SIEGERPROJEKT Annenstraße neu, Schaubild Metahofplatz. Entwurf: Mettler Landschaftsarchitektur, Berlin

SIEGERPROJEKT Annenstraße neu, Schaubild Esparantoplatz. Entwurf: Mettler Landschaftsarchitektur, Berlin

„Schweizer Berlinerin“ Rita Mettler überzeugte mit ihrem Entwurf – jetzt geht es unverzüglich an die Umsetzung der „neuen Annenstraße“ bis zum Jahr 2013.

The eagle has landed – zwar nicht auf dem Mond, aber mit ähnlicher Wichtigkeit für Graz in der Annenstraße: Nach zwei intensiven Beratungstagen hat sich die Jury im Architekturwettbewerb zur Gestaltung der künftigen Erlebnisstraße Annenstraße für den Entwurf der Landschaftsarchitektin Rita Mettler – einer gebürtigen Schweizerin mit Büros in Berlin und im Schweizer Gossau – als Siegerprojekt entschieden. In einem einstimmigen Votum verwies Mettler mit ihrem Team die Vorschläge der Münchner Büros realgrün Landschaftsarchitekten sowie bauchplan Landschaftsarchitektur und urbanismus auf die Plätze. Juryvorsitzende Univ.-Prof. DI Gabriele Kiefer aus Berlin lobte den aus 30 Einreichungen ausgewählten Siegerentwurf nicht nur wegen klarer Antworten auf entscheidende Fragen – etwa wieviel Grün die Annenstraße vertrage und ob man den Asphalt nicht stellenweise durch andere, edle Materialien ersetzen könne –, sondern auch wegen seiner Liebe zum Detail: „So wurde beispielsweise auch nicht auf Sitzgelegenheiten vergessen, die mit Rückenlehnen für eine bequeme Nutzung durch ältere Menschen ausgestattet sind!“ Jeder der entstehenden Platzbereiche werde mit Grün ausgestaltet, eine Bestückung mit Naturstein – je nach Nutzung mit Kleinstein oder Platten, was den Prinzipien des Shared-Space-Konzepts nahekommt – sorge für entsprechende Veredelungen. Kiefer: „Wir von der Jury haben bewusst nachhaltige Lösungen gesucht, die wir im Siegerprojekt von Rita Mettler am stärksten gefunden haben!“

Bürgermeister Mag. Siegfried Nagl freute sich bei der heutigen Projektpräsentation im Grazer Haus der Architektur über das Wettbewerbsergebnis, das ein weiterer wichtiger Meilenstein bei der Aufwertung des historisch benachteiligten Westens der Stadt sei: „Dass wir nach dem Bildungsschwerpunkt in Eggenberg jetzt binnen weniger Stunden die künftige Gestaltung der Annenstraße präsentieren und das neue Bad Eggenberg eröffnen können, erfüllt mich mit Stolz!“ Insgesamt würden in den kommenden Jahren gemeinsam mit Partnern in die Annenstraße und den Bereich des Hauptbahnhofs rund 320 Millionen Euro investiert. Basis für das Konzept der neuen Annenstraße sei die gemeinsame Entwicklung einer Verkehrslösung gewesen, jetzt führe man auch schon intensive Gespräche über eine interessante Wohnbebauung rund um das Traditionsmöbelhaus Leiner, das ebenfalls Pläne für einen Ausbau und eine Revitalisierung wälze. Nagl lud auch die privaten Hauseigentümer zu Verbesserungsmaßnahmen ein, die am besten mit der Neugestaltung der Annenstraße Hand in Hand gehen sollten: „Dann haben wir einen gemeinsamen attraktiven Auftritt bei der Eröffnung im Jahr 2013!“ Durch die Einbeziehung aller Interessensgruppen sei die Annenstraße auch ein gelebter Beitrag zur Integration.

Als „neuen Äquator in der kleinen Welt Graz“ bezeichnete Bürgermeister-Stellvertreterin Lisa Rücker die künftig aufgewertete Annenstraße. Der einst wichtige Handelsweg werde zum Eingangstor der Stadt aus Richtung Westen, die Reduktion der Autos durch die neue Verkehrsführung schaffe mehr Platz für Menschen, der hoffentlich zum Flanieren in Richtung Innenstadt genutzt werde. Rücker verwies vor allem auf den neuen Ansatz in der Vorbereitung: Im Zuge eines Stadtteilmanagements hatten alle betroffenen Gruppen – von Wirtschaftstreibenden über WohnungseigentümerInnen, Vereine und Initiativen bis hin zu Menschen mit Behinderungen, MigrantInnen und den Bezirksvertretungen – die Möglichkeit bekommen, ihre Sichtweisen und Wünsche in die Planung einzubringen. „Das Engagement aller Mitwirkenden war vorbildlich, ebenso die Identifikation mit dem Projekt. Jetzt gilt es noch die Dürreperiode der Bauarbeiten zu durchtauchen, dann haben wir gemeinsam etwas Großes geschafft!“

Als „mutigen Schritt der Politik“ lobte der Grazer Baudirektor DI Mag. Bertram Werle den Entschluss, sich auf die neue Verkehrsführung als Grundlage der künftigen Erlebnisstraße zu festzulegen. Die jahrelange Vorarbeit zahlreicher städtischer Abteilungen habe im Zusammenwirken mit externen PartnerInnen in ein „überzeugendes Wettbewerbsergebnis“ gemündet, das man jetzt unter Projektkoordination der Stadtbaudirektion zügig umsetzen werde. Das sei nicht zuletzt deshalb möglich, weil die Gesamtkosten von 8,3 Millionen Euro – davon entfallen sieben Millionen auf die Neugestaltung der Annenstraße inklusive der neu entstehenden Plätze und der Rest auf Maßnahmen im Umfeld – bereits im Rahmen einer Projektgenehmigung durch den Gemeinderat beschlossen seien. Werle sieht für das gesamte Annenviertel durch die Neugestaltung eine „neue Ära anbrechen“. Um die Bauzeit so kurz wie möglich zu halten, erfolge die Umsetzung in enger Kooperation mit allen anderen Bauträgern einschließlich der Holding Graz Linien.

Der Vorstand des Grazer Stadtplanungsamtes, das den Architekturwettbewerb ausgelobt hatte, Dipl.-Arch. Heinz Schöttli, betonte, dass man durch die Einbeziehung von LandschaftsarchitektInnen in den Wettbewerb zur Annenstraße neue Wege beschritten habe – und das mit durchschlagendem Erfolg: „Alle drei Preisträger-Projekte kamen aus Landschaftsarchitekturbüros!“ Man werde diese Neuerung daher auch für künftige Wettbewerbe beibehalten, kündigte Schöttli an, der den Siegerentwurf als „neues Quantum an Lebensqualität, das für alle Leute spürbar sein wird“, bezeichnete. Die Preisträgerin Rita Mettler konnte an der heutigen Präsentation ihres Projektes übrigens nicht teilnehmen – sie befand sich gerade als Jurymitglied bei einem Wettbewerbs-Preisgericht. Zuletzt hatte sie in den vergangenen vier Jahren mit nicht weniger als zwölf Wettbewerbssiegen von sich reden gemacht, darunter große Projekte wie Neugestaltung der Kaiserstraße und der Karl-Friedrich-Straße im deutschen Karlsruhe oder des Max-Frisch-Platzes im Schweizerischen Zürich.

Im Preisgericht für den Annenstraßen-Architekturwettbewerb hatten sich neben der Vorsitzenden Univ.-Prof. DI Gabriele Kiefer (Berlin) und ihrem Stellvertreter Arch. DI Markus Pernthaler (Graz) auch noch Univ.-Prof. Arch. DI Karla Kowalski (Graz), Arch. DI Peter Nageler (Wien) sowie Stadtbaudirektor DI Mag. Bertram Werle und Stadtplanungsamtsvorstand Dipl.-Arch. Heinz Schöttli befunden. Sie hatten die Wahl aus
30 eingereichten Projekten, von denen 19 aus Österreich kamen.

Die Neugestaltung der Annenstraße mit Gesamtkosten von 8,3 Millionen Euro – sieben Millionen für die Oberflächengestaltung, Begrünung und Möblierung und Plätze, 1,3 Millionen Euro für verkehrliche Begleitmaßnahmen im Umfeld – soll bis zum Jahr 2013 abgeschlossen sein – in enger Verschränkung mit der Sanierung der Straßenbahngleise durch die Holding Graz Linien und dem Bau der Nahverkehrsdrehscheibe Hauptbahnhof. Erster Schritt ist die Gleissanierung von der Murgasse bis zur Vorbeckgasse im heurigen Jahr, 2012 folgen die Gleissanierung von der Vorbeckgasse bis zur Babenberger Straße und die Hauptmaßnahmen entlang der Annenstraße. Ende 2012 soll die Straßenbahnunterführung unter dem Gürtel in Betrieb gehen, ehe mit der Entfernung der Gleisprovisorien bis zum Sommer 2013 der oberste Bereich der Annenstraße fertiggestellt sein soll. Die neue Verkehrsführung als Einbahn stadteinwärts schafft viel Platz für RadfahrerInnen, FußgängerInnen und lädt zum Verweilen ein.

AUSSTELLUNG:
Die Ausstellung mit den Wettbewerbsbeiträgen und dem Siegerprojekt ist, im Haus der Architektur, Mariahilferstraße 2 / 2. Stock, bis einschließlich Mittwoch, dem 16. Februar 2011, täglich außer Montag von 10.00 bis 18.00 Uhr frei zugänglich. Die Dokumentation des Verfahrens finden Sie im Wettbewerbe-Portal der Bundeskammer der ArchitektInnen und IngenieurkonsulentInnen (siehe Link).

Ulrike Bogensberger

Wenn die sechsstellige Kennziffer des / der Projektverfasser/in für die Preisgerichtssitzung nicht mittels einer fortlaufenden Nummerierung anonymisiert worden ist (wie in der Ausstellung erkennbar) war das Verfahren nicht anonym. Sechsstellige Kennzifern der Projektverfasser enthalten häufig Telefonnummern, Geburtsdaten oder immer wiederkehrende, gleichlautende Zahlenkombinationen. Dadurch werden Projekte zuordenbar. Sowohl die WOA als auch die WSA fordern eine Anonymisierung durch Abkleben der Kennziffer mit Hilfe einer eigenen, nicht einer etwaigen Einlaufliste folgenden Nummerierung. Ohne dem Preisgericht etwas unterstellen zu wollen, ein Zweifel bleibt. Das sollte keine Teilnehmerin und kein Teilnehmer haben müssen, oder?

Do. 17/02/2011 10:07 Permalink
DI Christoph Schwarz

Die Jury hat sich für ein MIV affines Projekt, dass sich durch seine Aussagenlosigkeit, schwache Prägnanz der Raumcharakteristik und fehlendes Verständnis für Mobilität, Verkehr und Aufenthaltsqualität besonders auszeichnet, entschieden! Die Chance die Achse zwischen der Innenstadt und Eggenberg zu stärken, den Bahnhof und somit den öffentlichen Verkehr besser im Stadtgefüge zu kontextualisieren und die Gebietscharakteristik der beiden angrenzenden Bezirke maßgeblich zu beleben, wurde durch die Architekten und die Vertreter der Stadt in der Jury langfristig und nachhaltig vertan! Graz hat sich somit die Perspektive genommen im regionalen, nationalen aber auch europäischen Kontext ein Vorzeigebeispiel im Umgang mit Öffentlichkeit und öffentlichem Raum zu sein und man wird den Eindruck nicht los, dass das Motto der FPÖ "freie Fahrt für freie Bürger" zu stark in den Köpfen der Jury verankert war, um sich doch für ein entsprechenderes, mutigeres und zukunftsweisenderes Projekt zu entscheiden!

Mi. 02/03/2011 1:40 Permalink
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