02/02/2009
02/02/2009

StR.in Mag. Eva Maria Fluch

StR.in Mag. Eva Maria Fluch

StR.in Mag. Eva Maria Fluch

StR.in Mag. Eva Maria Fluch

Das Ressort der Grazer Stadträtin Mag.a Eva Maria Fluch, MBA, umfasst die Magistratsabteilungen Stadtbaudirektion, das Kulturamt (betreffend die Stadtbibliotheken), die Bau- und Anlagenbehörde und das Stadtschulamt. Seit 1998 ist Eva Maria Fluch Gemeinderätin der Stadt Graz und Clubobmann-Stellvertreterin der Grazer Volkspartei, zudem Vorstandsmitglied des ÖAAB Graz-Stadt. Als Schwerpunkte ihrer politischen Arbeit führt sie auf der Website des Magistrats Graz die Themen Umwelt und Hochwasserschutz, Bildungspolitik, Gleichstellung von Frauen und Männern und Bürgerbeteiligung an.

StR.in Fluch empfing GAT in ihrem Büro zum Gespräch um Stadtentwicklung und Bauvorhaben, für das sie sich eine gute Stunde Zeit nahm und das im Folgenden in den wichtigsten Fragen und Antworten zusammengefasst ist. Bewusst ist diese Wiedergabe auf die Aussagen der Stadträtin konzentriert und GAT enthält sich weitgehend des Kommentars.

> > Andreas-Hofer-Platz

Manche Fragen, die auf ihren Wunsch vor dem Gespräch an das Büro der Stadträtin geschickt worden waren, merkt sie vorab an, ließen sich aufgrund laufender Verhandlungen derzeit noch nicht konkret beantworten. Trotzdem gleich zu den Fragen um die Zukunft des Andreas-Hofer-Platzes, die Besitzverhältnisse, was wird dort gebaut, wie soll die architektonische Qualität sichergestellt werden?

Betreffend die Besitzverhältnisse erklärt sich die Stadträtin zwar als nicht zuständig, führt dann aber aus, dass Eigentümerin die Stadt Graz sei, die Acoton Projektmanagement & Bauträger GmbH allerdings über ein Superädifikat verfüge (redaktionelle Anmerkungen auch in der Folge in Klammer: üblicherweise wird seitens des Besitzers eines Superädifikats dem Grundstückseigentümer ein Entgelt entrichtet). Nach ihrem Wissensstand, „nicht mein Ressort“, wurde das Superädifikat von der Firma Shell an Acoton weitergegeben.
Auf die Frage, was auf dem Andreas-Hofer-Platz errichtet werden solle, leitet StR.in Fluch ein: Es sei „klar“, dass „die Menschen angesichts des Andreas-Hofer-Platzes immer einen Platz im Kopf“ hätten. Es entspräche offenbar einem psychologischen Moment, dass „beim Hinschauen“ auf den Platz, die Tankstelle und die Tiefgarage ausgeblendet würden. „Der Andreas-Hofer-Platz ist eigentlich kein Platz. Der Andreas-Hofer-Platz ist auch jetzt schon ein Bauplatz, der auch bebaut ist, nämlich mit der Tankstelle. Das Superädifikat bezieht sich auf diesen Bauplatz. Dort könnte jederzeit, auch mit gar nicht so geringer Dichte, gebaut werden.“ Die Stadt sei mit Acoton deshalb im Gespräch, weil es sich hier „um einen derart sensiblen Ort“ handelt, der auch im Masterplan Weltkulturerbe rot eingezeichnet ist.“ Allerdings: „Schon jetzt, nach geltender Rechtslage, wäre eine ziemliche Höhenentwicklung möglich.“ Auch der Masterplan Weltkulturerbe, sagt Fluch, gehe nicht von Freifläche, sondern von Bebauung aus. Der Platz sei nicht Bebauungsplan pflichtig, allerdings möchte die Stadt, koordiniert mit Acoton, einen zweistufigen Wettbewerb – Städteplanung und Gestaltung – initiieren. In Vorbereitung habe Fluch um Abhaltung von „Interessentenforen“ gebeten, nachdem Post, GVB, Graz AG, Sparkasse und Joanneum betroffen sind.
Was wirklich auf dem Platz gebaut werden soll ist noch offen. Es gibt aber unterschiedliche Ideen, von „Casino bis Geschäftsnutzung“. „Ich persönlich denke“, sagt die Stadträtin auf Nachfrage, „dass es ein perfekter Casino-Standort wäre“, das hänge aber noch von der Umfeldgestaltung ab.

> > Gestaltungsbeirat für Graz

Verschiedene Projektentwicklungen der letzten beiden Jahre haben gezeigt, dass im Grazer Modell ein wichtiges Gremium, ein Gestaltungsbeirat, fehlt. Daher die Frage an die Stadträtin, ob sie sich, anders als ihr Vorgänger StR. Gerhard Rüsch, für die Installierung eines Gestaltungsbeirates einsetzen werde.

Es werden derzeit viele Gespräche mit Bauwebern geführt, entgegnet Fluch, die das Grazer Modell in Anspruch genommen haben, und anderen, die das nicht tun. „Persönlich bin ich nicht ganz glücklich, dass diese Evaluierung erst jetzt läuft. Ich wurde zwar noch nicht interviewt, sehe aber ebenfalls Schwächen im Grazer Modell, gerade hinsichtlich der Verbindlichkeiten infolge von Wettbewerben.“ Gespräche und Entscheidungen um einen eventuell einzusetzenden Gestaltungsbeirat, vergleichbar etwa Linz, könnten erst nach Abschluss der Evaluierung geführt und getroffen werden. Evaluiert wird von den Unternehmensberatern Infora, Ergebnisse sollen im Februar vorliegen.

> > Einkaufszentrum ECE (EinkaufsCenterEntwicklungsgesellschaft) am Standort Annenstraße, Eggenberger Gürtel

Braucht Graz die ECE, fragt GAT, entsprechend dem Argument, die Umgebung, vor allem die Annenstraße, nah der ECE werde dadurch wirtschaftlich aufgewertet? Schon jetzt besteht in Graz die österreichweit größte Fläche an Einkaufszentren pro Einwohner. Eine Versorgungsstudie, die Asset One in Verbindung mit der Entwicklung der Reininghaus-Gründe heranzieht, zeigt, das Graz in Punkto Versorgung schon sehr gut strukturiert ist. Zwei Grazer Bürgerinitiativen opponieren. Eine deutsche Untersuchung des ECE-Modells (siehe LINK am Ende dieser Seite) weist markante Wettbewerbsnachteile im Umfeld der ECE-Module aus.

„Graz hat den Weg gewählt“, führt StR.in Fluch aus, „zu sagen: Wir ermöglichen Einkaufszentren in Graz und nicht wie in anderen Städten vorrangig an der Peripherie oder außerhalb der Stadt. Auch vor meiner Tätigkeit hat man Einkaufszentren errichtet, die sich durch sehr gute Anbindung an den öffentlichen Verkehr auszeichnen, was bedingt auch für den Murpark gilt. Das ECE ist sozusagen ein Einkaufszentrum, das diese Reihe komplettiert.“ Die Diskussion um die ECE, holt die Stadträtin aus, war schon weit gediehen, bevor die derzeitige Stadtregierung ins Amt gerufen wurde. Es folgte eine heftige Diskussion, zwar „weniger um das Einkaufszentrum selbst“, vielmehr ging es um die Umwelt- und Stellplatzproblematik. „Ich denke, und das steht auch im Regierungsübereinkommen, das (ECE) wird das Ende der Einkaufszentren sein“, sagt die Stadträtin und meint, das ECE müsste als letztes Einkaufszentrum aus derzeitiger Sicht, in Graz noch gebaut werden. Der Bebauungsplan für das ECE sei ist beschlossen, wird allerdings aktuell „noch immer“ vom Land geprüft. Über den Stand der ebenfalls noch im Gang befindlichen Umweltverträglichkeitsprüfung, sei sie nicht informiert. „Ich stehe dazu, dass wir nach langen Diskussionen auch in meiner Fraktion zu der Auffassung gelangt sind, dass das ECE eine Chance ist für die dortige Gegend.“ Mit den Bürgerinitiativen sei sie immer wieder in Kontakt, erklärt Fluch. Man habe Strategien zum Branchenmix mit Geschäftsführern von ECE diskutiert, um zu vermeiden, dass Traditionsbetriebe aus der Innenstadt in das ECE gezogen würden. Betreffend Neuansiedlung von Geschäftsbetrieben in der Annenstraße werde es aber „nicht nur um typische Ketten gehen“. Fluch ortet die große Chance der Annenstraße in der Kreativwirtschaft, deshalb sollen Schwerpunkte gesetzt werden.
Ihres Erachtens, sagt StR.in Fluch, ginge es in erster Linie um Fragen der Verkehrsanbindung bzw. Anzahl von Stellplätzen. Gerade das sei die Besonderheit am ECE, „dass dort nicht 1000, 1200 Stellplätze vorgesehen sind, weil man dorthin mit öffentlichen Verkehrsmitteln kommt.“

Einwände seitens GAT, direkt anliegende Einkaufsbereiche wie die Annenpassage (z.B. keine Mieternachfrage nach Übersiedelung eines Elektrogroßhändlers in das neue SC-Nord) oder das gegenüber am Eggenberger Gürtel gelegene Haus der Baudirektion (vormals Einkaufszentrum, jetzt leer stehend) – deuteten nicht gerade auf einen optimalen Standort für ein neues Einkaufszentrum hin, lässt die Stadträtin nicht gelten. Das sei die „Situation, wie sie jetzt ist, das heißt, die ganze Bahnhofsumgebung ist momentan nicht sonderlich attraktiv“, ausgenommen die von Peter Kogler gestaltete Bahnhofshalle.

Aus dem langen Gespräch um die ECE kristallisiert sich die Präferenz der Stadträtin, hinsichtlich des Standortvorteils, für die direkte Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel heraus. Der Transport sperriger Einkäufe mittels PKW – ein allgemeines Argument für die Frequenz von Einkaufszentren – sei gerade für die ECE nicht relevant. Das „Erfolgsrezept“ für Geschäftsansiedelungen in der Annenstraße dagegen sieht sie im Zusammenhang mit Maßnahmen zur zunehmenden Attraktivität für Fußgänger.

> > Annenstraße neu und BürgerInnenbeteiligungsprojekt „Zeit für Graz“

Das BürgerInnenbeteiligungsprojekt Zeit für Graz „geht weiter und geht in die Umsetzung“. StR.in Fluch meint, sie kenne keine Stadt, in der man ein BürgerInnenbeteiligungsprojekt innerhalb eines Dreiviertel-Jahres geschaffen hätte. Der BürgerInnenbeteiligungsausschuss nimmt mit Anfang Februar seine Arbeit auf und werde die Umsetzung der erarbeiteten Projekte begleiten.

Anfang Jänner fand ein Workshop von Ämtern statt, die mit Fragen um die Annenstraße befasst sind. Darin wurde auch das Annenstraßen-Projekt des Aktionstheaters Inter-Act diskutiert. Es ginge jetzt darum, einen Spielraum zu definieren, innerhalb dessen die „Bürger mitreden können“. Die Planung für eine Verkehrslösung mit Einbahnregelung besteht. Diese müsse nun in Gesamtperspektive, auch in Verbindung mit dem Andreas-Hofer-Platz, in ihren Auswirkungen analysiert werden. Vor allem sollen Geschäftsleute nach ihren Bedürfnissen befragt werden und in größerem Rahmen sollen BürgerInnen über Fragen des öffentlichen Raumes im Bereich Annenstraße – „Platz-, Gehsteiggestaltung“ –, innerhalb eines ebenfalls festgelegten Rahmens, Vorschläge einbringen. Ein weiteres und dringendes Thema sind , so Fluch, seien MigrantInnen., „Es ist uns aber auch in Zusammenarbeit mit Inter-Act bisher nicht gelungen, MigrantInnen für eine Beteiligung zu interessieren. Wir suchen weiter nach Methoden der BürgerInnen-Beteiligung.“

> > Entwicklungsprozess Reininghaus-Gründe

Die Investoren- und Entwicklungsgesellschaft Asset One plant im Bereich der Reininghaus-Gründe einen neuen Grazer Stadtteil. Gegenüber dem privaten Entwickler sei „klar, dass die Stadt ordnungspolitisch ein paar Dinge in der Hand hat“, meinte Fluch. Das betrifft Widmungen alten Gewerbegebietes und Grünflächen. Die Stadt werde also „mitentwickeln“, entsprechend den Interessen, eine „gute Mischung“ entstehen zu lassen und um Konflikte an den Rändern des Areals, etwa Marienhütte, auszuschließen. Ein beträchtlicher Teil des Grünraums soll erhalten bleiben und im Sinn von „Baukultur“ soll in beiderseitigem Interesse, Asset One und Stadt Graz, „etwas Modellhaftes entstehen“. Die Werkzeuge der Stadt werden Bebauungspläne sein, die aber „nie im Gegensatz zu Asset One, sondern in Kooperation“ erstellt werden sollen. „Es ist ihr Grundstück und wir werden das gemeinsam entwickeln.“ Im Frühjahr soll ein Grundsatzbeschluss über Vorstellungen der Stadt in diesem Bereich im Gemeinderat gefasst werden.

> > Steigende Einwohnerdichte in Graz

In Frankreich wird laut einer aktuellen Studie eine Tendenz beobachtet, nach der in den Städten ein merklicher Zuzug in Richtung Land-Stadt zu verzeichnen ist. Damit verbunden ist die zunehmende Bewohnerdichte in den Stadtzentren. Bemerkt man in Graz eine ähnliche Tendenz?

„Wir merken“, stellt Eva Maria Fluch fest, „dass die Stadt Graz insgesamt wieder attraktiver wird.“ Laut Fluch hat das Stadtschulamt eine Untersuchung der vorhandenen Wohnbauprojekte angestellt. Es zeigt sich eine Entwicklung, nach der man bis zum Jahr 2013 mit elf Prozent mehr SchulanfängerInnen zu rechnen habe. Randbereiche betreffen die Stadtteile Lend – mit einer Steigerung von 36 Prozent –, Gries und Gösting, Teile deuten hin in Richtung Strassgang. Was Graz und Graz-Umgebung an Bevölkerung gewinnen wird, verlieren die Bereiche Mürzzuschlag, Eisenerz und Mariazell. „Die Bevölkerung der Steiermark nimmt damit nicht zu, allerdings aber die Konzentration in Graz und Umgebung.“ Hinsichtlich des Stadtentwicklungskonzeptes wird berücksichtigt, dass „die Bevölkerung zunimmt und daher der Baudruck“. „Wir werden versuchen, zu verdichten und werden darüber nachdenken, wie wird mit Baulücken und bestehendem Bauland umgegangen. Beziehungsweise wie kommt man zu Flächenrecycling in der Form, innerstädtisches Gewerbegebiet in Wohngebiet umzuwidmen.“ Der Grüngürtel solle infolge der Schaffung neuer Gewerbeflächen am Stadtrand möglichst nicht in Anspruch genommen werden, sofern rechtliche Voraussetzungen das erlauben. Natürlich wolle man vermeiden, dass Gewerbebetriebe aus Graz absiedeln. „Wir denken eher daran, wie kann man Dachgeschosse nutzen.“

> > Nachhaltige Schwerpunkte als Stadträtin

„Ich hätte gerne einen wirklichen Schwerpunkt Baukultur. Ich möchte, angefangen bei Kindern bis zur breiten Öffentlichkeit, dass mehr Bewusstsein dahingehend entsteht, was Architektur kann. Speziell den Wohnbau betreffend müssen wir in Graz wieder dorthin kommen, dass nicht überall, wo in Graz große Wohnsiedlungen entstehen, es nur zwei Arten davon gibt: Entweder diese schiffartigen wie oberhalb der Carneri-Schule oder diese terrassenartigen wie am alten GAK-Platz. Das sind momentan die zwei Bebauungsformen, die man findet. Es gibt derzeit wenig an Innovation und Vielfalt.“
Vielfalt und Innovation wünschen sich auch die Architekten, erwidert GAT. Wie schafft man genanntes Bewusstsein in der Bevölkerung? „Nach wie vor“, so die Antwort von StR.in Eva Maria Fluch, „befürworte ich das projekt_A. Das mag man vielleicht kaum glauben, angesichts der gespannten Finanzlage. Aber ich betrachte projekt_A nach wie vor als Möglichkeit, Baukultur zum Thema zu machen.“

Verfasser/in:
Wenzel Mracek, Gespräch
werner swoboda

haben die schon etwas architektonisch wertvolles himterlassen - oder nur investorensch... und in frankreich wachsen städte nicht dörfer
gute nacht st.eiermark

Di. 03/02/2009 11:09 Permalink
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