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Graz

Eröffnungsfest

©: steirischer herbst

Wir schaffen das. Über die Verschiebung kultureller Kartografien
lautet das Leitmotiv des steirischen herbst 2016

Mit seinem diesjährigen Leitmotiv Wir schaffen das erinnert der steirische herbst nicht nur an den denkwürdigen Ausspruch Angela Merkels aus dem Vorjahr, sondern nimmt in seinem Programm auch diese „Verschiebung kultureller Kartografien“ zum Anlass, um über ein Europa (und dessen Verhältnis zur Welt) zu reflektieren. Der steirische herbst 2016 nähert sich dabei auf vielfältigste künstlerische Weise aktuellen Entwicklungen an, entwirft Gegenwelten und geht nicht nur metaphorisch an die Grenze: Gezielt wird in den über 100 Produktionen des diesjährigen Festivals neben Graz auch die südsteirische Grenzregion in den Fokus genommen.

Eröffnet wird am 23. September mit einer Traumwelt, in die uns der französische Theaterzauberer Philippe Quesne entführt. Für den steirischen herbst gräbt er sich unter die Erdoberfläche und stößt dort auf eine skurrile Gesellschaft: „Die Nacht der Maulwürfe (Welcome to Caveland!)“.

Uraufführungen am Eröffnungswochenende des Festivals kommen vom österreichischen Choreografen Philipp Gehmacher, der sich für „Die Dinge der Welt“ in den Ausstellungsraum des Haus der Architektur begibt, von Steffani Jemison und Justin Hicks, die mit „Mikrokosmos“ einen performativen Blick auf die Sammlung der Neuen Galerie Graz werfen und von Julian Hetzel, der in einem installativen Parcours dem Begriff der Schuld auf den Grund geht – in seiner „Schuldfabrik" zeigt er pointiert und überraschend vielfältige Arten des Ablasshandels zwischen Schönheitsklinik und Seifenproduktion.

Auch die neue Arbeit von Grace Ellen Barkey und Lot Lemm (Needcompany) wird ihre Uraufführung am Eröffnungswochenende erleben. Mit Gustav Mahler und vibrierendem Porzellan entwerfen die zwei Künstlerinnen in „Forever“ ein neues Universum für eine kostbar-zerbrechliche Choreografie.

Statt einem Festivalzentrum ruft der steirische herbst rund um den Volksgarten-Pavillon heuer eine Arrival Zone aus – ein Geflecht von Kunsträumen und Veranstaltungsorten, markiert durch architektonische Interventionen des britischen Künstlerpaares Morag Myerscough und Luke Morgan. Der Volksgarten-Pavillon, der sich für die Zeit des Festivals zum „Haus der offenen Tore“ verwandelt, präsentiert sich als Herzstück: Ein Projektraum für (neu) Angekommene und Alteingesessene. Im temporär gestalteten Innenraum wird das „Samowar Café“ zu Gast sein und bei vielen Tassen Tee aus dem formschönen Wasserkocher zum verbalen, nonverbalen, künstlerischen Austausch einladen.

Die Arrival Zone um den Volksgarten ist tagsüber für alle zugänglich; für Nachtaktive gibt es im Orpheum den club panamur. Von Georg Klüver-Pfandtner und Stefan Beer als schillernder Clubparasit gestaltet, wird hier eine Fülle von internationalen Live-Acts und DJs geboten, die ihre Szene für jeweils eine Nacht exemplarisch nach Graz verpflanzen. Es geht um hybride Formen, um Grenzüberschreitung, Vermischung und die freie Assoziation von Sounds, Genres, Herkunft und Arbeitsweisen. Der club panamur ist weit mehr als eine Konzertschiene, nämlich eine Weiterführung unseres Leitmotivs mit anderen Mitteln – durch die Nacht. Eröffnet wird er am Samstag Abend mit der multinationalen Truppe Kuenta i Tambu aus den Niederlanden und DJ Sarah Farina, tagsdrauf ist der norwegische Singer-Songwriter Moddi mit seinen „Unsongs“ zu Gast.

Mit der diesjährigen herbst-Ausstellung „Body Luggage“ startet der traditionelle Ausstellungseröffnungsreigen am 24/09. Die von der gebürtigen Inderin Zasha Colah kuratierte Ausstellung beschäftigt sich mit grenzüberschreitender Migration von Zeichen, mit Körpersprache als kultureller Ausdrucksform – auch wenn sie das einzige Gepäck ist, das wir über die Grenzen von Raum und Zeit hinweg mit uns tragen können. Mit historischen Beispielen und zeitgenössischen Positionen wirft die Ausstellung die Frage auf, wie avantgardistische Formen weitergetragen werden.

Neben Ausblicken auf die zweitägige herbst-Konferenz „Welcome to the former West“ am dritten Festivalwochenende (08 & 09/10), die die aktuelle Situation Europas aus post- und dekolonialer Perspektive befragen wird, wurde auch das Magazin zum Festival präsentiert: „herbst. Theorie zur Praxis“, das Portraits, Arbeiten und Interviews von und mit Künstlerinnen und Künstlern des Festivals versammelt. Heuer etwa eine Email-Konversation von Milo Rau und Robert Misik, Originalentwürfe von Henrik Vibskov, ein Vorabdruck aus dem Grünen Album von Natalie Ofenböck und Der Nino aus Wien sowie wunderbare Portraits von Grazerinnen und Grazern, die ihre Zimmerpflanzen unserem Projekt „Garden State“ zur Verfügung stellen. Sie erhalten das Magazin in den nächsten Tagen auf dem Postweg.

Das gesamte Programm > Link rechts.

Eröffnungsfest: Fr, 23.09.2016, 22:30 Uhr

Helmut List Halle, Eintritt frei

Veranstalter
Netzwerktreffen
16. + 17.11.2023
 
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