03/12/2013

Jeden ersten Dienstag im Monat veröffentlicht GAT in der Kolumne "Aber Hallo!" Anmerkungen von Karin Tschavgova zu aktuellen Themen von Architektur und gebauter Umwelt.

03/12/2013

Karin Tschavgova, Architekturpublizistin und -vermittlerin, Graz

©: Karin Tschavgova

Werter Herr Bürgermeister!

Applaus für Ihr jüngstes Vorhaben scheint gesichert. Wer könnte etwas dagegen haben, dass Sie den Wasserzins geringfügig erhöhen, um mit dem erwarteten Mehrerlös Grünflächen für die Stadt zu sichern. Was für den Einzelnen ein Klacks ist, zwei Krügeln Bier vielleicht, kann für die nicht gerade mit Grün verwöhnte Bevölkerung in den park- und grünarmen Problemvierteln zum Gewinn werden – an Lebensqualität. Löblich! Proteste werden sich in Grenzen halten. Meinen spreche ich hiermit dennoch aus.
Sie sind als politischer Referent für die Stadtplanung zuständig. Solange Sie es zulassen, dass private Investoren in Zentrumsnähe neue Wohnsiedlungen errichten, in denen bis zu 4/5 des verbleibenden Grünraums privatisiert wird, damit eine Handvoll an Wohnungen mit noch mehr Profit verkauft werden kann, bin ich nicht bereit, mehr an Wasserzins zu zahlen. Beispiele gefällig? In der Laimburggasse in Geidorf baute Raiffeisen Immobilien 65 hochwertige Eigentumswohnungen. Zehn Prozent davon besitzen etwa 80 Prozent der Grünflächen, abgezäunt als Privatgarten. Der Rest, ein nicht gepflegtes Rasenstück an der Straße, blieb den anderen - ohne Baum, Gartenbank und Spielgerät, denn das gibt’s ja am nahegelegenen Hasnerplatz. Oder das Messequartier: Sollte dort nicht ein Stadtteilpark entstehen, weil die Entfernung zum Augarten und zu den Eustacchiogründen in St. Peter für Familien mit Kleinkindern zu groß ist? Was finden Sie heute dort? Die eingezäunte, abgesperrte Spielfläche für einen Kindergarten, eine Gartenterrasse des Cafés und eine Restfläche, die den Bewohnern bleibt – auch den kleinen.
Sie werden verstehen, dass ich nicht bereit bin, jenen Anteil an Grazern zu repräsentieren, der zwar zur Kasse gebeten werden soll, der vom Bevölkerungswachstum in Graz und dem daraus folgenden lukrativen Investment in neue Wohnungen aber nichts hat. Will man den Anteil an öffentlichen Grünflächen in Graz wirklich umfassend sichern und wirklich etwas für das Gemeinwohl aller Bürger tun, so müsste man dabei anfangen, den Erhalt an öffentlichem oder halböffentlichem Grün in Wohnanlagen strikt vorzuschreiben. Bedenken Sie: Was die Wohnbebauung Laimburggasse auf ewig nicht mehr haben wird, ist an den Genossenschaftswohnungen der Eisteichsiedlung, die man in den armen Nachkriegsjahren begonnen hat, heute das große Plus – großzügig angelegte, gemeinschaftlich nutz- und genießbare Grünflächen.
Nun höre ich immer wieder, dass Sie als Stadtplanungsreferent Reglements, zum Beispiel Bebauungspläne, scheuen wie der Teufel das Weihwasser. Vielleicht braucht man die auch gar nicht und es würde reichen, wenn man, wie Ihr 2012 entlassener Stadtplanungschef es einmal formulierte, einige wenige strikte Planungsregeln erließe. Schöttli sprach davon, dass es nicht mehr als zehn harte und zehn weiche Spielregeln brauchte, und er wollte diese sogar stadtteilspezifisch festlegen. Hinter diesen müsste die Politik jedoch felsenfest stehen. Sollten Sie Angst haben, dass Ihnen dann die Investoren davonlaufen, so fragen Sie doch in Basel nach. Dort hebt man bei jeder Umwidmung von Grundstücken eine Mehrwertabgabe ein, die die Stadt zweckgebunden für die Errichtung von grünen Erholungszonen für alle Baseler verwendet. Und die Investoren bleiben.
Ja, so stelle ich mir eine Grünraumpolitik vor, die dem Gemeinwohl dient. Die eine Investition in die Zukunft der Stadt ist. Das wäre mir sogar das kleine Investment in Form eines erhöhten Wasserzinses wert, Seite an Seite mit einem angemessen großen Beitrag der Profiteure.

Peter Laukhardt

sehe ich das auch, liebe Frau Tschavgova. Sie bringen auch die richtigen Beispiele, die jeden erkennen lassen, wie bei unser wirklich gedachtt und geplant wird. So lange derart verantwortungslose Bauten genehmigt, ja gefördert werden, wäre es ein Hohn, dafür mehr Gebühren zu zahlen. Und jetzt sollen noch - so der Stadtplanungschef am vorigen Mittwoch in der "Woche" - wieder mehr Hochhäuser her, damit unten mehr Platz für Bäume bleibt. Wird dadurch die Verhältniszahl von Grünraum und Menschen etwa besser? Eine derartige Rechnung würde mich interessieren.

Mi. 04/12/2013 7:23 Permalink
Heinz Rosmann

Es ließen sich noch weitere Beispiele über den leichtfertigen Umgang mit wichtigen Grünflächen im Stadtgebiet anführen, mit denen die Politik ihre Glaubwürdigkeit eingebüßt hat.
Ich greife nur eines heraus, das Murkraftwerk:
Im 3.0 Stadtentwicklungskonzept wurde mit Zweidrittelmehrheit im Gemeinderat beschlossen: ....„Der Murraum ist ein Element des Stadtbildes mit besonderer Prägekraft. Dieser ist in seiner räumlichen Qualität zu erhalten und als wichtige Naherholungsachse auszubauen und zu gestalten. Ausgehend von der Innenstadt sind die Bereiche festzulegen, wo eine Bebauung zur Markierung des Stadtraumes an das Ufer herangerückt werden soll.“
Im Grundsatzbeschluss zum Murkraftwerk vom 09.06.2011 hat sich der Gemeinderat über diesen Festlegung einfach hinweggesetzt und den Verlust der gesamten das Stadtbild prägenden Vegetation an beiden Murufern vom Augarten bis zur Puntigamerbrücke mit einem Minus von ca. 8000 Bäumen einfach zur Kenntnis genommen.
Ich halte wenig von immer wieder neu diskutierten Maßnahmen zum Ankauf von Grünflächen, es müssten nur die beschlossenen Grundsätze konsequent und mit großen Engagement umgesetzt werden. Wenn es aber zu einem "Wasserzins" kommen sollte, dann schlage ich als erste Maßnahme vor, dass die Politik sich ihre Glaubwürdigkeit in der Öffentlichkeit durch Rückkauf der den Kraftwerksbetreibern gegebenen Zusage zurückholen sollte.

Do. 05/12/2013 12:36 Permalink
Heimath

der herr bürgermeister will auch viel gutes für die bildung beitragen (schule murfeld?!). es fragt sich nur meit welchen geld, wenn die kassen geplündert sind!

Mi. 04/12/2013 3:21 Permalink
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