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Preisträger 2012 > Hopfgarten in Defereggen, Osttirol. Hopfgarten repräsentiert den Typus der von Abwanderung bedrohten alpinen Dorfgemeinde.
©: LandLuft

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WB-Entscheidung
Baukulturgemeinde-Preis 2012 – Preisträger

Neckenmarkt / Burgenland
„Wir haben gesagt: ,Geht net, gibt’s net.’ Wenn der Architekt es zeichnen kann, können wir es auch bauen.“
Der gesellschaftliche Aspekt von Baukultur kommt in Neckenmarkt deutlich zum Tragen. Die Gemeinde im Mittelburgenland an der Grenze zu Ungarn erlebt seit dem „Weinskandal“ 1985 einen baukulturellen Aufschwung. Die Dorferneuerung mit groß angelegten Fassadensanierungen, wurde 1999 mit aktiver Beteiligung der GemeindebürgerInnen geplant und durchgeführt. Ortsdurchfahrt, Kirchplatz und auch der Treffpunkt Rathausplatz wurden neu gestaltet. Das Engagement hält bis heute an, so haben die BürgerInnen auch am Vereinshaus und der neuen Aufbahrungshalle mitgewirkt. Die durchwegs zeitgemäße Architektur der Weingüter war augenscheinlich Vorreiterin für viele neu entstandenen Bauten. Auch erneuerbare Energie und die Zukunft der Bauernhöfe im Ortskern stehen auf der Agenda der Gemeinde mit starkem sozialem Zusammenhalt.

Röthis / Vorarlberg
„Um etwas nachhaltig umsetzen zu können, ist es auch wichtig, dass die Bürger mit eingebunden werden.“
Röthis, eine der Vorderlandgemeinden des Rheintales geht einen gemächlichen, nachhaltigen Weg der Gemeindeentwicklung. Als Verkehrspunkt des Vorderlandes achtet die drittkleinste Gemeinde Vorarlbergs auch auf den Klimaschutz. Alte Traditionen wie Streuobstwiesen und der Weinbau auf Trockenmauern werden wiederbelebt. Letztere wurden beispielsweise in einem Sozialprojekt mit beschäftigungslosen Jugendlichen saniert. Die Zentrumsbildung wurde durch den Neubau des Kindergartens, des Musikhauses mit Café und des Sozialzentrums Vorderlandhaus verstärkt. Unter reger Beteiligung der Bevölkerung im Rahmen der Aktion „Vision Dorfmitte“. Mittlerweile ist zeitgemäßes Bauen kein Thema mehr in Röthis - auch der Umbau eines Stalls zu einem Architekturbüro, Einfamilienhäuser sowie Bürogebäude im Betriebsgebiet „Interpark FOCUS“ belegen dies. Ebenso positiv wirken sich Grundankäufe der Gemeinde für verkehrsberuhigte öffentliche Räume, der seit 1992 aktive Gestaltungsbeirat und die geladenen Architekturwettbewerbe für kommunale Bauvorhaben aus.

Waidhofen an der Ybbs / Niederösterreich
„Die Leute lieben jetzt die Veränderungen, weil die Kommentare von außen so positiv sind.“
Waidhofen an der Ybbs setzt mit seinen baukulturellen Aktivitäten an mehreren Stellen an: Ausgehend vom Wettbewerb zum Gestaltungs- und Verkehrskonzept 1991 passierte in Waidhofen einiges: von der offenen Gestaltung des Rathauses über die Errichtung des Uferweges an der Ybbs und Umbau des Heimatmuseums bis hin zur Neunutzung leer stehender Bauten. Im Jahr 2000 wurde das „Stadtprojekt Waidhofen“ für die Gestaltung der Plätze in der Altstadt in Angriff genommen. Die Innenstadt mit neuer, lang diskutierter Pflasterung, zahlreichen Schanigärten und belebtem Stadtplatz samt Ausstellungsraum sowie Einkaufs- und Wohnmöglichkeiten erlebt speziell seit der Landesausstellung 2007 einen Aufschwung. Seither ist außerdem auch das Rothschildschloss im Besitz der Stadt und bietet der Bevölkerung gern genutzten Raum für Veranstaltungen, Konzerte, das Sommerkino, sowie ein Lokal und eine öffentliche Bibliothek. Mobilität innerhalb des Orts und in die umliegenden Gemeinden ist ein Thema, ebenso das mehrfach genutzte neue Schulzentrum oder das Ärztehaus mit Stadtgalerie. Außerdem gibt es einen Gestaltungsbeirat, der jedes innerstädtische Bauvorhaben
in Hinblick auf Denkmal- und Ensembleschutz und die Dachlandschaft diskutiert.

Nominierte 2012
Neben den acht prämierten Gemeinden, wurden von der Jury weitere fünf mit Nominierungen vergeben. Es sind Gemeinden unterschiedlicher Größe, Lage und Struktur, die eint, dass Baukultur ebenfalls einen wesentlichen Aspekt der Gemeindeentwicklung darstellt.

Galtür / Tirol
Galtür im Bezirk Landeck hat die Chancen des Neuanfanges nach der Lawinenkatastrophe 1999 genutzt, um neue Architektur und Bürgerbeteiligung in der kommunalen Entwicklung zu fördern. Entlang der gestaltungswirksamen Lawinenschutzmauer sind zahlreiche Gebäude wie das Alpinarium, die Feuerwehr und ein Vereinslokal entstanden. Auch mit dem Erhalt der historischen Walserhäuser und der barocken Bauten wird äußerst sensibel umgegangen. Die touristische Gemeinde schafft nicht nur Infrastruktur für Gäste, sondern auch für die etwa 800 EinwohnerInnen, bei denen die Bedeutung von Baukultur sichtlich angekommen ist.

Hartberg / Steiermark
Die Bezirkshauptstadt Hartberg im Oststeirischen Hügelland setzt seit Anfang der 1990er Jahre auf qualitätvolle Neubauten und die Pflege des historischen Stadtkerns. Die Geschäfte der Altstadt sind fest im Alltagsleben der Gemeinde verankert, gleichzeitig gelang es, regional bedeutsame Fachmärkte am Stadtrand in Grenzen zu halten. Engagierte Energie- und Umweltschutzkonzepte sowie Vorzeigeprojekte à la „Steinpreißhaus“ unterstreichen das baukulturelle Engagement. Bildung und das Schaffen von Arbeitsplätzen sind zentrale Themen der kommunalen Entwicklung. Seit 2009 zählt Hartberg zu den „Citta Slow“, eine von „Slow Food“ inspirierte Initiative.

Neumarkt im Mühlkreis / Oberösterreich
Neumarkt im Mühlkreis liegt seit jeher an einer bedeutenden Handelsroute durch Oberösterreich. Anfang des neuen Jahrtausends nahmen Pläne Gestalt an, die mittlerweile 12.000 Fahrzeuge pro Tag aus dem Ortskern zu verbannen. Auf die Umsetzung des Umfahrungstunnels folgten unter aktiver Bürgerbeteiligung erste Konzepte für die Dorfentwicklung. Als erstes wurde eine Bretterbühne installiert, die über Jahre Platz für Kultur und Dorfleben bot. Die Neugestaltung des Marktplatzes und Gemeindeamts eröffneten einen weiteren baukulturellen Prozess, der Fassadensanierungen, das Freibad, die Sporthalle, etc. hervorbrachte. Die baukulturellen Initiativen Neumarkts sind in erster Linie einem engagierten Architektenteam vor Ort und dem Bürgerforum unter Mitwirkung zahlreicher Vereine zu verdanken.

Rattenberg / Tirol
Der touristische Ort Rattenberg im Bezirk Kufstein ist mit 460 Einwohnern die kleinste Stadtgemeinde Österreichs und erlebt seit der Realisierung der Umfahrungsstraße einen baukulturellen Aufbruch. Neben dem neuen Verkehrskonzept richteten BürgerInnen und Politik eine Zukunftswerkstatt ein, um in der zur Gänze unter Denkmal- und Ortsbildsschutz stehenden Gemeinde dem Leerstand und der Abwanderung entgegen zu wirken. Das Mehrzweckzentrum im „Malerwinkel“, in der belebten Fußgänger- und Einkaufszone, sowie der Um- und Zubau der Hauptschule sind vorbildhafte städtebauliche und architektonische Leistungen im strikt denkmalpflegerischen Kontext. Umgeben vom Inn und von Steilhängen ohne weitere Baugründe, konnte in Dachausbauten neuer Wohnraum geschaffen werden.

Velden am Wörthersee / Kärnten
Velden am Wörthersee entwickelte sich im späten 19. Jahrhundert von einer adelig-bäuerlichen Siedlung hin zu einem bedeutenden Villenkurort mit touristischer Wertschöpfung. Privatisierungen der attraktiven Seeblicklagen erzeugten urbanistisch-baukulturelle Probleme, weshalb 2008 ein wirkungsvoller Architekturbeirat ins Leben gerufen wurde. Fachpersönlichkeiten mit solider Ortskenntnis kümmern sich um die sensible Lage am Wörthersee und deren baukulturelle Erfordernisse. Eindrucksvoll ist die Mitwirkung an der Erweiterung des Schlosshotels. Der öffentliche Uferweg konnte nicht nur erhalten, sondern auch erweitert werden. In Zukunft soll sich der innere Abschnitt des Corsos zu einer „Shared Space“-Verkehrsfläche und damit zu einem Kärntner Vorzeigeprojekt entwickeln, unter der Beteiligung der BürgerInnen.

Verfasser / in:

Redaktion GAT GrazArchitekturTäglich
LandLuft
LandLuft Verein zur Förderung von Baukultur in ländlichen Räumen

Datum:

Fri 09/11/2012

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LandLuft Baukulturgemeinde-Preis 2012
Wettbewerbsergebnis

Der Verein LandLuft fördert seit 1999 aktiv die Baukultur in ländlichen Räumen und kooperiert mit gleich gesinnten ExpertInnen aus unterschiedlichen Fachbereichen: Raumplanung, Architektur und Landschaftsplanung, Kunst und Kultur, Politik, Medien und Wirtschaft.

„Baukultur entsteht durch gelebtes Engagement aller Beteiligten. Dieses unterstützen wir und informieren über erfolgreiche Modelle zukunftorientierter Gemeindeentwicklung.“ (LandLuft)

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