22/12/2009
22/12/2009

Foto der Pläne für das geplante Asyl-Erstaufnahmezentrum. Quelle: orf.at (Vogelperspektive der Anlage siehe LINK am Ende dieser Seite)

Wie am Wochenende aus den Medien bekannt wurde, beabsichtigt Innenministerin Maria Fekter in der burgenländischen Marktgemeinde Eberau ein Asylerstaufnahmezentrum für 300 Flüchtlinge zu errichten. Fekter ging mit diesem Ansinnen erst an die Öffentlichkeit, als sie die Baugenehmigung, die vom Bürgermeister der Gemeinde Eberau unter Umgehung des Gemeinderates erteilt wurde, bereits in Händen hielt. Der Unmut darüber ist in der Bevölkerung der 1000-Seelen-Gemeinde groß. Am Montag ließ der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl den Bescheid für die erteilte Baugenehmigung per Weisung aufheben. Die Innenministerin machte sich im heutigen Ö 1-Morgenjournal weiterhin für das Erstaufnahmezentrum in Eberau stark, sie wird gegen die Aufhebung Berufung einlegen. Die juristische Klärung, ob die Baubewilligung auch hält, wird voraussichtlich sechs bis zwölf Monat dauern. Das Innenministerium beabsichtigt nun, diese Zeit für eine groß angelegte Bürgerinformation zu nutzen.

Der vorliegende Entwurf für das Asylerstaufnahmezentrum, dessen Urheber bis dato nicht bekannt ist, darf jedenfalls nicht der Weisheit letzter Schluss sein, denn er lässt jegliche architektonische Qualität vermissen. Martin Krammer, Präsident der ZV Steiermark und des HDA-Kuratoriums Graz, bezeichnet das Projekt als „Architektur der Abschreckung“ und meint dazu weiter: „Offensichtlich wurde das geplante Erstaufnahmezentrum für Asylwerber in Eberau unter dem Aspekt geplant, sich möglichst an die Architektur der Konzentrationslager der Nationalsozialisten anzupassen. Wie ist so etwas möglich? Abgesehen von der offensichtlich mangelnden Kompetenz der Baubehörde in Raumordnungsfragen wird auch noch ein Gebäudekomplex genehmigt, der sich an völlig indiskutablen Vorbildern der Militär- und Lagerarchitektur orientiert. Schon fast kann man die böse Absicht dahinter vermuten, potentiellen Asylsuchenden zu signalisieren, dass sie hier in diesem Lande freilich nur der Kerker erwartet.“

Es taucht die Frage auf, wie das Innenministerium zum vorliegenden Entwurf gelangte? Denn eigentlich hätte es für eine Bauaufgabe dieser Größenordnung eine öffentliche Ausschreibung geben müssen. Bei der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten (BAIK) ist dafür jedenfalls kein EU-weites Auslobungs- oder Vergabeverfahren bekannt. „Es ist fraglich, ob es rechtens ist, dass der Bund als öffentlicher Auftraggeber immer wieder von seiner eigenen Gesetzgebung abweicht?“, meinte man auf Anfrage von GAT im Wettbewerbsausschuss der BAIK. Ebereau scheint jedenfalls ein klassisches Beispiel für diese Vorgehensweise zu sein. (red)

Verfasser/in:
Redaktion GAT Graz Architektur Täglich
Tschavgova

Ganz so stimmt's laut "News" nicht. Geplant hat diese unsägliche Scheiße ein Bau- und Innenarchitekturbüro Hauswirth in Salzburg, siehe http://www.hauswirth.or.at/hauswirth.html. Wenn ich mich richtig erinnere hat Frau Landeshauptmann Klasnic auch einmal (2004?), pikanterweise wenige Tage nach einer von ihr und ihren Mannen groß bzw großmaulig angekündigten steirischen Baukulturinitiative (Jahr der Baukultur)im Weißen Saal der Burg ein Band durchschnitten zur Eröffnung eines grauenvoll kitschigen Hotels in Schladming, in offizieller Mission natürlich, das aus der kreativen Hand dieses Herrn stammte. Ich habe damals - staunend darüber, was (Landeshaupt-)man alles unter einen Hut bringen kann, ohne zu erröten - darüber ein "anGedacht", meine damals gerade begonnene Mittwochskolummne auf GAT verfasst.

Sa. 16/01/2010 12:42 Permalink
Redaktion GAT

Beim Planer handelt es sich um einen Innenarchitekten (!) aus Salzburg namens Christian Hochreiter.

Fr. 15/01/2010 10:32 Permalink
jörg wallmüller

Frau Dr. Maria Fekter ist bereits Trägerin des Großen Silbernen Ehrenzeichens für Verdienste um die Republik Österreich (vermutlich für die erfolgreiche Abwehr der Niederlassung minderjähriger Kinder aus dem feindlichen Ausland). Ich schlage vor, ihr auch den Bauherrnpreis der ZV (für Verdienste um die Architektur in der Republik Österreich) und den Staatspreis Architektur (für die Kriterien "Qualität der Gestaltung", "Funktionalität", "Nutzerwert" und "Innovationsgehalt" - wobei ich bei Letzterem etwas im Zweifel bin, ob ich diese innovative Architektur nicht schon aus der Zeit von vor 70 Jahren kenne) zu verleihen.
Bei all dem Ungemach, das über die Schotter-Mitzi zur Zeit hereinbricht, wären diese Ehrungen doch eine kleine Anerkennung ihres vorbildlichen Architekturverständnisses!

Mi. 23/12/2009 11:33 Permalink
Johannes Fiedler

Dass wir doch in einer aufgeklärten Demokratie leben, zeigt sich daran, dass es Menschen gibt, die beim Anblick der Lagerarchitektur von Eberau spontan und öffentlich aufschreien. Danke an Martin Krammer und an das GAT-Team. Wer übernimmnt es, diesen Skandal auch einer breiteren Öffentlichkeit bekanntzumachen?

Mi. 23/12/2009 9:00 Permalink
herbert liska

es stellt sich neben der von martin kramer aufgeworfenen brisanten frage nach dem vergaberecht auch jene nach dem baurecht: einer baugenehmigung, die angeblich vorliegt, hat doch eine öffentliche bauverhandlung vorauszugehen, die per anschlag anzukündigen ist und zu der alle anrainer schriftlich einzuladen sind; nachdem außer dem bürgermeister angeblich kein einziger burgenländer (auch nicht der gemeinderat) dieses bauvorhaben kannte, hat entweder nie eine gesetzeskonforme bauverhandlung stattgefunden oder die anrainer und bürger wurden bezüglich der nutzung dieses abscheulichen bauwerks belogen.

Di. 22/12/2009 9:02 Permalink
eva mohringer

ich dachte, das sei ein 'älterer', aus der von martin krammer genannten zeit stammender baubestand, der als basis für das zu planende Erstaufnahmezentrum verwendet sollte.
wenn das abgebildete modell wirklich ein 'neuer, architektonischer entwurf' im auftrag der österreichischen bundesregierung sein sollte, dann müssten wir österreicher, wir architekten vor scham im erdboden versinken.

Di. 22/12/2009 3:56 Permalink
Eva Grubbauer

Danke an Martin Krammer und gat, dass ihr das Thema aufgegeriffen habt! Ich konnte es auch nicht fassen, als ich das Bild in der Presse gesehen habe.

Mi. 23/12/2009 10:21 Permalink
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