Graz

Kurt Stadler. Der Archivar. Ein Sammelsurium. 2010 in Wels

Sammeln ist Lust und Laster unserer Zeit des Überflusses. Eine künstlerisch motivierte Privatsammlung wird als subjektives Weltbild inszeniert. Kurt Stadler komponiert sieben Wunderkammern mit Objekten und Bildern, die er aus vielen Teilen der Welt zusammengetragen hat. Nicht die gezeigten Objekte hat der Künstler gestaltet, sondern es ist die Komposition der Gegenstände in den Räumen, die sein Kunstwerk ausmachen, ein Skulpturentheater entsteht im Kopf der Betrachter:
 
… Ein nordafrikanischer Krokodilschädel mit einem südafrikanischen Straußenei im Maul.
… Ein Ling Bi, ein Gelehrtenstein auf einem europäischer Schreibtisch mit einer Mao-Bibel, trifft auf eine
    Chinesische Mauer aus „neolithischen“ Jaden.
… Präparate von Süßwasserfischen, Piranhas, mit Salzwassermuscheln- und Schnecken, einer Krabbe,
    einem Geigenrochen und einem Pfeilschwanzkrebs vereint.
… ein Wald alter Fotostative.
 
Kurt Stadler spielt mit besonderen Ausschnitten aus seiner opulenten Sammlung, fokussiert bestimmte Momente und erzeugt andere Blickwinkel auf deren Wirklichkeit - vergleichbar mit einem Film, bei dem alle BesucherInnen selbst Regie führen und den Film visuell und gedanklich jeweils völlig anders gestalten. Stadlers Interesse an der Renaissance und an „der unglaublich erweiternden Weltsicht dieser Epoche“  (Stadler) bildet den Ausgangspunkt für das private Archiv. Viele Künstler hatten Sammlungen von exotischen, raren Studienobjekten aus der Natur, Kunst, Alchemie und einige der damals sehr teuren Bücher. Da sie keiner useologischen oder kunsthistorischen Disziplinierung unterworfen waren, entstanden häufig innovative und höchst erstaunliche Weltbilder.

Gesammelt wurde alles – wie heute auch. Darunter auch viele Fälschungen, die Stadler zur Frage führen:
Was ist ein Original heute und welche Bedeutung hat ein Original heute?
„Ich empfinde die Entwicklungen bis zur Gegenwart als kontinuierliches Streben nach Erkenntnis und als Formung eines immer neuen Weltbildes. Kunsthistorische Epochenbezeichnungen dagegen beschreiben höchstens die äußerlichen Kennzeichen von Möbelstilen und gehen am Wesentlichen vorbei, sie sind unzulängliche Krücken.“ (Kurt Stadler)
 
Kurt Stadler
Geboren am 12. 07. 1962 in Graz, lebt in Graz.
Studium der Bildhauerei an der Universität für angewandte Kunst in Wien,
2008/09 Gastprofessur an der HTBLuVA für Kunst und Design, Meisterklasse für Bildhauerei, Ortweinschule in Graz.
Werkauswahl:
_ SPACE SHUTTLE, Künstlerhaus Graz, 2000
_ LoKuS, gemeinsam mit Lore Stadler, Galerie Schafschetzy, Graz, 2005
_ Der Archivar – ein Sammelsurium, Galerie der Stadt Wels, 2010

Veranstaltungsort
Netzwerktreffen
16. + 17.11.2023
 
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