbirn ausgestellt.

Danach wird die Ausstellung vom 17. Sept. bis 6. Okt. 2014 im Az W gezeigt.

In der GAT-Reihe architektur> werden Bauwerke innerhalb und außerhalb Österreichs veröffentlicht, die an der Schnittstelle von Architektur und Kunst einzuordnen sind. Bei der Kuratierung werden Projekte von AkteurInnen bzw. ProtagonistInnen mit Bezug zur Steiermark bevorzugt.

18/07/2014

BUS:STOP Krumbach Bränden. Sou Fujimoto, Bechter Zaffignani

©: Adolf Bereuter

BUS:STOP Krumbach Unterkrumbach Süd. Architecten De Vylder Vinck Taillieu, Thomas Mennel

©: Adolf Bereuter

BUS:STOP Krumbach Unterkrumbach Nord. Ensamble Studio Antón García-Abril | Débora Mesa, Dietrich | Untertrifaller

©: Adolf Bereuter

BUS:STOP Krumbach Zwing. Radic Smiljan, Bernardo Bader

©: Adolf Bereuter

BUS:STOP Krumbach Oberkrumbach. Alexander Brodsky, Hugo Dworzak

©: Adolf Bereuter

BUS:STOP Krumbach Kressbad. Rintala Eggertsson Architects, Baumschlager Hutter Partners

©: Adolf Bereuter

BUS:STOP Krumbach Glatzegg. Amateur Architecture Studio Wang Shu / Lu Wenyu, Hermann Kaufmann

©: Adolf Bereuter

Lageplan

©: kultur krumbach

Die Vorarlberger Architektur und das traditionelle Handwerk finden in der internationalen Architekturszene große Beachtung. Doch warum nicht einmal die Perspektive wechseln? Warum nicht den Blick bewusst nach außen richten und internationale Architekten in den Bregenzerwald einladen, die regionale Besonderheiten aufgreifen und in einen intensiven Dialog mit der Vorarlberger Tradition, Baukultur und Handwerk treten?

Das ist die Idee hinter dem Projekt BUS:STOP Krumbach. Mit professionellen Partnern des Architekturzentrum Wien (AzW), allen voran Direktor Dietmar Steiner als Kurator und dem vai Vorarlberger Architektur Institut lud der Verein Kultur Krumbach sieben Architekturbüros aus der ganzen Welt ein, sieben neue Buswartehäuschen für die Gemeinde Krumbach zu entwerfen. Alle nahmen die Einladung an, sich mit dem Bregenzerwald auseinander zu setzen und für die Region, die sich einen Stundentakt im öffentlichen Bus- Verkehr leistet, Wartehäuschen zu entwerfen.
Das Honorar: eine Woche Urlaub im Bregenzerwald.

Nicht die sieben Wartehüsle sind die Sensation, sondern das, was mit einer außergewöhnlichen Idee, 16 Vereinsmitgliedern von Kultur Krumbach, mit einem professionellen Kuratorium und einem engagierten Bürgermeister, unglaublichen 22 Gastwirten und Hoteliers, über 70 Sponsoren und Förderern, sieben Architekten aus der ganzen Welt, sieben regionalen Partner-Architekten und über 20 lokalen Handwerksbetrieben möglich ist. Das sind weit über 200 Beteiligte, die sich für dieses Projekt austauschen, ihre Kompetenzen bündeln und zusammen an einem Strang ziehen.

Im Sommer 2013 lagen alle Entwürfe der Architekten vor und die ausgewählten regionalen Handwerker gingen zusammen mit den Partnerarchitekten ans Werk. Von Herbst 2013 bis knapp vor der Eröffnung am 1. Mai 2014 machten die 20 beteiligten Handwerksbetriebe mit der großzügigen Unterstützung von über 70 Sponsoren und Lieferanten Unmögliches möglich. Die meisterhafte Umsetzung der Pläne, die perfekten Ausführungen und das handwerkliche Geschick der lokalen Handwerker begeisterten die internationalen Architekten. „It is a miracle – they did it as we planned, in every detail“, staunte Alexander Brodsky aus Russland. Und wie es sich im Bregenzerwald gehört, organisierte die Krumbacher Nachbarschaft für jedes der sieben Buswartehäuschen nach Abschluss der Arbeiten ein eigenes Richtfest für die Handwerker.

Im April 2014 besuchten die eingeladenen Architekten für drei Tage Krumbach und machten sich ein Bild von der Landschaft, den Menschen, deren Tradition und der Baukultur. Sie blickten Handwerkern über die Schulter und erfuhren viel über deren Fertigkeiten sowie die eingesetzten Materialien. Sie trafen regionale Architekten und Bauherren und waren von der Verbindung von Tradition und Moderne, die diese Region prägen, begeistert. Auch die kulinarischen Genüsse, die der Bregenzerwald bereit hält, kamen beim Besuch der Architekten nicht zu kurz: Die internationalen Architekten genossen die Lebendigkeit der Wirtshauskultur – so manch ein Abend endete gemeinsam mit Handwerkern, Krumbacher/innen und Wirtsleuten am Stammtisch.
Architektur macht Gäste und andersrum – wenn Gäste Architektur machen, gibt das Diskussionsstoff.

Beschreibung der einzelnen Projekte
Dietmar Steiner / BUS:STOP Krumbach

BUS:STOP Krumbach Bränden
von: Sou Fujimoto, Bechter Zaffignani
Sou Fujimotos Architektur lebt vom Traum einer neuen Vereinigung von Architektur und Natur. Dabei soll sich die Architektur nicht der Natur angleichen, sie nicht imitieren, sondern in ihrer geometrischen Eigengesetzlichkeit der Natur den ihr zustehenden Raum gewähren. Mit diesem philosophischen Ansatz hat Architektur nicht mehr die Funktion des Schutzes. Sie ist ein offener Dialog mit der Natur. Dafür bietet Sou Fujimoto Raumgerüste als Möglichkeitsformen dieser Interaktion. Eine Weiterentwicklung dieses Konzepts ist sein BUS:STOP für Krumbach. Ein „Wald“ aus wilden dünnen Stahlstangen. In dieser offenen Struktur windet sich eine Stiege in die Höhe. Nein, dieser BUS:STOP gewährt keinen Schutz vor der Witterung, er eröffnet dafür eine neue Dimension der Wahrnehmung von Ort, Raum und Natur.

BUS:STOP Krumbach Unterkrumbach Süd
von: Architecten De Vylder Vinck Taillieu, Thomas Mennel
Zu den Protagonisten der flämischen Architekturszene gehören dvvt – Jan De Vylder, Inge Vinck und Jo Taillieu. dvvt absolvierten ihre Ortsbesichtigung auf der Reise von der Mailänder Möbelmesse mit Zwischenstopp in Krumbach und zurück nach Belgien. Die automobile Bewältigung von Alpenpässen hinterlässt einen starken Eindruck. Und dann eine zufällige Begegnung mit einem Wandbild irgendwo in Gent. Die geometrische Abstraktion einer triangulären Form, könnte von Sol Lewitt geschaffen sein. Aber mitten drin eine Störung. Irgendein Handwerker hat in dieses Wandbild eine Türklingel montiert. Respektlos. Jetzt sehen wir den Ort des BUS:STOPs: eine spitzwinklige Situation, drei Richtungen treffen sich. Und dvvt bündeln ihre Eindrücke und Einflüsse zu einem Objekt für genau diesen Ort. Ein poetischer Akt der Faltung von dreieckigen Flächen. Eine Erzählung über den Ort, über Sol Lewitt und die Alpen – genannt „April.“

BUS:STOP Krumbach Unterkrumbach Nord
von: Ensamble Studio Antón García-Abril | Débora Mesa, Dietrich | Untertrifaller
Ensamble Studio versteht sich auch als Forschungsinstitut für Architektur. Immer wieder werden Materialien in ihren Eigenschaften bis an ihre Leistungsgrenzen erprobt. Fasziniert hat Ensamble Studio die elementare Qualität von rohen, unbehandelten Eichenbrettern und deren Schichtung in den Trockenlagern der Holzwerkstätten im Bregenzerwald. Daraus eine räumliche Situation für den BUS:STOP zu schaffen, war die Herausforderung. Einzig mit einer Schichtung der rohen Bretter, deren Anordnung und Lage einen geschützten wie offenen Raum erzeugt. Wichtig ist den Architekten, dass die Eichenbretter völlig unbehandelt bleiben, ihr Geruch und der Prozess der Alterung den Ort zu einem spezifischen macht.

BUS:STOP Krumbach Zwing
von: Radic Smiljan, Bernardo Bader
Smiljan Radic inspirierten Handwerk und Tradition im Bregenzerwald sichtlich. Das Resultat: Ein Entwurf mit Referenz an die Bregenzerwälder Stube. Radic transferiert die Intimität in die Ausgesetztheit einer Bushaltestelle. Ein Stück „Stube“ ausgeschnitten, in die Landschaft gesetzt, dem Kontext des Interieurs entfremdet. Ein präzise detaillierter Glaspavillon mit einer Kassettendecke aus schwarzem Beton. Bäuerliche Holzsessel stehen als Sitzgelegenheit bereit. Ein Vogelhaus eröffnet einen spielerischen Moment der Aufmerksamkeit und Ablenkung gleichermaßen.

BUS:STOP Krumbach Oberkrumbach
von: Alexander Brodsky, Hugo Dworzak
Es ist ein schwieriger Ort, den Alexander Brodsky für seinen BUS:STOP vorgefunden hat. Eine kleine Restfläche am Rande eines Grundstücks, das mit einem schmucken Einfamilienhaus bebaut ist. Doch er reagiert grundsätzlich und souverän auf diese Beschränkung und setzt einen radikal einfachen, aber präzis gebauten Turm aus Holz an diesen Ort. Gleichzeitig ist der Turm von geradezu archaischer Prägnanz. Öffnungen nach allen Seiten, an drei Seiten verglast. Und dann noch eine Ebene von kleinen Fenstern ohne Verglasung im „ersten Stock“. Da weht der Wind, da fliegen die Vögel durch. Mit Tisch und Bank bietet Alexander Brodsky einen entspannten Aufenthalt, falls der Bus sich einmal verspätet.

BUS:STOP Krumbach Kressbad
von: Rintala Eggertsson Architects, Baumschlager Hutter Partners
Sami Rintala, Dagur Eggertsson und Vibeke Jenssen bewegen sich im Grenzbereich von Architektur, Design und Kunst. Ihre „Objekte“ reagieren auf den Ort mit einer Verdichtung zu einer besonderen Erzählung. Das ist der Hintergrund ihrer Entscheidung für den Standort Tennisplatz. Nur hier konnten sie den BUS:STOP mit einem zusätzlichen sozialen Angebot ergänzen. Er ist ein Wartehäuschen für den Bus und mit einer kleinen, metaphorischen, aber doch funktionellen Tribüne für den Tennisplatz. Sehr reduziert und traditionell als Holzkonstruktion, mit Schindeln verkleidet. Das Besondere dieser Interpretation ist die Kombination von Bedarf und Möglichkeit.

BUS:STOP Krumbach Glatzegg
Amateur Architecture Studio Wang Shu / Lu Wenyu, Hermann Kaufmann - Krumbach (A) - 2014
Pritzker-Preisträger Wang Shu und Lu Wenyu aus Hangzhou, China, thematisieren die besondere Lage dieses BUS:STOP mit der freien Sicht in beide Richtungen. Deshalb planten sie eine Camera Obscura, einen konischen Raum, der sich zur Strasse öffnet und mit einem Fenster an der Rückwand die Blickachse zu den Bergen rahmt. Sie schaffen damit einen Raum der besonderen und fokussierten Wahrnehmung von Landschaft, die ihnen in all ihren Projekten immer wichtiger ist als die Gebäude selbst.

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