07/07/2015

Jeden ersten Dienstag im Monat veröffentlicht GAT in der Kolumne "Aber Hallo!" Anmerkungen von Karin Tschavgova zu aktuellen Themen von Architektur und gebauter Umwelt.

07/07/2015
©: Karin Tschavgova

Hot town, summer in the city
Back of my neck getting dirty and gritty
Been down, isn’t it a pity
Doesn’t seem to be a shadow in the city

Was The Lovin’ Spoonful vor fast 50 Jahren da in den Äther schrien, klingt mir heute noch so in den Ohren wie der damals Zwölfjährigen, für die der Song weit über einen super Sommerhit hinaus Symbolkraft hatte. Temporär dem Internat entflohen, gab es absolut gar nichts gegen den Sommer in der Stadt zu sagen und zu klagen. Sommer war Freiheit, Sommer war super.

Meine Liebe zum Sommer in Graz wurde schon damals geboren – nur nicht wegfahren (müssen). Pammerbad, der Urwald auf den Eustacchio-Gründen, herumstreunen dürfen, erste Schwärmereien, Eis vom Philipp (ja, den gab’s damals schon. Der Verkaufsraum: ein langer, schmaler Schlurf, Theke der Länge nach rechts, davor 2-3 kleine Tische links der Wand entlang) – Herz, was willst du mehr!

Doesn’t seem to be a shadow in the city ….

Was braucht eine Stadt, um hochsommertauglich zu sein? Jan Gehl, der dänische Architekt und Stadtplaner, der all seine Studien und Forschungen den Aspekten einer menschengerechteren Stadt widmet, entwirft für eine Stadt auf Augenhöhe zwölf Qualitätskriterien, von denen die Mehrheit besonders bei hochsommerlicher Hitze gefragt ist. Die Planung angenehmer klimatischer Verhältnisse wäre eines – Sonne/Schatten, Wärme und Kühlung, eine leichte Brise. Dazu einladende Außenräume – zum Sitzen, Stehen, Gehen, Sehen, Reden und Hören und zur Entfaltungsmöglichkeit persönlicher Aktivitäten. Natürlich sind auch die tages- und jahreszeitlich wechselnden Bedingungen in den Außenräumen zu beachten. Orte für Kommunikation, Orte für Spiel und Sport und Sehenswürdiges (vernünftige Betrachtungsabstände, freie Sichtachsen, interessante Ausblicke und gute Beleuchtung bei Dunkelheit) zählt Gehl dazu, ebenso wie Bauten und Räume nach menschlichem Maß und positive Sinneseindrücke, zu denen er gute Architektur und gutes Design zählt, aber auch schöne Aussichten, Bäume, Grünanlagen und Wasser.

Was davon hat Graz den trotz sommerlicher Hitze die Stadt Liebenden anzubieten? Vieles, wie ich meine. Wasser ist da in einigen Bädern, die ziemlich gut verteilt sind in den Bezirken, mit einer Ausnahme – dem Grazer Südosten. Das Pammerbad wird nicht mehr auferstehen, aber vielleicht ließe sich mit Wollen, Energie und Geld auch ein guter Platz für ein neues Freibad finden für die Bewohner und Bewohnerinnen der Eisteich-, der Terrassenhaus-, der Wienerbergersiedlung und all der kleinen Wohnquartiere, die derzeit unter der Prämisse der Stadtverdichtung errichtet werden dürfen. Nicht heute, nicht morgen, aber übermorgen – dann, wenn die Kosten für den Südgürtel nicht mehr das Stadtbudget belasten.

Die menschengerechte Stadt ist für Jan Gehl natürlich eine Stadt mit Angeboten und Prioritäten für Fußgänger, Läufer und Radfahrer (und –Innen). Graz hat viel Grün und müsste dort, wo es wenig gibt, am rechten Murufer, neue grüne Aufenthaltsbereiche schaffen. Ist unseren Stadtplanern und den Politikern bewusst, dass sie mit jeder Maßnahme die Weichen für das Graz von morgen stellen?

Bis dahin:
Cool town, evening in the city
Dressing so fine and looking so pretty
Cool cat, looking for a kitty
Gonna look in every corner of the city

Denn:
But at night it’s a different world
Go out and find a girl
Come-on come-on and dance all night
Despite the heat it’ll be alright.

In diesem Sinne: Cool down, baby! und genieße den Summer in the City – auch wenn diese (noch) nicht perfekt ist. Lebenswert ist sie doch.

Empehlenswert:
Jan Gehl: Städte für Menschen, Jovis Verlag GmbH, 2015
ISBN 978-3-86859-356-3

Laukhardt

kann man Graz, sein Damals, sein Jetzt und sein Morgen gar nicht beschreiben. Danke! Mein "aber": wer sagt's den Stadtplanern?
Stay cool!

Di. 07/07/2015 9:21 Permalink
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