18/06/2016

medienblock-richard-kriesche
Kriesches Werk im Überblick von etwa Mitte der 1960er-Jahre bis heute.

Kurator
Günther Holler-Schuster

Parallel dazu:
Aus der Sammlung
Bild, Realität und Forschung von 1960 bis 1980. Strömungen, auf denen Kriesches Kunst basiert und in deren Kontext sie rezipierbar ist.

KuratorInnen
Gudrun Dranzer und Günther Holler-Schuster

Beide Ausstellungen
bis 2. Oktober 2016

Neue Galerie Graz
Joanneumsviertel
8010
Die–So, 10:00–17:00

18/06/2016

medienblock-richard-kriesche, Ausstellungsansicht

©: UMJ / N. Lackner

Kurator Günther Holler-Schuster mit Richard Kriesche

©: UMJ / N. Lackner

Richard Kriesche, Blätter aus der Serie "numerische systeme", 1964-69, Buntstift auf Papier

©: Richard Kriesche

Richard Kriesche, 'robotics-ein weltmodell', Biennale Venedig, 1986, Videostill

©: Richard Kriesche

Richard Kriesche, 'weltall performance', documenta 8, Kassel, 1987, Videostill

©: Richard Kriesche

Videodemonstration 1, 'kunst ist erstellen von kunst', 1972,
Installation, Video

©: Richard Kriesche

Ausstellungsansicht

©: UMJ / N. Lackner

Aufgang Neue Galerie Graz

©: UMJ / N. Lackner

„Das ist keine Retrospektive“, erklärt Günther Holler-Schuster, Kurator von medienblock-richard-kriesche in der Neuen Galerie Graz, „das ist ein Überblick“. Es sei eine „Operation am offenen Herzen“ gewesen, gemeinsam mit dem Künstler einen Zugang zum und einen Weg durch das Werk Kriesches zu formulieren. Als Anker sieht der Künstler selbst die Ausstellung, als Positionslicht für neue, junge KünstlerInnen auf die ewige Frage: „Wo stehe ich?“

Mehr als vierzig Jahre früher. Graz wurde zu einem kleinen Paradies in der international langsam reifenden (multi)medialen Szene und Richard Kriesche sowie seine Weggefährten wurden zu deren Pionieren.
Die Kunst entdeckte die neuen Medien, die neuen Medien schufen frische Perspektiven auf die Kunst.
Audiovisuelle Botschaften im Rahmen von Trigon 1973 in der „alten“ Neuen Galerie waren in der Steiermark ein erster Meilenstein. Das Team Österreich mit Valie Export, Peter Weibel, Frantisek Lesak, Gottfried Bechtold und eben Richard Kriesche hat mittlerweile Hall of Fame-Charakter.
Kapellenstraße 41, die Von-Innen-nach-Außen-und-wieder-zurück-Projektionen in der seinerzeitigen Barackensiedlung hinter der Triesterstraße zeigten schon früh ein wesentliches Element im Werk von Kriesche. Kunst und Soziales schwimmen miteinander und sind ständig im Aufbruch befindlich.
Mit der Gründung des AVZ, dem Audiovisuellen Zentrum Graz, und der Installierung eines Lehrgangs für „Neue Medien“ in Wien einige Zeit danach, setzte Kriesche nächste Marker im Umgang mit den sich immer rascher verändernden Technologien.
Heute, nach mehrmaligen Teilnahmen an der Biennale und Documenta, Auslandsstipendien, Gastprofessuren und zahlreichen Publikationen kann Richard Kriesche auf ein massives Oeuvre zurückblicken.

Die Ausstellung eröffnet mit den frühen Arbeiten, in denen der langsame Ausstieg aus dem Bild nach und nach ersichtlich wird.
Kriesches gesellschaftspolitische Interaktionen zur Conditio humana in Krankenhäusern, der Psychiatrie oder im Gefängnis, die Interventionen im öffentlichen Raum, die Partnerschaften mit Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen sind der chronologische Leitstrahl. Alles mündet in die „digitale Sammlung Kriesche“, einer digitalen Form eines Katalogs, der ständig wächst und somit immer neu bleibt.

medienblock sieht sich selbst als Grenzgang einer Ausstellung. Prozesshaftes abzubilden, entzieht sich einem traditionellen Zugang zu einer Ausstellung, meint Holler-Schuster. Vieles von ehemaligem Materiellen existiert heute nicht mehr. Software ist endlich, Hardware ebenso, Skizzen und Dokumentationen überwiegen. Aber Übergänge zwischen den Begriffen einer konkreten Kunst und einer, die sich als Konstrukt, als Programm sieht, können bezeichnet, die Vielschichtigkeit von Abbildung und Realität hinterfragt werden.

Für Kriesche ist – auch wenn das hier als Paradoxon verstanden werden könnt – seit langem der Kunstbetrieb ein Ghetto. Die digitale Moderne findet draußen vor der Tür statt, mit allen Konflikten, die ein öffentlicher Diskurs mit sich bringt.
So brannte Kriesche 1996 eine Ausstellung, die in den Räumen der Neuen Galerie ursprünglich gezeigt werden sollte, auf eine CD-Rom und zeigte sie in einem Zelt im Hof.

Künstlerkollegen kritisierten, laut Kriesche, ihn wegen der Annahme von kommerziellen Aufträgen wie frühen Humanic-Werbevideos  („Wir zeigten aber keine Schuhe!“). „Mit dem Geld konnten wir wieder andere Kunstprojekte finanzieren“, sieht der Künstler das heute noch pragmatisch. Nicht nur Versöhnung löste auch die Gestaltung von zwei Ausgaben der Kleinen Zeitung zu Ostern 2009 aus. Kriesche datierte unter anderem den Todeszeitpunkt Jesus auf den Erscheinungstag der Zeitung um. Der damalige stellvertretende Chefredakteur hatte nicht wenige verunsicherte Leser zu beruhigen.

Parallel ist auch aus dem Bestand der Neuen Galerie die Ausstellung Aus der Sammlung. Bild, Realität und Forschung von 1960 bis 1980 zu sehen. Alle diese Arbeiten von KünstlerInnen, die teilweise auch mit Richard Kriesche in Projekten kooperierten, zeigen den Abschnitt in der Kunst, als Bilderwelten neue Programmierungen erfuhren.

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