02/10/2020

Architekturpreis Salzburg 2020 – Preisträger

Von 53 Einreichungen kamen 13 Projekte in die engere Wahl.

Den Architekturpreis des Landes Salzburg 2020 erhielten Berger+Parkkinen Architekten (Wien / Helsinki) für das Paracelsus Bad & Kurhaus im Mirabellgarten in Salzburg.

Zur Berichterstattung zum Architekturpreis'20 wurde uns dankenswerterweise das Statement der Jury –  Eine Architekturreise durch Salzburg – zur Verfügung gestellt.

Ausstellung
24.09.2020 - 23.10.2020
12:00 – 17:00
Architekturhaus Salzburg
Sinnhubstraße 3
5020 Salzburg

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02/10/2020

Paracelsus Bad & Kurhaus, Berger+Parkkinen Architekten. Foto: Christian Richters. Screenshot: Redaktion GAT, s. Link > Weitere Fotos – Bauten der engeren Wahl

©: Architekturhaus Salzburg

Paracelsus Bad & Kurhaus, Berger+Parkkinen Architekten. Foto: Christian Richters. Screenshot: Redaktion GAT, s. Link > Weitere Fotos – Bauten der engeren Wahl

©: Architekturhaus Salzburg

Justizgebäude, Franz und Sue ZT GmbH. Foto: Lukas Schaller, Kurt Hörbst. Screenshot: Redaktion GAT, s. Link > Weitere Fotos – Bauten der engeren Wahl

©: Architekturhaus Salzburg

Justizgebäude, Franz und Sue ZT GmbH. Foto: Lukas Schaller, Kurt Hörbst. Screenshot: Redaktion GAT, s. Link > Weitere Fotos – Bauten der engeren Wahl

©: Architekturhaus Salzburg

Ausstellung im Architekturhaus Salzburg

©: Architekturhaus Salzburg

Der biennal verliehene Architekturpreis des Landes Salzburg dient der Förderung und Anerkennung beispielgebender Leistungen auf dem Gebiet der Architektur im Land Salzburg. Ziel des Preises ist auch, eine größere Öffentlichkeit für zeitgenössische Architektur und die Baukultur zu schaffen.
Am 23. September 2020 wurde der Architekturpreis'20 im Architekturhaus Salzburg verliehen.

Statement der Jury
Eine Architekturreise durch Salzburg

"53 Einreichungen sind bei uns eingegangen – 25 aus der Stadt Salzburg und 28 verteilt auf Gemeinden im ganzen Land. Alle Projekte entstanden in den letzten drei Jahren, manche mit langer Vorgeschichte, oftmals eingebettet in komplexe Zusammenhänge, alle mit einem Anliegen, dem Wunsch, einen Beitrag zu leisten zur Baukultur des Landes, zur Verbesserung von Lebensbedingungen, zur Manifestierung eines Anspruchs. Diese Einreichungen zu sondieren, war eine erfreuliche und herausfordernde Aufgabe, die nach Fokussierung verlangte, denn gemäß dem Procedere durften wir nur einen Preis vergeben.
An den beiden Jurytagen konnten wir unsere Vorarbeit, die aus dem Studium der eingereichten Unterlagen bestand, zunächst gemeinsam diskutieren und so zu einer Vorauswahl finden. Es folgten zwei weitere intensive Tage, um die Projekte der Vorauswahl in ihrem sozialräumlichen Kontext erfahren, lokale Strukturen verstehen und die kulturelle Atmosphäre vor Ort spüren zu können. Wir trafen Architekt*innen und Planer*innen, Bauherr*innen und Nutzer*innen, hörten die Geschichten der Entstehung, Informationen zu Rahmenbedingungen und Vorgaben und bewegten uns selbst mit offenen Augen und Ohren, mit unserem ganzen Sensorium durch diese Räume und die Wege dorthin.

Der Architekturpreis des Landes Salzburg wird, wie viele Preise neuerdings, ohne Kategorien vergeben. Damit formuliert er implizit die Anerkennung baukultureller Leistungen in allen Bereichen des Alltags und trägt auch dem Umstand Rechnung, dass sich mittlerweile viele Projekte einer Ausschließlichkeit sowohl in Bezug auf Nutzung als auch auf Eigentumsstruktur entziehen. Die Grenzen zwischen öffentlich und privat, zwischen Wohnen, Arbeiten, Lernen und Lehren, Spielen, Kochen, Essen, kulturell aktiv und in Bewegung Sein – sie fließen. So sind auch in Salzburg in den letzten Jahren Projekte entstanden, die sich durch hohe Flexibilität in der Raumnutzung auszeichnen, die bestehende Räume weiternutzen und Stadt und Dorf durch neue Nutzungsmöglichkeiten verändern.
Für unsere Fokussierung haben wir nicht nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner – kein guter Gradmesser für kulturelle Leistungen – gesucht und auch die Kontroverse nicht gescheut. So haben wir versucht, den Anspruch, der hinter einer Arbeit steht, zu verstehen, ebenso wie die Bedürfnisse der Nutzer*innen und der Öffentlichkeit. Als wesentliche Kriterien galten uns die Nachvollziehbarkeit des Gesamtkonzeptes und der städte- und ortsbaulichen Setzungen, die Sensibilität für das bereits Vorhandene und die Qualität der Umsetzung. Am wichtigsten aber waren uns das Übernehmen von Verantwortung, über den Akt des Bauens hinaus, die Erkennbarkeit des Anliegens sowie sein eigenständiger Ausdruck. Es war eine große Freude, all diese Erfahrungen bei vielen Projekten machen zu können.

Zwei Projekte haben uns besonders beeindruckt: das neu errichtete Paracelsus Bad & Kurhaus von Berger+Parkkinen Architekten sowie die Erweiterung des Justizgebäudes durch Franz und Sue. Ich nenne sie an dieser Stelle gemeinsam, weil sie in Qualität und Meisterschaft ähnliche Maßstäbe erreichen. Das eine als neue Struktur im Stadtraum mit sozialhistorisch langer Geschichte seiner Funktion, das andere als historischer Bau mit zeitgenössischer Erweiterung. Die Wahl zwischen diesen beiden Projekten ist uns schwergefallen, das möchte ich nicht verschweigen. Letzteres beeindruckte uns besonders im Hinblick auf den Umgang mit baulichem Bestand. Nikolaus Harnoncourt hat im Zusammenhang mit der historischen Aufführungspraxis in der Musik den schönen Gedanken formuliert, wer einmal ein Flugzeug gehört habe, könne die kleine Nachtmusik nicht mehr hören wie Mozart oder ein Zeitgenosse des Komponisten.
Auch unser Verständnis von Raum und unser Verständnis von Architektur ist in Bewegung. Beeindruckend bei der Erweiterung des Justizgebäudes ist die scheinbare Leichtigkeit, mit der die zeitgemäßen Maßstäbe von Demokratie und Justiz in einem alten Gebäude zu neuem, auch architektonischem Ausdruck finden. Das Alte behält seinen Platz, seine Würde. Neu ist die Art, damit umzugehen.

Das Paracelsus Bad von Berger+Parkkinen fügt sich nicht nur in den Stadtraum ein, es ist eine neue, selbstbewusste, zeitgenössische Struktur, in Funktion wie Gestalt, zugleich Ausdruck für das Salzburg von heute, für die aktuellen Bedürfnisse der Menschen in dieser Stadt. Salzburg lebt durch seine Geschichte. Mehr noch als viele andere Städte spielt das kulturelle und damit auch das baukulturelle Erbe hier eine wichtige Rolle, für die Bevölkerung wie auch für die Gäste. Das Weiterschreiben dieser Geschichte in Form von hochwertiger zeitgenössischer Architektur hat uns überzeugt, wie auch der Umgang mit Stadtraum und dem Bad als soziale Infrastruktur.

Mit der Wahl eines Stipendiaten konnten wir auch ein Forschungsvorhaben für eine Unterstützung empfehlen. Diese einzigartige Kombination, einen Architekturpreis mit einem Forschungspreis für junge Planer*innen und Wissenschaftler*innen auszuloben, hat sich uns als aufmerksame und wertschätzende Form der Nachwuchsförderung dargestellt. Über die Bandbreite der eingereichten Exposés konnten wir Einblick nehmen in ganz unterschiedliche Zugänge und Interessensschwerpunkte im Nachdenken über Architektur, Raum und Stadt. Unsere Wahl fiel auf Bernhard Luthringshausens Europäische Zauninventur – ein Projekt, das soziokulturelle Recherchen beinhaltet und mit Humor und Scharfsinn das für den öffentlichen Raum so relevante Thema der Einfriedung bearbeitet.

Der Architekturpreis des Landes Salzburg soll Wertschätzung und Anerkennung für Leistungen im Bereich der Architektur ausdrücken und helfen, diese sichtbar zu machen, und damit neue Projekte durch Inspiration und Diskussion unterstützen, die gesellschaftlich relevant sind. Gesellschaftlich relevant, das bedeutet überlegt und sensibel, aufmerksam gegenüber den Strömungen unserer Zeit, eine Haltung ausdrückend und Verantwortung gegenüber der Zivilgesellschaft über das Gebäude hinaus übernehmend, reflektiert, kulturell wirksam und freudvoll. Die Arbeit der Jury besteht im genauen Hinsehen und im Benennen des Wahrgenommenen. Unsere teils unterschiedlichen Eindrücke mündeten von einer differenzierten Analyse in ein gemeinsames Bild. Unsere Wahl trafen wir mit gemeinsamer Stimme. Wir danken für die Wertschätzung und Aufmerksamkeit, für die Beantwortung unserer Fragen und die Zeit, die sich unsere Gesprächspartner*innen genommen haben, und für die weiten Wege, die manche davon für uns gemacht haben. Teil einer solchen Jury sein zu können, ist ein großes Privileg. Und so ist es uns Bedürfnis, uns bei allen zu bedanken, die bereit waren, ihre Projekte vorzustellen, sich und die eigene Arbeit zu zeigen und uns darüber nachdenken und diskutieren zu lassen. Wir danken für die Offenheit, die einen echten Diskurs erst möglich macht."
(Text: Verena Konrad, Vorsitzende der Jury)

Die Jury bestand aus
Verena Konrad, Direktorin des Vorarlberger Architektur Instituts
Lukas Mayr, Architekt, Bruneck / Innsbruck
Markus Thurnher, Fink Thurnher Architekten, Bregenz

KATALOG
Zur Ausstellung erscheint eine 64-seitige Publikation.
Katalogbestellungen: office@initiativearchitektur.at

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