17/12/2018

Architekturpreis Niederösterreich 2018

am 9. Nov. 2018 wurden Architekturpreise und Sonderpreise für Hochwertiges Bauen in sensibler Umgebung überreicht.

Architekturpreise:

Würdigungspreis
the next ENTERprise Architects

Anerkennungspreis
Franz Gschwantner

Anerkennungspreis
poppe*prehal Architekten

Sonderpreise für Hochwertiges Bauen in sensibler Umgebung:

Würdigungspreis
Jabornegg & Pálffy

Anerkennungspreis
Barbara Beranek-Pauschitz und Christoph Pauschitz

Anerkennungspreis
Horst Zauner

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17/12/2018

Wolkenturm im Schlosspark Grafenegg, NÖ. Foto: Screenshot > Link tne.space

Architektur: the next ENTERprise Architects©: the next ENTERprise Architects

Catering Pavillon Wolke 7, Schlosspark Grafenegg

©: Lukas Schaller

Neugestaltungen des Stiftes Altenburg

©: Nĕmec Ivan

Neugestaltungen des Stiftes Altenburg

©: Nĕmec Ivan

Im Rahmen der jährlichen Verleihung der Niederösterreichischen Kulturpreise wurden am 9. November 2018 im Festspielhaus St. Pölten auch die Architekturpreise in Form eines Würdigungspreises und zweier Anerkennungspreise überreicht. Zudem sind Sonderpreise für Hochwertiges Bauen in sensibler Umgebung, ebenfalls in Form eines Würdigungspreises und zweier Anerkennungspreise vergeben worden.

Architekturpreise Niederösterreich 2018

  • the next ENTERprise Architects
    erhielten den Würdigungspreis für Architektur für ihr bisheriges Lebenswerk
  • Franz Gschwantner
    erhielt einen Anerkennungspreis
  • poppe*prehal Architekten
    erhielten einen Anerkennungspreis

Sonderpreise für Hochwertiges Bauen in sensibler Umgebung

  • Jabornegg & Pálffy
    erhielten den Würdigungspreis für ihr bisheriges Lebenswerk
  • Barbara Beranek-Pauschitz und Christoph Pauschitz
    erhielten einen Anerkennungspreis
  • Horst Zauner
    erhielt einen Anerkennungspreis

Zitate
aus der Broschüre Kulturpreise des Landes Niederösterreich 2018 zu den Preisträgern in der Kategorie Architektur:

the next ENTERprise – internationale strahlkraft
die unkonventionellen bauten von the next enterprise architects wurden bereits vielfach international publiziert und mit preisen ausgezeichnet. dass marie-therese harnoncourt-fuchs und ernst j. fuchs nun für ihr bisheriges lebenswerk den würdigungspreis des landes niederösterreich in der sparte architektur verliehen bekommen, ist eine logische konsequenz, zumal ein wesentlicher und wiederkehrender schauplatz ihres baukünstlerischen wirkens in niederösterreich liegt: mit der freiluftbühne wolkenturm, die 2007 im schlosspark grafenegg realisiert wurde, haben sie nicht nur eine funktionale bühne und tribüne für das grafenegg festival, eines der bedeutendsten orchesterfestivals europas, geschaffen, sondern im weitläufigen landschaftspark der historischen schlossanlage eine identitätsstiftende landmark gesetzt, die weit über die grenzen niederösterreichs und österreichs hinaus über eine internationale strahlkraft verfügt und als aushängeschild für zeitgenössische baukultur in niederösterreich wirkt. so wirbt das grafenegg festival neben seinem starbesetzten musikprogramm auch mit dem slogan „natur und architektur verschmelzen zum gesamtkunstwerk“. mit dem gastronomischen pavillon wolke no. 7, für den the next enterprise auch den bauherrenpreis 2017 verliehen bekamen, haben sie einen weiteren vielbeachteten gestalterischen akzent im schlosspark grafenegg gesetzt, der sich mit seinem schwebenden dach poetisch und sensibel zwischen den baumgruppen der historischen parklandschaft einschreibt.
das architekturbüro the next enterprise architects wurde 2000 von marie-therese harnoncourt-fuchs und ernst j. fuchs in wien gründet. das œuvre reicht von konkreten bauaufgaben, installationen, ausstellungsgestaltungen und experimentellen eingriffen in den stadtraum bis hin zu städtebaulichen konzepten. sie postulieren, dass raum erst in der benutzung seine funktion findet, und konzipieren die programmatischen und räumlichen grenzen ihrer gebäude und installationen bewusst durchlässig. so bringen sie ihre arbeitsweise auch wie folgt auf den punkt: „das provozieren von zufällen und dem unvorhersehbaren ist unsere strategie für die raum- und programmproduktion von architektur. wir arbeiten daran, alles aufzuspüren, was über das reine funktionieren hinausführt – es ist das wesen von architektur, wie wir sie uns vorstellen.“ das performative potential von architektur und das wechselspiel von raum, atmosphäre, kontext und benutzer sind somit wesentliche parameter in der experimentellen architekturproduktion des duos.
zu ihren repräsentativen projekten zählen neben den kulturbauten im niederösterreichischen grafenegg auch das seebad in der südtiroler gemeinde kaltern, das sich abends in einen frequentierten veranstaltungsort verwandeln lässt, die wohnhäuser zirl in tirol und fidesser in retz, die installationen audio- lounge und n[œ]cleus_informed sculpture, das experimentelle temporäre wohnprojekt hawi, ein innovatives wohnkonzept, das als teil eines hybriden stadtbausteins in wien fungiert, sowie der wettbewerbsgewinn archäologisches zentrum in mainz.
die bauten von the next enterprise wurden für den mies van der rohe award, für den iakov chernikhov international prize, den piranesi award und den ernst a. plischke preis nominiert und mit dem niederösterreichischen baupreis, dem österreichischen baupreis, dem bauherrenpreis der zentralvereinigung der architektinnen österreichs, dem ait award und dem hans hollein kunstpreis ausgezeichnet. ihre projekte und installationen wurden international in ausstellungen und biennalen gezeigt, so zum beispiel an der architekturbiennale in venedig, der são paulo biennale, in einer wanderausstellung durch die volksrepublik china, im archilab orléans, bei der manifesta 7 in rovereto, im mak los angeles, beim architekturforum aedes berlin und der galerie d’architecture paris.
aktuell sind harnoncourt und fuchs als teil eines interdisziplinären beraterinnen- und beraterteams für die bewerbung der landeshauptstadt st. pölten um die austragung der europäischen kulturhauptstadt 2024 tätig und somit wieder einmal um die internationale strahlkraft niederösterreichischer kultur bemüht.
(Text: Peter Fattinger)

jabornegg & pálffy – gestalterische gegensätze
feinfühlige bedachtnahme auf den vorhandenen baubestand und klarheit der adaptierung des historischen raumes auf die bedürfnisse des 21. jahrhunderts machen die arbeiten und projekte der diesjährigen preisträger besonders bedeutsam. der diesjährige sonderpreis würdigt die wohlüberlegte verbindung von alt mit neu, von historischem orts- und stadtkern, von besonderem landschaftsraum mit bauwerken hoher zeitgenössischer qualität. zugleich soll der architektur als medium der suche nach nachhaltigkeit in diesem kulturerbejahr 2018 besonderer raum gegeben werden.
die neugestaltungen des stiftes altenburg und des parlamentsgebäudes von theophil von hansen sind zwei wichtige werke des architekturbüros jabornegg & pálffy. das stift gewinnt als historischer bestand durch zeitgenössische interventionen ein mehr an klarheit und präsenz, das parlament wird in seiner qualitätsvollen substanz sorgfältig den bedürfnissen des heute nähergebracht.
alte bauwerke sind nicht selten zonen der unsichtbarkeit. oft sehen wir ihre qualitäten nicht, da uns der blick in die tiefe ihrer geschichte fehlt. jede revitalisierung, jeder architektonische eingriff bei jabornegg & pálffy bedeutet deshalb eine summe sorgfältiger, wohlmeinender, selbstbewusster und ja, auch mühevoller kleiner schritte der analyse. einer daraus folgenden mutigen und zugleich rücksichtsvollen formgebung, damit ein neues ganzes neu zu uns sprechen kann. ein neues ganzes, das bisher unentdeckte zusammen- hänge zwischen form und zeit, zwischen gebäude und umgebung, landschaft und innenraum, baustoff und oberfläche für uns sichtbar macht.
heutige bauten sind oft monumente der selbstdarstellung. heutige bauten sind oft sehr laut. sie feilschen um das beachtet- und betrachtetwerden, aber kaum errichtet, wirken sie oft vorgestrig. der visuelle verschleiß wohnt dem gestalt gewordenen lauten inne. diese gefahr besteht bei den projekten von jabornegg & pálffy nicht. ihre projekte sind nicht laut, wohl aber klangvoll. wohltemperiert in der ausgewogenheit von eingriff und zulassen. es ist eine unscharfe grenze zwischen gestern und heute, die hier ihre gestaltung zu finden trachtet, eine bisher noch nicht zur form gedachte grenze. eine grenze, wo mathematik auf poesie trifft. nicht schon beim ersten blick erschließt sich die tiefe aller gestalterischen überlegungen. angemessenheit, kontext, detail, mut zu neuem, zugleich mutiges staunen über das alte sind die materialien ihrer architektonischen auseinandersetzung mit historischen raumgefügen.
die arbeit mit gestalterischen gegensätzen ist dabei wesentlicher schwerpunkt ihrer projekte. der umbau des stiftes altenburg etwa erfolgte in drei bauphasen, welche gemeinsam „einen rahmen und kanon bilden, der neue eingriffe ermöglicht, ohne den vorhandenen geist der historischen bausubstanz auszulöschen“. die barocke altane wurde in einer ersten bauphase statisch saniert und als zentraler hauptprospekt wiederhergestellt.
 im zweiten bauabschnitt wurden für den zugang des „gartens der stille“ aus dem kaisertrakt erschließungen und ein lift errichtet. die dritte bauphase schafft mit der einbindung des mittelalterlichen abtshauses und der renaissance-mönchszellen eine räumliche verbindung zwischen dem barocken kaiser- und bibliothekstrakt von joseph munggenast aus dem jahr 1740.
überlagerte zeitschichten zeigen sich auch in der selbstdarstellung des architekturbüros: auf der homepage das bild ihres ateliers in einem grünen hinterhof. lapidares weiterverwenden von architekturelementen. selbstverständlichkeit. vielleicht erkennen wir auch eine gestische heiterkeit, ein bewusst nicht unmerkliches understatement.
das bild ihres verborgenen ateliers im altbestand erinnert an die lange zeit unter der wasseroberfläche eines salzsees versunkene steinformation der „spiral jetty“, einer „historischen“ ikone der land art. 1970 von robert smithson als begehbares, künstlerisches bauwerk errichtet – jetzt wieder aufgetaucht, sichtbar, begehbar. vielbesucht. anreise durch die salzwüste in zweieinhalb stunden. ein helikopteranflug zum salzsee ist nicht erlaubt.
auch neue bauwerke sind oft zonen der unsichtbarkeit. da wir nicht wissen, sehen wir auch nicht. jabornegg & pálffy lassen uns die begegnung von geschichte mit dem alltag neu sehen.
(Text: Christian Knechtl)

Weitere Texte zu den Preisträgern entnehmen Sie der Broschüre Kulturpreise des Landes Niederösterreich 2018. > Link

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