Wien

Rachel Whiteread, Untitled (House), 1993 Courtesy of the artist, Luhring Augustine, New York, and Gagosian Gallery

©: Rachel Whiteread

KUNST statt / oder BAU
Über die problematische Beziehung zweier Kunstformen

kuratiert und konzipiert von Michael Zinganel

Vorträge und Diskussion:

18:00 Uhr: Szenischer Parcour
von
_ Rupert Lehhofer, Schauspieler und Regisseur
_ Michael Zinganel, Kulturhistoriker und Künstler, Wien

19:00 Uhre: Vorträge
von
_ Stanislaus von Moos, Kunsthistoriker, Luzern:
Das spezifische Gewicht der Architektur
_ Anselm Wagner, Kunsthistoriker und Architekturtheoretiker, Graz:
Tattoo am Bau

kommentiert von Gabu Heindl, Architektin, Wien

Dieses Jahr setzt sich der Architekturtheoretiker Michael Zinganel im Gespräch zur Kunst im öffentlichen Raum mit einem vermeintlich für obsolet erklärten Genre auseinander, der „Kunst am Bau“. Dass dem nicht so ist, zeigt sich nicht nur in der alltäglichen Praxis, sondern auch in den zahlreichen Kollisionen, in denen Kunst und Architektur aufeinander treffen. Zusammen mit Gabu Heindl, Stanislaus von Moos und Anselm Wagner geht Zinganel sowohl den Missverständnissen als auch den Potentialen in der Kooperation dieser beiden Bereiche nach; ergänzt von einem ironisch distanzierten Stadtrundgangsversuch mit Rubert Lehofer.

"Kunst am Bau" (wortwörtlich gemeint) fristet eine Nebenrolle als "Mauerblümchen" am Rande eines aktuell boomenden Diskurses um Aktivismus und Aktivierung, Empowerment, partizipative Aneignung und Gestaltung von öffentlichen Räumen. Nichtsdestotrotz ist „Kunst am Bau“ eine gängige Praxis: Auf Grund ihrer historisch gewachsenen Eifersucht finden sich KünstlerInnen und ArchitektInnen dabei jedoch weniger in herausragenden synergetischen Kooperationen – zwischen Veredelung und (beabsichtigter) Verunreinigung – denn in einem Wettbewerb um Raum, Ressourcen und Aufmerksamkeit. Dabei ist das gegenseitige Interesse der beiden Felder doch so evident.

Mit Beginn der Moderne beanspruchten beide Felder Autonomie (voneinander). „Mit Adolf Loos’ Kriminalisierung des Ornaments ließ sich die Kunst am Bauwerk sogar in die Nähe moralisch, sozial und wirtschaftlich bedenklicher Tätowierungen rücken. Nun ist in den letzten beiden Jahrzehnten nicht nur das Tattoo in der Mitte der Gesellschaft angekommen“ (A. Wagner), sondern auch das Ornament am Bauwerk. Mit der (Spät-)Moderne wurde im Sinne einer Humanisierung der kalten rationalen Formensprache die Synthese von Kunst und Architektur eingefordert. Architektur wurde zwar als raumbildende, monumentale Großskulptur konzipiert, sollte jedoch gleichzeitig als öffentlich wirkmächtiger Bildträger künstlerischer und politischer Botschaften dienen – und in zunehmendem Maße  auch Spielstätte sozialer Begegnungen werden.

Zugleich konkurrieren beide Felder – Kunst und Architektur – vielfach in einem Wettbewerb im Dienste der Selbstdarstellung ihrer Urheber und Auftraggeber. Auch als visuelle Landmarks und Verstärker der Markenpolitik sowie als Teil post-fordistischer Erlebniswelten sind Kunst und Architektur in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Der „Kunst und Architektur Komplex“ (Hal Foster) beschränkt sich nicht nur auf post-revolutionäre Gesellschaften, Großunternehmen, Metropolen, Kulturbauten und Festivals sondern erfasst auch kleinste Gemeinden und Institutionen.

Lässt sich angesichts dieser Konstellation noch eine Kunst am Bau realisieren, die nicht dem Bauprozess zeitlich vorgezogen wird oder dem Bauwerk nachfolgt, die nicht vom Bauwerk losgelöst wird, mit ihr in unmittelbarer physischer Verbindung steht, und trotzdem einen kritischen gesellschaftlich relevanten Beitrag repräsentiert?

Veranstaltungsort
Netzwerktreffen
16. + 17.11.2023
 
GAT+