30/06/2009
30/06/2009

Gastgeber Asset One, vertreten durch Mag. Roland Koppensteiner (mittlerweile als Vorstandsvorsitzender von Asset One zurückgetreten; GAT berichtete), begrüßte am 19.06. ...

... die Referenten und die geladenen Teilnehmer der Tagung

DI Claudia Thiesen, Architektin/ Bauträger Zürich referierte über "Alternative Stadtquartiers- und Lebensmodelle am Beispiel KraftWerk 1+2"

Mag. Robert Temel, Wien behandelte in seinem Vortrag "Wohngruppen und Baugemeinschaften – Gemeinschaftliche Wohnformen in Österreich"

Die abschließende Fragestellung ...

... wurde diskutiert, ...

... beantwortet und von den Teilnehmern referiert. Fotos: Karin Wallmüller

Symposium in Graz-Reininghaus am 19.06.2009,
Veranstaltet von Asset One, Immobilienentwicklungs AG
Programm+ inhaltliche Leitung von DI Andreas Kleboth + Dr. Raimund Gutmann

Das ganztägige Symposium sollte innovative Wege und Modelle für das Wohnen im zukünftigen Stadtteil Graz-Reininghaus ausloten, die sowohl der angestrebten Nutzungsmischung, als auch dem Anspruch an neue Wohnformen und deren Nachfrage gerecht werden. Ziel der Veranstaltung war, die Ergebnisse der Tagung in die Positionierung von Asset One für die Rahmenplanung in Graz-Reininghaus einfließen zu lassen.

Dieser Rahmenplan wird gemeinsam mit der Stadt Graz prozesshaft erarbeitet und umfasst derzeit die Felder Mobillität, Nutzungsvielfalt, Grün- und Freiraum sowie Stadtszenarien. Mit der Frage, wie zeitgemäßes Wohnens im neuen Quartier mit etwa 100 ha Baufläche realisiert werden sollte, beschäftigten sich nicht nur die ausgewählten Referenten, sondern auch das eingeladene Publikum.

Die Inputs verteilten sich über den Tag. Diskussionsrunden in der Mitte und am Ende des Tages bezogen alle Teilnehmer mit ein. Die vorgetragenen und diskutierten Themen umspannten den Bogen von der Wohnungsmarktforschung, den notwendigen urbanen Qualitäten über das Schaffen von Nachbarschaften, die Vernetzung von Außenräumen, die Bildung von Gemeinschafträumen, die Nutzungsmischung im ganzen Quartier bis zu räumlichen Anforderungen der veränderten Gesellschaft.

Die Antworten darauf waren vielfältig. An dieser Stelle seien zwei Inputs hervorgehoben, die für Graz beispielgebend sein könnten: Claudia Thiesen mit ihrem Beitrag über „ KraftWerk 1“, einem genossenschaftlich organisierten Stadtquartier in Zürich-West und Robert Temel mit seinem Bericht zur laufenden Studie über Baugruppen.

„ KraftWerk 1“ ist eine Siedlungsgemeinschaft in einem ehemaligen Industriegebiet. Heute ist sie Lebensraum für ca. 250 Personen, die sich zuerst als Verein, dann als Gemeinschaft mit der Rechtsform einer Genossenschaft organisierten. Die Prinzipien der Partizipation, der Solidarität und der Integration wurden von Anfang an praktiziert und führten zu hoher Identifikation. Das Quartier umfasst drei Wohnhäuser und ein Gewerbehaus, in dem überwiegend Menschen aus dem Umfeld beschäftigt sind. Die Genossenschaft sucht aktuell einen neuen Standort für „Kraftwerk 2“ für GenerationenWohnen. Die zukünftigen Bewohner arbeiten jetzt schon an der Planung.

Die Wohngruppenszene in Österreich war, wie Temel ausführte, in den 1960er, 1970er bis in die 1980er Jahre durchaus lebendig. Ab 1990 ging die Zahl der realisierten Projekte stark zurück. Der jüngste Ruf nach Baugruppenprojekten veranlasste die Wohnbauforschung Wien, eine Untersuchung zu beauftragen, an der aktuell Temel gemeinsam mit Kollegin Maja Lorbek und dem Sozialforschungsinstitut Sora arbeitet. Es werden Wohnprojekte in ganz Europa untersucht, die - unabhängig von ihrer Rechtform - gemeinschaftlich orientiert, partizipativ und in Selbstverantwortung der zukünftigen Bewohner entstanden sind. Ziel der Studie ist, wie diese Modelle in Wien unterstützt werden können.

Die Probleme, warum in Österreich im Gegensatz zu Deutschland die Projekte der Baugemeinschaften so rar sind (aktuell in Österreich 14, davon in Wien 5) sind vielschichtig. Zum einen ist ein gewisses Maß an Förderkultur, die solche Engagements ermöglichen notwendig. Sie existiert in fast allen größeren deutschen Städten sowie auf Länderebene. Zum anderen ist in Österreich der Zugang zu geeigneten Grundstücken schwieriger. Der Immobilienmarkt ist von gewerblichen Kaufinteressenten dominiert, die sich viel schneller als Baugruppen zum Kauf eines Grundstücks entscheiden können. Und schließlich seien Unerfahrenheit und Unsicherheit beim Zugang zu Wohnbau- und anderen Förderungen, die Unabsehbarkeit von Risiken und Kosten Stolpersteine, die ohne professionelle Begleitung der Baugruppenprojekte durch Architekten, Baubetreuer, Mediatoren, etc. als nicht bewältigbar erscheinen.

Der abschließenden allgemeinen Diskussionsrunde wurde die Frage gestellt, was Graz-Reininghaus tun soll, um die in der Tagung abgehandelten Qualitäten zu sichern. Dazu wurden die Teilnehmer gebeten, gruppenweise in verschiede Rollen zu schlüpfen (Bewohner, Planer, Developer, Bauträger, Stadt, Land) und aus der jeweiligen Perspektive Forderungen aufzustellen. Die Ergebnisse deckten sich mehr oder weniger mit den Positionen der Referenten des Tages. Mit einer Jause ging ein heißer Tag zu Ende. Der Prozess für den Rahmenplan, den Asset One im Dialog mit der Stadt Graz erstellt, geht weiter – so offen und flexibel wie möglich, heißt es. Der Level der Tagung war - wie auch der der vorhergegangenen - hoch. Asset One und Graz haben Erwartungen aufgebaut, die es einzulösen gilt.

ÜBERBLICK der ReferentInnen:

_ DI Mag. Bertram Werle, Baudirektor Stadt Graz
_ DI Peter Moser, SRZ-Wien, „Wohnungsmarktforschung – Nachfragedaten und Wert der empirischen Zahlen“
_ Dr. Joachim Brech, Wohnexperte München, „Trends der Wohnungsnachfrage – Wie werden wir morgen wohnen?“
_ DI Johannes Fiedler, Architekt Wien/Graz, „Urbane Wohnbautypologien – Haus-an-Haus und mehr“
_ DI Dr. Maria E. Schneider, Universität Innsbruck, „Anforderungen an den Wohnungsbau – Flexibilität & Co“
_ Dr. Jens Dangschat, Universität Wien, „Sozialräumliche Mischung und die Bedeutung von Milieus“
_ Dr. Raimund Gutmann, wohnbund:consult, „Neue urbane Trendsetter und Lifestyle-Gruppen – Leitbilder oder Nischen?“
_ Mag. Rainer Rosegger, scan Graz, „Arbeiten&Wohnen – Wie wohnen Kreative?“
_ DI Claudia Thiesen, Architektin/ Bauträger Zürich, „Alternative Stadtquartiers- und Lebensmodelle am Beispiel KraftWerk 1+2“
_ Mag. Robert Temel, Wien, „Wohngruppen und Baugemeinschaften – Gemeinschaftliche Wohnformen in Österreich“

Verfasser/in:
Karin Wallmüller, Bericht
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